Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)
die auf seiner Seersuckerhose erblühte. Im Film spielte es sich nie so ab. Normalerweise fielen die Kerle nach dem ersten Schuss – peng – um, aber er hüpfte herum wie eine mexikanische Springbohne. »Was? Bist du verrückt? Was tust du da, Bunny?«
Sie hob die Waffe und schoss wieder, dieses Mal zersplitterte die Lampe auf dem Schreibtisch.
»Bun … Bun …, hör auf, ich bin’s, Jerry. Hör auf damit. Hör auf zu schießen.« Jerry spürte die Anwesenheit einer weiteren Person im Zimmer und sah am Fußende des Betts den Mann in Hosen und mit Schlips, aber ohne Hemd. Das Laken rutschte von der Schulter seiner Frau. »Phil? Phil Ketchum?«
Phil grinste und winkte betreten.
»Oh, Mann«, sagte Jerry. »Ich bin nur zurückgekommen, weil ich mein Portemonnaie vergessen habe. Oh, Mann, Bunny, was hast du getan?«
Der Schock war abgeklungen, und sie fand, nun könne sie richtig und genau zielen. Sie drückte den Abzug und schoss die dritte Kugel in seine Brust. Jerry prallte auf die Bettkante, bevor er wie ein Kartoffelsack zu Boden fiel – genauso wie im Film.
Nachdem das Chaos sich gelegt hatte – nach dem Knallen der Schüsse, dem Geschrei, ihren hektischen Bewegungen –, standen sie ganz stumm da, voller Angst, was als Nächstes geschehen würde. Der brummende Ventilator schwenkte hin und her, doch die übrige Welt wurde für einige Sekunden ganz still, sodass ihre Herzen, die wild gegen die Rippen schlugen, sich beschwichtigten, ihr Puls sich senkte und ihr keuchender Atem zur Ruhe kam. Ein schwaches Stöhnen ertönte vom Boden.
»Scheiße«, sagte Bunny. Sie ging, an ihrem fassungslosen Freund vorbei, um das Bett herum und blieb genau über dem Opfer stehen. Sie fuchtelte mit der Waffe in Phils Richtung. »Sieh nach, ob er tot ist.«
»Muss ich? Ich will ihn nicht anfassen.«
»Verdammt noch mal, Phil, muss ich denn alles selber machen?«
Da er bisher nur einen Schuh gefunden hatte, hinkte er hinüber zu Jerry, der, linkisch verrenkt, mit dem Gesicht zum Boden zum Teil unter dem Bett lag. Phil stupste ihn an und rollte ihn herum. Ein grellroter Fleck suppte durch sein Hemd, und ein blutiges Rinnsal lief aus seinem Mund. Seine offenen Augen schauten anklagend, doch kein Atem kam über seine Lippen, und an seiner Halsschlagader war kein Puls zu fühlen. Er war wirklich tot.
»Blut ist ein untrügliches Zeichen«, sagte der alte Mann. »Das erinnert mich an jemanden.«
Ich griff zu der Stelle, wo das Loch in meinem Kopf war, doch da war kein Blut. Im Wohnzimmer gab der Kater ein klagendes Miauen von sich. Es war nur eine Frage der Zeit, wann er mich finden würde. Ich warf einen Blick auf meine Uhr, die Zeiger hatten sich nicht bewegt.
Sie wickelten ihn wie eine Mumie in eine Decke, zogen sich an und gingen in die Küche, um eine Strategie zu überlegen. Phils Hände zitterten wie die eines Junkies, als er versuchte, zwei Zigaretten anzuzünden. Bunny setzte die Espressokanne auf und nahm Eier aus dem Kühlschrank. »Hungrig?«
»Ich bring nichts runter«, sagte er.
»Rühreier? Okay? Ich hab Kohldampf.«
»Bunny, was machen wir mit der Leiche?«
Während sie die Eier mit einer Gabel schlug, sammelte sie ihre Gedanken, und als die schaumige Masse in der Pfanne zischte, kochte Bunny einen Plan aus. Unten im Kellerabteil hatte sie eine Truhe, in die die Leiche hineinpasste, so schätzte sie, allerdings müssten sie dazu Jerry in der Mitte zusammenklappen. Phil müsste einen Wagen leihen, und sie würden die Leiche zum Fluss oder, besser, zu noch tieferem Gewässer bringen und mit Steinen beschwert, versenken. Jerry hätte sich aus dem Staub gemacht, würde sie erzählen. Hätte womöglich eine andere Frau gefunden. Sie würden einige seiner Kleider fortschaffen und sein Bankkonto abräumen, sodass alles danach aussah, als hätte er verschwinden wollen. Ehemänner machen so etwas ständig.
»Aber wäre es nicht einfacher«, meinte Phil, »der Polizei zu erzählen, du hättest geschlafen und geglaubt, er wäre ein Einbrecher, und du hättest ihn aus Versehen erschossen?«
»Drei Schüsse aus Versehen? Und ich soll meinen eigenen Ehemann nicht erkannt haben?«
Schließlich setzte sie sich durch, nicht wegen ihrer überlegenen Logik, sondern durch die schiere Absurdität der Situation und ihren unbedingten Willen, Entscheidungen zu treffen.
»Ich kann zwar diese Truhe aus dem Keller nach oben wuchten«, sagte er. »Aber wie bringe ich die Leiche nach unten?«
»Iss deine Eier«, sagte sie und
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