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Sommermond

Titel: Sommermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. Hart
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Stück Hafen zu schleppen.
    „Wo ist Pawlow?“, fragte Alex.
    Er schaffte es nicht länger, seine Angst zu verbergen. Iwan ignorierte ihn jedoch. Wortlos zerrte der Russe ihn mit durch einen matschigen Graben. Als Alex im Schlamm ausrutschte, fing Iwan ihn reflexartig auf.
    „Pass gefälligst auf!“, zischte er dazu.
    Alex starrte ihn an. Jegliche Form von Menschlichkeit war aus Iwans Augen verschwunden. Er wirkte anders als sonst. Fremder. Von seiner sympathischen Ader war nichts mehr zu erkennen.
    Während sie die Baucontainer passierten, blickte Alex sich weiter um. Die Baustelle war wie ausgestorben – als hätte man ihr jegliches Leben ausgehaucht. Ein alter Pick-up stand verlassen neben einem Stapel verrosteter Stahlplatten.
    Alex‘ Hand umfasste den Griff des Koffers so fest, dass sich seine Fingernägel in die Innenfläche seiner Hand bohrten. Plötzlich verstand er, warum sie sich hier trafen, statt in Pawlows Villa. Hier konnten sie ihn ungestört umlegen, sollte sich der Deal als Fiasko erweisen. Hier konnte sie niemand sehen oder hören. Hier waren sie ungestört.
    Alex‘ Puls erhöhte sich nun bis ins Unermessliche. Seine Knie wurden weich. Jeder Meter, den Iwan ihn zerrte, machte ihn benommener. Iwan hatte eine Waffe dabei. Pawlow würde ebenfalls eine haben. Da war er sich sicher. Und zu allem Übel hatte er keine Ahnung, was genau sich in dem Koffer befand. Auch wusste er nicht, wann der Spanier hinzukommen würde, um eine vorzeitige Eskalation zwischen ihm und Pawlow zu vermeiden. Alex dachte darüber nach und bekam dabei noch mehr Angst. Was, wenn der Spanier erst auftauchen würde, nachdem Pawlow ihn umgebracht hatte? Er war dem Spanier egal. Er hatte seinen Zweck erfüllt und wurde nicht mehr gebraucht.
    Scheiße , dachte Alex.
    Ein kalter Schauer jagte über seinen Rücken und hinterließ ein unangenehmes Brennen. Für den Bruchteil einer Sekunde zog er sogar in Erwägung, den Koffer einfach fallen zu lassen und wegzulaufen. Doch er wusste, dass ihn ein Fluchtversuch nicht weit bringen würde. Iwan würde seine Waffe ziehen und auf ihn schießen. Und selbst wenn er diesen Schüssen entkommen könnte, würde er etwas später in die Arme des Spaniers rennen. Wahrscheinlich warteten er und Rafael in irgendeiner dunklen Ecke auf ihren großen Moment. Dieser Gedanke widerte Alex an. Wenn alles so weiterlief, wie der Spanier es geplant hatte, würde er sich gleich inmitten einer Schießerei befinden und Zeuge weiterer Morde werden – falls er bis dahin noch lebte.
    „So!“, riss Iwan ihn aus den Gedanken und schubste ihn ein paar Meter von sich weg. „Da wären wir.“
    Alex starrte nach vorn. Sein Mund stand halb offen. Geistesabwesend befeuchtete er seine trockenen Lippen. Vor ihm stand Pawlow neben einem verwitterten Lagerhaus. Die ehemals weiße Wand des Gebäudes war grau vom Stadtdreck. Eines der Fenster war zersprungen, ein anderes fehlte.
    Pawlow war nicht allein. Hinter ihm stand ein kräftiger Kerl. Alex kannte ihn nicht. Der Kerl hielt seine Arme vor der Brust verschränkt und blieb bei jedem Schritt, den Pawlow tat, dicht hinter ihm.
    Alex hatte keine Ahnung, wie Pawlow hierher gekommen war. In unmittelbarer Nähe war ihm kein Auto aufgefallen, das ihm gehören könnte.
    Pawlow legte seinen Kopf in den Nacken und grinste zufrieden. Er trat auf Alex zu und blieb dicht vor ihm stehen. Sein Leibwächter baute sich hinter ihm auf. Iwan blieb neben Alex. Seine rechte Hand ruhte in der Jacke – bereit, die Waffe zu ziehen.
    Pawlow nickte in Richtung des Koffers. „Her damit!“
    Alex war zu keiner Bewegung fähig. Er wollte vorwärts gehen, doch seine Beine gehorchten ihm nicht. Wie angewurzelt blieb er stehen und umklammerte den Koffer.
    „Iwan!“, befahl Pawlow sofort.
    Der Angesprochene nickte knapp und wandte sich an Alex. Er warf ihm einen festen Blick zu, beugte sich vor und riss Alex‘ Arm brutal nach oben. Alex kniff die Augen zusammen und schrie schmerzerfüllt auf. Seine Finger lockerten sich wie von selbst. So konnte Iwan ihm den Koffer problemlos abnehmen. Alex‘ Schulter brannte. Es fühlte sich an, als wäre sie verrenkt. Als Alex seine Augen wieder öffnete, sah er, wie Iwan den Koffer zu seinem Boss brachte. Sofort stieg Panik in ihm auf. Wieder durchzog ihn der Drang, wegzulaufen, und wieder schob er diesen Gedanken beiseite. Stattdessen beobachtete er, wie Pawlow den Koffer an seinen Komplizen weiterreichte, der ihn daraufhin auf greifbare Höhe für ihn hielt.

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