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Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Donohue
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zu viel hineindeuteln zu wollen. Er schaufelte sich das Zeug in den Mund und kaute ausgiebig und vergnügt. Nachdem Alice das Glas Milch entgegengenommen und auf dem Waschtisch abgestellt hatte, griff sie nach ihrem Besen und zupfte einen einzelnen Strohhalm heraus. Sie blies in ein Ende und spreizte ihn dadurch, sodass sich über seine ganze Länge eine Öffnung bildete und er zu einer Röhre wurde, mit der das Kind bequem trinken konnte. Die Anwesenden im Bad feierten ihren Erfindungsgeist, und alle sahen zu, als hätten sie noch nie ein Kind ein Schlückchen trinken sehen. Sein erster Versuch war zu kraftvoll, sodass der Junge sich verschluckte und die Milch ausspuckte, doch rasch hatte er seine Lektion gelernt, und nun wurde ihm allgemeiner Beifall zuteil. Zärtlichkeit und Stolz umfingen unsere Herzen. Ich überlegte, wie es wäre, mit Sita ein Kind großzuziehen.
    Der mir zublinzelnde Beckett ähnelte einem recht hageren Waschbären, doch als er erneut mit den Augenlidern klimperte, war nicht zu übersehen, dass er meine Aufmerksamkeit erregen wollte. So gut es eben ging, drängten wir uns für ein Tête-à-tête in eine Ecke. Er flüsterte heiser, sodass alle es hören konnten: »Du warst lange weg. Ist etwas schiefgegangen?«
    »Jetzt, wo du es erwähnst, das ganze Erdgeschoss ist neu gestaltet, als hätte ein Designer seine albtraumhaften Zukunftvisionen umgesetzt. Sehr modern, sehr streng. Irgendwer war da und hat mein ganzes Zeug rausgeworfen.«
    Mit grüblerischer Geste legte er den Finger an die Unterlippe. Er trug rosa Lipgloss. »Das ist nicht richtig. Viel zu früh.«
    »Hast du irgendeine Ahnung, wer hinter all diesen Veränderungen steht?«
    »Heinzelmännchen«, sagte er, ohne zu zögern. »Oder vielleicht Gremlins. Oder diese Wechselbälger aus den Märchen. Oder eigensinnige Engel. Zwei Riesenlangusten oder zwei Landstreicher, die gerade nichts zu tun haben. Woher zum Teufel soll ich das wissen?«
    Obwohl mich sein Sarkasmus verdutzte, insistierte ich nicht. Beckett hatte mir fünfmal das Leben gerettet, aber er hatte wohl auch eine übernatürliche Beziehung zu den fünf Beinahe-Mörderinnen, mit denen er sich vergnügte, wenn ich nicht im Bad war. Er, der sich nonchalant über meine Notlage hinwegsetzte, schien mir unglaublich vertraut, auch wenn seine Identität sich auf geheimnisvolle Weise ständig veränderte. Mal erinnerte er mich an meinen verstorbenen Vater, mal war ich mir sicher, er sei der Geist von Samuel Beckett, der hier mit mir auf eine Wahrheit warten wolle, die sich nie offenbaren würde. Ich wusste nicht, ob er Freund oder Feind war, und während mir diese Gedanken durch den Kopf rasten, lächelte er mich stumm an, als sei er zufrieden, dass ich innehielt und alles noch einmal überdachte. Das Rouge auf seinen Wangen, der rosa Lipgloss auf seinen Lippen und das dramatische Schwarz um seine Augen ergänzten sein eher zwielichtiges Gebaren. Zum ersten Mal in dieser Nacht sah er alt und müde aus. Ich verspürte plötzlich das Bedürfnis, ihm seine kalten Bemerkungen heimzuzahlen. »Hast du dich mal im Spiegel angesehen? Du siehst aus wie eine alte Drag Queen um fünf Uhr morgens.«
    Er schob mich beiseite, um sein Spiegelbild zu betrachten, nahm seine Brille ab und beugte sich so weit vor, dass seine Nasenspitze den Spiegel berührte. Ich fürchtete, ich hätte seine Gefühle verletzt, denn seine roten unteren Augenränder füllten sich mit Tränen. Jane reichte ihm ein Handtuch, als er blindlings die Hand ausstreckte. Er vergrub das Gesicht darin, rubbelte kräftig, schnäuzte sich und gab ihr das Handtuch zurück. Das alte Gesicht war zu dem alten Mann zurückgekehrt und mit ihm auch die alte Fröhlichkeit und Lüsternheit. Er schielte nach zwei Frauen in der Ecke und wandte sich mit Unsinn im Sinn an mich.
    »Du hast erzählt, all diese sieben Frauen haben dich auf der Stelle küssen und umarmen wollen …«
    Einen Augenblick war ich verwirrt, der Zusammenhang war mir nicht klar, bis mir dämmerte, dass er mich drängte, die Geschichte weiterzuerzählen, die ich vor langer Zeit – vor den fünf Unterbrechungen – begonnen hatte; die Geschichte von dem, was sich zugetragen hatte, bevor wir unter so merkwürdigen Umständen aufeinandergetroffen waren. Ich war im Begriff, diese Geschichte zu vergessen; das heißt, die Geschichten, die die Frauen erzählt hatten und denen jeweils ein Anschlag auf mein Leben vorausgegangen war, hatten die vorherigen Ereignisse verdrängt. Oder

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