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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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und zog die Vorhänge mit einem lauten Zurren zu. Dann wandte er sich um und setzte sich auf das frisch bezogene Bett. Sein ganzes Zimmer war ordentlich. Am frühen Morgen hatte ihn ein Aufräumwahn gepackt. Das war eigentlich typisch für ihn, doch in letzter Zeit schien ihm sein Ordnungssinn etwas abhanden gekommen zu sein. Umso wohler fühlte er sich jetzt zwischen staubfreien Regalen, klaren Fenstern und frisch duftender Bettwäsche.
    Er beugte sich vor und zog sein Handy vom Nachtschrank. Er nahm es in beide Hände und begann mit der Tastensperre zu spielen. Das Display leuchtete auf, dimmte sich wieder, leuchtete auf …
    Gespannt wartete er auf die vereinbarte SMS der Russen.
    Heute war es so weit. Heute würde er zu Pawlow gebracht werden, um alles Weitere mit ihm zu besprechen. Er sollte ihm eine Koksprobe seines angeblichen Freundes mitbringen, damit Pawlow sich selbst von der Qualität überzeugen konnte. Das Koks hatte Alex vom Spanier bekommen. Laut diesem handelte es sich dabei um besonders guten Stoff. Dass alles nur inszeniert war, schienen die Russen nicht zu ahnen. Alles lief wie geplant.
    Alex drehte seinen Arm und schielte auf die Armbanduhr. Sie zeigte zehn nach sieben. Er hatte keine Ahnung, was heute auf ihn zukam. Er wusste nur, dass er sich keinen Fehler erlauben durfte. Sein Leben lag in seinen Händen. Ein einziger Fehler würde es vermutlich so schnell auslöschen, dass er es nicht einmal mitbekommen würde.
    Immer wieder ging er den Plan des Spaniers in seinem Kopf durch, stellte sich die Fragen, die ihm Pawlow stellen könnte, und versuchte so glaubhaft wie möglich auf sie zu antworten. Der Spanier hatte ihn bestmöglich auf das Treffen vorbereitet. Im Grunde konnte nichts schief gehen.
    Dennoch war er nervös. Aufgeregt tippte er mit seinen Füßen auf den Boden, legte das Handy schließlich zur Seite und stand auf. Er fuhr sich mit der Hand über die Lippen und begann in seinem Zimmer auf und ab zu gehen. Er tastete nach dem Koksbeutel in seiner Hosentasche und blieb schließlich vor dem linken Fenster stehen, dessen Vorhänge er noch nicht zugezogen hatte. Wieder starrte er nach draußen. Er konnte kaum glauben, was er vorhatte. Zwar war viel Zeit vergangen, doch so leidvoll sie auch gewesen war, hatte er kaum mitbekommen, wie die Tage verstrichen waren. Er hatte seinen Job gemacht, sich täglich mit den Russen getroffen, um sein verdientes Geld abzuliefern und neues Koks entgegenzunehmen. Dazu hatte er dem Spanier alle paar Tage einen detaillierten Verlaufsbericht abliefern müssen. Und zwischen all diesen Strapazen, die ihn viel Zeit und Kraft gekostet hatten, hatte er Kerle aufgerissen, zu viel getrunken, geraucht und versucht, den Alltag zu vergessen. Jedenfalls für ein paar Stunden. Oft war ihm das gelungen, manchmal auch nicht. Doch einen positiven Aspekt hatte das Ganze: Er hatte kein Problem mehr damit, schwul zu sein. Er genoss es in der Schwulenszene. Sex unter Männern war gut und unkompliziert. Bei all den One-Night-Stands war das Bild, das er zu Beginn noch von Ben im Kopf gehabt hatte, mit der Zeit verblasst. Irgendwann war es gänzlich verschwunden. Seitdem genoss er einfach den Sex. Er suchte nicht nach der großen Liebe oder einem guten Freund. Er suchte nur nach Ablenkung, und Sex war das beste Mittel dafür.
    Alex zog eine Schachtel Marlboro aus seiner hinteren Hosentasche und pulte sich eine Zigarette heraus, klemmte sie zwischen seine Lippen. Normalerweise rauchte er nur, wenn er dazu trank. Das hatte er sich in den letzten Wochen als goldene Regel auferlegt. Doch heute war das anders. Er war zu aufgeregt, als dass er es sein lassen konnte. Getrunken hatte er am heutigen Abend jedoch nicht, was für seine gegenwärtigen Umstände eine wirkliche Ausnahme war. Er trank täglich. Mal ein Bier, mal zwei. Mal ein Glas Cognac, mal ein paar Cocktails im Christiansen’s . Heute nicht. Heute musste er einen klaren Kopf bewahren, damit er keinen Fehler machte.
    Er zog das Feuerzeug aus der Tasche, führte es an das vordere Ende der Zigarette und entzündete eine kleine Flamme. Er wollte sie gerade an die Marlboro halten, als sein Handy laut piepte. Erschrocken zuckte er zusammen. Sofort nahm er die Zigarette wieder aus dem Mund, warf sie auf die Fensterbank und stopfte das Feuerzeug zurück in die Tasche. Hektisch schritt er zum Bett und zog sein Handy von der Decke. Auf dem Display sah er die Mitteilung über eine eingegangene Nachricht. Er atmete tief durch und

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