Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)
er sich vom Baseball und der Chance, mit den anderen Fans Wetten abzuschließen, bereitwillig ablenken. Der unerbittliche August war vorüber, und kurz darauf war die Hitze überwunden. Selbst der Linkshänder Doheny war nach wenigen Wochen zur Mannschaft zurückgekehrt, wenn auch alle Fans meinten, er sei nicht mehr ganz derselbe. Charlie Wells und die anderen Sportsfreunde lästerten über ihn, doch Pat beteiligte sich nicht an diesem Gerede und dachte, die ganze Sache sei ein schlechtes Omen. Seine Intuition erwies sich als richtig, als Doheny erneut verrücktspielte und nicht mehr zu bändigen war. Sein Bruder, ein Prediger, kam am Zweiundzwanzigsten in die Stadt und nahm den Pitcher mit zurück nach Massachusetts. »Armer Mann«, sagte Pat, als er die Nachricht las. »Manche Kerle ertragen den Stress einfach nicht.«
Der Verlust von Doheny wurde indessen dadurch überstrahlt, dass die Pirates zum dritten Mal in Folge die Meisterschaft der National League gewannen, und es hieß, sie wollten die Herausforderung von der erstplatzierten Mannschaft der American League für eine World’s Championship Series annehmen.
»Das werden bestimmt die Bostons sein«, sagte Christy im Stadion. »Es gibt keine Mannschaft, die an sie auch nur heranreicht.«
»Die Bohnenfresser?«, fragte Helen.
»Nicht die«, sagte Christy. »Die aus der American League. Die Boston Americans.«
»Die sollte man die ›Springer‹ nennen«, sagte Pat. »Nichts anderes sind sie nämlich. Die ganze American League ist nichts als ein Haufen Leute, die von einem Vertrag zum nächsten springen, geldgierige Heinis, für die der Dollar wichtiger ist als die Loyalität zur Mannschaft oder zu ihren Fans.«
»Du glaubst also, unsere Jungs aus Pittsburg können sie schlagen? Die besten fünf aus neun?«, fragte Christy. »Ohne Doheny und so angeschlagen, wie wir sind?«
»Bruder«, sagte Pat, »wir werden sie vernichten. Und sollten sie fahren, werde ich mit ihnen fahren. Wir alle vier fahren nach Boston, was meint ihr?«
Helen lachte und spöttelte über den Vorschlag. »Tja, Mr. Ahearn, das klingt, als machtest du Miss Hopkins und mir in deinem und deines Bruders Namen einen Antrag.«
»Einen Antrag?«, stammelte Christy.
»Wie sonst könnten wir euch auf eine Zugreise nach Boston begleiten?«, fragte Helen. »Ihr wisst doch sicher, dass wir nur als eure Frauen mitkommen können?«
Adele schaute auf ihre Schuhe.
»Ich sag euch was«, entgegnete Pat. »Ihr Mädels bleibt schön hier in der Stadt, doch wenn Pittsburg gewinnt, könnten wir beide doch den Bund fürs Leben schließen, was meinst du, Adele? Und Christy kann Helen heiraten, und wir werden eine famose Zeit haben.«
Adele hatte nicht erwartet, dass die Frage der Ehe auf diese Weise aufgeworfen werden würde. Sie hatte von einer etwas romantischeren Umgebung als der Haupttribüne im Baseballstadion geträumt und von etwas mehr Privatheit als mitten in einer Menge von Tausenden, hauptsächlich männlichen Zuschauern. Sie hatte mit einer leidenschaftlicheren und inbrünstigeren Liebeserklärung gerechnet als mit der bloßen Überlegung zur Abrundung eines Städtetrips. Wo doch Bekannte zu den Niagarafällen gefahren waren oder auf eine Hochzeitsreise, wo sich Mann und Frau zwischen Wiesen und Wäldern so viel besser kennenlernen konnten. Doch da war er nun, ihr erster und – wie sie fürchtete – einziger Heiratsantrag, wenn es das überhaupt war, was Pat beabsichtigt hatte, als ihm die Worte herausplatzten.
»Ma, ma, ma, ma«, schrie der kleine Junge. »Da-da-da. Bap-a-du, bap-a-du, Buddha, Buddha, Buddha.«
Der alte Mann nahm ihn hoch, hob seinen nackten Bauch an die Lippen und prustete auf seine weiche Haut. Das Baby lachte, und der alte Mann ebenso, bis sie genug hatten und das Kind die Arme um seinen dünnen Hals schlang und den Kopf an seine Schulter legte. Innerhalb von Sekunden war das Kind eingeschlafen. Zu beobachten, wie rasch es weggedämmert war, erinnerte mich an die späte oder frühe Stunde – je nach Blickwinkel. Ich beneidete den kleinen Kerl um seinen Frieden, um seine Ruhe, die von jeder Sorge eines Erwachsenen unbelastet war. Vielleicht hatte mich ja eine auflodernde Angst geweckt und nicht das Bedürfnis, meine Blase zu leeren. Eine Sorge. Was hatte die Zeitung über Eddie Doheny geschrieben? Er ist nicht ganz richtig im Kopf? Ich hatte einige Fragen an den Inhaber meines Kopfes, wer immer das sein mochte.
Adele und Helen schlängelten sich durch die
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