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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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etwas bedeutete. Er musste ihn gehen lassen. Ohne Streit. Das war er dem Dunkelhaarigen schuldig. Er wollte, dass Ben glücklich war, weil es das war, was zählte.
    Ben starrte ihn fassungslos an. Alex‘ Verhalten schien ihm die Sprache zu verschlagen. Alex sah ihn an und zwang sich zu einem aufmunternden Lächeln.
    „Danke, dass du noch mal nach Hamburg gekommen bist“, sagte er dann.
    Ben reagierte nicht.
    „Das hat mir viel bedeutet“, fügte Alex hinzu. „Und … wie du schon zweimal sagtest … Wer weiß, wie’s gekommen wäre, wenn alles anders gelaufen wäre.“
    „Alex, ich …“, murmelte Ben.
    „Du musst nichts sagen“, erwiderte Alex.
    Ben nickte kaum merklich. Ihre Blicke hingen noch einen letzten Moment aneinander, bevor Alex sich abwandte und die Haustür aufzog. Doch kaum dass er über die Türschwelle getreten war, stürmte Ben auf ihn zu. Er riss Alex zu sich herum, nahm sein Gesicht in beide Hände und presste seine Lippen auf die des Blonden. Alles geschah so schnell, dass Alex nicht reagieren konnte. Das Gefühl von Bens warmen Händen auf seinen Wangen und den weichen Lippen auf den seinen ließ ihn die Augen schließen. Es war mehr eine Berührung als ein Kuss. Ihre Lippen ruhten reglos aufeinander. Im Hintergrund prasselte der Regen. Nach einer gefühlten Ewigkeit lösten sie sich voneinander. Alex wagte es nicht, die Augen zu öffnen. Er wusste nicht, was das Ganze zu bedeuten hatte.
    „Ich wünsch‘ dir viel Glück“, flüsterte Ben.
    Alex öffnete seine Augen. Er wollte etwas sagen, doch seine Kehle war wie zugeschnürt. Er warf Ben noch einen irritierten Blick zu, bevor er sich wieder umwandte. Dieses Mal endgültig. Er zog die Tür hinter sich zu und taumelte vom Türpodest. Sein Herz hämmerte gegen seine Brust. Er hatte keine Ahnung, warum Ben ihn geküsst hatte. Die ganze Situation war seltsam gewesen. Der Kuss hatte sich wie eine Verabschiedung angefühlt, wie eine letzte Berührung, nach der man friedlich auseinandergehen konnte.
    Wie in Trance überquerte er die Einfahrt und schritt hinunter zur Elbchaussee. Der Regen durchnässte seine Kleidung. Schützend presste er seine Hand auf die Jackentasche, in der sich das Geld befand. Als er wenig später am Gehweg ankam, brauchte er keinen weiteren Blick auf seine Armbanduhr werfen. Der schwarze Mercedes, den er noch von dem Tag kannte, an dem Sergej und Iwan ihn zu Pawlows Domizil gefahren hatten, fuhr zeitgleich vor und hielt auf der anderen Straßenseite. Alex erkannte Iwan hinterm Steuer. Er war froh, dass Sergej nicht dabei war. Iwan hatte eine böse und eine sympathische Seite, und je nach Situation überwog eine von beiden. In Sergejs Beisein war es stets erstere.
    Alex drehte sich noch einmal zur Villa, hielt dann Ausschau nach vorbeifahrenden Autos und überquerte die Straße. Er eilte zum Mercedes, zog die Beifahrertür auf und stieg ein. Als er Iwans strengen Blick auf sich spürte, stieg ein mulmiges Gefühl in ihm auf. Er wollte sich nicht vorstellen, wie der Abend enden könnte, wenn etwas schief gehen würde. Nervös fuhr er sich mit der Zunge über die Lippen und schmeckte dabei etwas Süßliches, das Ben auf ihnen hinterlassen hatte – als ob er vor ihrem Kuss etwas genascht hätte.
    „Hast du das Geld?“, riss Iwan ihn aus den Gedanken.
    Alex wandte sich zu ihm, nickte und klopfte sich auf die Jackentasche.
    „Alles dabei.“
    „Gut“, entgegnete Iwan und schaltete in den ersten Gang, um anzufahren. Nach einem flüchtigen Schulterblick fädelte er sich in den Verkehr. „Dann ist wohl heute dein großer Tag, was?“
    Alex schluckte und zuckte mit den Schultern. Er schwieg lieber, als etwas Falsches zu sagen. In seiner Hosentasche spürte er sein Handy. Er zog es hervor und schaltete es aus.
    „140 Tausend …“, murmelte Iwan kopfschüttelnd, „… einfach so. Der muss dir ja vertrauen.“
    Alex wusste, dass er von Pawlow sprach.
    „Warum sollte er mir nicht vertrauen?“, fragte er. „Er weiß alles über mich. Er weiß, wo ich wohne, kennt meinen Namen.“ Er stockte kurz, wandte den Blick von Iwan ab und blickte stattdessen vor sich auf die nasse Straße. „Ich hab‘ gute Arbeit geleistet.“
    Im Augenwinkel sah er, wie Iwan nickte.
    „Willst ‘ne Kippe?“, fragte der Russe dann.
    Alex traute seinen Ohren nicht. Die Frage kam völlig unerwartet. Iwan benahm sich wie ein alter Kumpel, mit dem er gleich um die Häuser ziehen würde.
    „Gern“, antwortete Alex.
    „Da drin“, sagte Iwan

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