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Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition)

Titel: Sommernachtsfrauen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Donohue
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All das nur, weil er sich einredete, mir nicht vertrauen zu können. Er schlug mich nur dieses eine Mal, aber das war’s dann. Irgendwie beendete ich das Semester, aber im Mai packte ich meine Sachen und fuhr zurück zu meinen Eltern nach Chicago.
    Anfangs dachte ich, ich würde nur den Sommer über zu Hause sein. Eine Auszeit, um die Wunden zu heilen. Um über den Schmerz, meine erste Liebe verloren zu haben, hinwegzukommen. Und was konnte sicherer und selbstverständlicher sein als mein Zuhause, wo meine Eltern sich um mich kümmern würden, während ich nichts täte, wie damals zu Kinderzeiten. Kennst du den Lieblingsautor deines Bruders, Bachelard? Irgendwo schreibt er: »Alle Sommer unserer Kindheit sind Zeugnisse des ›ewigen Sommers‹.« Danach sehnte ich mich, das brauchte ich. Noch einen Juni, einen weiteren ewigen Sommer, der sich vor mir ausdehnte, und eine Möglichkeit, mich zu erholen. Immer wieder Juni, jahrhundertelang, ein Leben nach dem anderen, von denen jedes einen Neubeginn verspricht.
    Doch es ergab sich nicht so, wie ich es geplant hatte. Ach, meine Eltern waren großartig, einfach Engel, wirklich. Sie verstanden meinen Kummer und erlaubten mir diesen Rückzug, und in den ersten Wochen lief alles mehr oder weniger gut. Ich lag den ganzen Nachmittag mit einem Buch in der Sonne, öfters schlief ich dabei ein und las gar nicht. Und das, obwohl ich den ganzen Morgen im Bett verbracht hatte, spät aufstand und in dem alten Haus wie ein Zombie im Pyjama umherwanderte. Und dann, nachdem ich nichts Anstrengenderes unternommen hatte, als Sonnenbäder zu nehmen, ging ich früh zu Bett, so um neun Uhr, und schlief wieder zwölf bis vierzehn Stunden. Meine jüngeren Geschwister ließen mich in Ruhe, widmeten sich ihren Sommerjobs, gingen ins Kino und so weiter, und auch sie versuchten, ein bisschen Leben in mich zu bringen, doch ich lehnte alle ihre Angebote, am Abend einmal auszugehen, ab. Ich war die ganze Zeit einfach nur müde.
    Es war nicht nur Matthew, den ich betrauerte, sondern etwas Tieferes, eine Müdigkeit der Seele. Wir hatten damals einen alten Hund, einen Schäferhundmischling, der vielleicht etwas von einem Wolf in sich hatte. Zumindest sah er wölfisch aus. Manchmal schlief er neben mir, am Fußende des Betts oder auf dem Boden neben dem Sofa. Bhedi war eine alte Seele, er hatte tausend Leben gelebt und wusste, dass etwas nicht in Ordnung war. Manchmal streckte er seinen Körper und legte seine Schnauze in meine Hand oder er schaute mich einfach mit diesen großen braunen Augen an, damit ich aufstehe – los, Sita, beweg dich –, und dann spazierte ich mit ihm um den Block, langsam wegen seiner arthritischen Hüfte, doch ich schaffte es kaum nach Hause. Es tut mir so leid, Bhedi, und er winselte, wenn ich mich völlig abgekämpft wieder auf die Couch legte. Ich war vierundzwanzig und auf dem Weg zu zerbrechen.
    Einen Monat Schonung, das billigten mir meine Eltern zu, und als es Hochsommer wurde, ermunterten sie mich, etwas zu unternehmen, um wieder auf die Beine zu kommen. Wie wäre es, wenn du mit dem Schwimmen anfingest? Oder wir kaufen dir ein Pferd. Hast du Lust, zum Segeln auf dem Michigansee zu gehen? Doch für mich geschah alles noch in halber oder gar Viertelgeschwindigkeit. Ich konnte nicht reisen, als sie mir Ferien in Kanada vorschlugen. Ich wusste keine Antwort, als sie fragten, ob ich im Herbst zurück aufs College gehen würde. Ich hatte nicht mal die Energie, daran zu denken, mir einen Teilzeitjob zu suchen. Schließlich schnitt meine Mutter das Thema an, ich solle professionelle Hilfe suchen. »Nicht, dass wir meinen, etwas sei nicht in Ordnung«, sagte sie. »Aber jemand, mit dem du reden kannst …«
    »Ich bin nicht verrückt.«
    »Nein, nicht verrückt. Verletzt von diesem üblen Jungen.«
    Natürlich war es nicht der Junge selbst, sondern das, was er repräsentierte, eine größere Unwucht im Kosmos. Allein die Vorstellung, dass ausgerechnet ich jemand sein sollte, dem man nicht vertrauen konnte! Was ist das für eine Welt! Schon der Gedanke, dass mich jemand schlägt, weil er eher seinem Verdacht glaubt als meiner Wahrheit. In welch ein Leben bin ich da hineingestolpert? Ich war nicht depressiv, sondern in einem Zustand der Verzweiflung. Und da ich etwas anderes brauchte als einen Therapeuten, weigerte ich mich trotz des Kummers in den Augen meiner Mutter, zu einem zu gehen.
    Sie sahen sich nicht an, Sam und Sita. Vielleicht war die Situation zu ungewohnt und zu

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