Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)
können, einfach nur, um sich zu bedanken, denn diese Fans waren echte Sportsfreunde und hatten mit den Pirates eine Menge Kohle gemacht. Sie nehmen die Straßenbahn zu seinem Haus, treffen dort den Vater – denn Honus wohnt dort bei seiner Familie, müsst ihr wissen –, es ist heißer als in der Hölle, und der Vater sagt: Klar, geht nur hoch. John – so nennen sie ihn zu Hause – kühlt sich gerade ab. Und ob ihr’s glaubt oder nicht, es ist mitten am Tag, und der große Honus Wagner sitzt splitternackt in der Badewanne, die voller Eis ist, das er mit einem alten Baseballschläger zerkleinert hat. Und er trinkt eine Flasche Bier und sagt zu den Leuten, setzt euch und trinkt einen mit.«
Helen schaut ihn an. »Achte bitte auf deine Worte.«
»Welche Worte? Heißer als in der Hölle?«
»Nein«, sagt Christy. »Sie mag es nicht, dass du in Anwesenheit von Damen fluchst.«
»Was habe ich denn gesagt? Splitternackt?« Er schmiss seine Karten in die Mitte des Tisches. »Puh, ist das heiß. Das klingt nicht gerade so, als wäre es was Schlimmes.«
Das Glas Eislimonade, das Adele sich an die Schläfe drückte, half ihr nicht, sich abzukühlen. Es war eine heiße, schwüle Nacht.
Durch das Fliegenfenster blitzte Licht, und ein Donner grollte in der Ferne. Es war eine heiße, schwüle Nacht, und vielleicht erklärte dies meine Nacktheit, als ich auf den Boden des Badezimmers gestürzt war. Normalerweise habe ich im Bett etwas an, es sei denn, der Pyjama erweist sich als unangenehm, wenn es noch zu früh ist für die Klimaanlage, aber zu feucht, um gut zu schlafen. Die plötzlich steigende Feuchtigkeit muss mich dazu veranlasst haben, mich auszuziehen. Nun, da ein Gewitter drohte, überlegte ich, ob ich den Kater hereinrufen und alle Fenster im Haus schließen sollte, falls es sintflutartig regnen würde.
»Keine Sorge«, sagte der alte Mann. »Wir können den Regen nach Lust und Laune an- und abdrehen.«
»Du meinst, es wird heute Nacht nicht regnen?«
»Special effects«, sagte er. »Schon als kleiner Junge hattest du eine ziemlich lebhafte Fantasie.«
Wie konnte er etwas über meine Kindheit wissen, insbesondere wenn er der irische Dramatiker war, der seine Meisterwerke auf Französisch schrieb? Zweifel regten sich in mir, dass er nicht der war, für den ich ihn hielt. Doch wenn er nicht Beckett war, wer war er dann? Der Kleine zu seinen Füßen tat so, als wäre das Stück Seife in seiner Hand ein Flugzeug, und steuerte mit dem Jet geradewegs auf das Klo zu, bevor er im allerletzten Augenblick rasch eine Kurve flog, um einen Zusammenprall zu vermeiden, und während der ganzen Zeit gab er ein stotterndes Motorengeräusch von sich. Der alte Mann wurde durch das Spiel des Kindes abgelenkt. »Bbbrumm-bbrumm-brumm«, sagte Beckett zu dem Jungen.
Das Blubbern aus seinem Mund verwandelte sich in das Rattern eines Filmprojektors. Wir alle, außer Adele, drehten den Kopf zum Licht. Die jungen Männer in ihren altmodischen Trikots traben zu den bases , schlagen den Ball mit ihren Holzschlägern und wirbeln mit den Armen wie Windmühlen, bevor sie ihren Wurf ausführen. Der große Holländer, Wagner, steht auf dem shortstop bereit, und der Ball des batter fliegt scharf links von ihm. Er wirft sich hin und wirbelt dabei eine Wolke aus Erde und Kies auf, aus der der Baseball wie mit einem Kometenschweif auftaucht und dann im Handschuh des ersten baseman landet. Hinter Adele geht das Spiel, unberührt vom Fortgang ihrer Geschichte, weiter.
Die Liebe ist am süßesten, wenn sie reift, und sie genossen das angenehme Zwischenspiel nach der unbeholfenen Schüchternheit und vor der förmlichen Verlobung, obwohl Adele, wenn er sie bedrängte, die Notwendigkeit eines solchen Versprechens streng einforderte, ehe sie bereit wäre, auch nur den kleinsten Teil ihrer Tugendhaftigkeit zu opfern. Hin und wieder verdrängte seine Wut seinen gesunden Menschenverstand, doch nie ließ er seinen Unmut an ihr aus. Eher kochte er über und musste sich dann bewegen, irgendetwas tun, irgendwohin gehen – einen Medizinball auf seinen Bruder werfen, auf einen Sandsack einprügeln, den ganzen Weg vom Exposition Park nach Birmingham zu Fuß laufen und dabei zwei Flüsse überqueren. Ein-, zweimal ging er auch zu einem Schießstand, um eines der Gewehre auszuprobieren, die sein Vater auf dem Dachboden versteckt hatte. Doch meistens war Pat ein perfekter Gentleman, und als die Pirates für ihre Septemberspiele zurück in die Stadt kamen, ließ
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