Sommermond
kannte er Peer gut genug, um zu wissen, dass er sich bewusst von der Masse abhob. Das war seine Interpretation, Kunst auf den Menschen zu übertragen.
„Nun ja …“, begann Ben und zuckte dabei mit den Schultern. „Ich weiß nicht.“ Er stockte kurz, kniff seine Augen leicht zusammen und tat nachdenklich. „Also ehrlich gesagt … Ich weiß gar nicht genau, wo ich da anfangen soll.“
„Du Spinner!“, entgegnete Peer und lachte.
Ben sah ihn an und lachte ebenfalls. „Nein, im Ernst“, sagte er dann. „Du warst so viel für mich da in den letzten Wochen … Monaten. Und ich hab‘ keine Ahnung, wie ich mich bei dir revanchieren kann.“
„Lad mich auf ‘nen Kaffee ein!“, entgegnete Peer.
„Was?“ Ben war irritiert.
„Na, lad mich auf ‘nen Kaffee ein und schenk mir noch ein bisschen Aufmerksamkeit auf dem Campusgelände! Dann sind wir quitt.“ Peer schob sich die Sonnenbrille auf die Augen und grinste.
Ben wusste, dass er nichts zu entgegnen brauchte. Mittlerweile war er Peers sonderbare Art gewohnt und kam gut mit ihr zurecht. Sie hatte ihn in den vergangenen Wochen häufig zum Lachen gebracht und ihn von seinen Sorgen abgelenkt.
„In Ordnung“, erwiderte er. „Dann warte kurz hier und ich husch‘ schnell in die Campus Suite.“
Mit diesen Worten stellte er seine Tasche vor Peer ab und fummelte sein Portemonnaie aus ihr heraus. Dann wandte er sich um und machte sich auf den Weg zum kleinen Café, bei dem er sich mit Peer seit einigen Wochen zur festen Stammkundschaft zählen konnte.
Die Tür zur Campus Suite stand offen. Vermutlich deshalb, weil sich der Raum sonst zu schnell aufheizen würde. Draußen herrschten gefühlte 40 Grad, obwohl das Thermometer deutlich weniger anzeigte.
Zunächst schritt Ben zu einem der offenen Kühlregale, in denen zahlreiche Getränke und Salate standen. Er nahm sich eine Cola und ging weiter zum Tresen.
„Einen großen Kaffee, bitte!“, bestellte er.
Der Typ hinterm Tresen nickte als Antwort. Er sah geschlaucht aus. Fast, als hätte er Fieber. Auf seiner Stirn klebten Schweißperlen und auf seinen Wangen glänzte ein rötlicher Schimmer.
„Zum Mitnehmen“, fügte Ben noch hinzu.
Wieder nickte der Typ.
„Ziemlich heiß hier, was?“, versuchte Ben ihn aufzumuntern.
„Man hält’s kaum aus“, gab der Schwarzhaarige zurück. „Und dazu noch die Hitze der ganzen Geräte hier …“ Er deutete hinter sich auf die aufklappbaren Toaster.
„Ich seh‘ schon“, gab Ben zurück. „Ich würd‘ nicht mit dir tauschen wollen.“
Wieder nickte der Typ, nahm Ben den Fünf Euroschein ab und gab Kleingeld zurück.
„Der Kaffe kommt gleich.“
„Danke“, sagte Ben.
Er trat zum Ausschank und wartete dort. Einen kurzen Moment beobachtete er noch den Kerl hinterm Tresen, wie er einen Pappbecher von einem Türmchen zog und sich zwischendurch mit einer Serviette Schweiß von der Stirn wischte. Dann wandte er sich um und ließ seinen Blick durch das Café schweifen. Im Vergleich zu anderen Jahreszeiten war es recht leer, was vermutlich daran lag, dass die meisten Leute ihre Speisen mit nach draußen nahmen, um sich auf das Campusgelände zu begeben und sich beim Essen zu sonnen. Nur ganz hinten, in der rechten Ecke neben der Fensterfront, saßen zwei Mädels. Vor ihnen auf dem Tisch lagen ausgebreitete Unterlagen. Offenbar waren sie am Lernen und nutzten die Ruhe, um sich besser konzentrieren zu können.
„So!“, riss ihn der schwarzhaarige Typ hinterm Tresen aus den Gedanken. „Hier, dein Kaffee.“
„Danke“, erwiderte Ben, griff nach dem warmen Becher und zog ihn vom Tresen. „Dann noch einen schönen Tag!“
Mit diesen Worten wandte er sich um und schritt zum Ausgang zurück. Wieder durchquerte er den langen Korridor bis zum Eingangsbereich. Dort angekommen drückte er die große Glastür mit dem Ellenbogen auf und schlängelte sich mit der kalten Cola in der einen und dem heißen Kaffee in der anderen Hand aus der Tür. Als Peer ihn sah, eilte er zu ihm und nahm ihm den Kaffee ab.
„Lass uns irgendwo hinsetzen“, schlug Ben vor.
„Jab“, erwiderte Peer. „Ab in die Sonne. Wer weiß, wie viel du davon in New York abkriegst.“
Ben sah ihn an und lachte. Peer schien sich mehr Gedanken um sein Auslandssemester zu machen als er selbst. Er vergaß es die meiste Zeit. Für ihn war es noch fern, obwohl seine Abreise mit jedem Tag näher rückte.
Sie umrundeten das Hauptgebäude und folgten einem hellen Weg, der sie inmitten einer
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