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Sommerzeit

Titel: Sommerzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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das nur einbildete. Er war psychisch nicht besonders stark.«
    »Nicht besonders stark? Wie meinen Sie das?«
    »Ab und zu war er deprimiert und sagte den ganzen Tag so gut wie nichts. Er zog sich irgendwie in sich selbst zurück. Man merkte, dass er ziemlich weit unten war.«
    »Wissen Sie, woran das lag?«
    »Nein.«
    »Haben Sie jemals darüber gesprochen?«
    »Nein. Ich habe natürlich einige Male zu fragen versucht, aber ich merkte, dass er nicht darüber sprechen wollte, und da habe ich aufgehört.«
    »Wie gut kennen Sie sich mit der Buchführung der Firma aus?«
    »Eigentlich überhaupt nicht. Wie gesagt, Peter hat sich um den ganzen Zahlenkram gekümmert. Von solchen Sachen verstehe ich nichts.«

    J ohan und Pia gaben sich alle Mühe, um die Reportage für die erste Nachrichtensendung des Abends fertigzustellen. Sie saßen in der Redaktion der Regionalnachrichten im TV & Radiohaus in der Östra Hansegatan, gleich außerhalb der Stadtmauer. Gotland gehörte seit einigen Jahren zum Themenbereich der Regionalnachrichten, doch es gab keine feste Redaktion auf der Insel. Johan hatte sich daran gewöhnen müssen, zwischen Stockholm und Visby zu pendeln. Es war eine Belastung gewesen, nicht nur beruflich, sondern auch für sein Privatleben. Seine Beziehung zu Emma Winarve war auch so schon kompliziert genug gewesen, und das von Anfang an. Als sie sich kennengelernt hatten, war Emma verheiratet gewesen und hatte zwei Kinder. Sie verliebten sich Hals über Kopf ineinander und gingen in aller Heimlichkeit eine leidenschaftliche Beziehung ein. Als Emma von Johan schwanger wurde, ließ sie sich scheiden, und sie bekamen eine Tochter, Elin, die jetzt ein Jahr alt war. Emma war nach der Scheidung noch zu verwirrt gewesen, um sofort mit Johan zusammenleben zu wollen, was ihn zutiefst verletzt hatte.
    Aber nach einiger Zeit hatte er dann doch in ihr Haus in Roma ziehen dürfen.

    Das Familienglück war nur von kurzer Dauer gewesen – schon bald waren sie in einem nervenaufreibenden Entführungsdrama verstrickt, und Elin war während einiger angstvoller Stunden in der Gewalt eines Mörders gewesen, dem Johan durch seine Berichterstattung zunahegekommen war. Emma warf Johan vor, das Leben ihrer Tochter aufs Spiel gesetzt zu haben, auch wenn sie im tiefsten Herzen begriff, dass er das so nicht gewollt hatte. Als Elin gefunden worden war, hatte Emma die Verlobung gelöst. Inzwischen waren einige Monate vergangen, und sie hatten noch immer nur spärlichen Kontakt. Sie sahen sich nur gelegentlich wegen Elin.
    In diesem ganzen turbulenten Frühling war Johan zwischen Stockholm und Gotland hin und her gehetzt. Das schwedische Fernsehen hatte für ihn eine Wohnung in der Adelsgata mitten in der Stadt gemietet, damit er nicht im Hotel wohnen musste. Es war zwar nur ein winziges Loch, aber zentraler hätte es nicht sein können.
    Johans Gefühlsleben war in einem schlimmen Zustand. Sein Körper schrie nach Emma, und er verspürte ständig eine schmerzhafte Sehnsucht nach Elin. In ihm klaffte ein schwarzes Loch. Im Moment konnte er nichts dagegen tun, er musste sich mit der Lage einfach abfinden. Erst hatte er verlangen wollen, Elin die Hälfte der Zeit bei sich zu haben und das Sorgerecht zu teilen, aber seine eigene Mutter redete ihm diesen Plan dann wieder aus.
    Eins nach dem anderen, sagte sie tröstend. Eins nach dem anderen. Mitten im Chaos Forderungen zu stellen, würde alles nur schon schlimmer machen. Emma würde sich schon beruhigen und wieder zur Vernunft kommen, meinte sie. Und er wollte ihr glauben.

    Die Lage ließ sich nur als katastrophal beschreiben, aber das Geiseldrama des letzten Winters hatte auch Johan arg zugesetzt, und er hatte jetzt keine Kraft mehr für den Konflikt mit Emma. Bis auf weiteres begnügte er sich mit den Tagen, an denen er Elin sehen durfte.

    E s war schon dunkel, als Karin von der Wache nach Hause ging. Sie überquerte die Norra Hansegata und ging weiter durch die Hauptstraße unten beim Östercentrum. Die Läden waren geschlossen, etliche Jungs saßen vor McDonald’s und lärmten an diesem warmen Juliabend. Grüppchen von Jugendlichen zogen vorbei auf dem Weg zur Stadtmauer und der dahinter aufragenden Stadt. Es ging auf Mitternacht zu, und sie hatte Knutas noch immer nicht erreicht. Jetzt war es zu spät, um anzurufen. Stattdessen schickte sie eine kurze SMS.
    »Mord auf Fårö. Mann erschossen, glatte Hinrichtung. Ruf an, wenn du Zeit hast.«
    Als sie gerade an Alis Grillkiosk vor der

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