Sommerzeit
Verandatür. Sie wollten nicht dabei entdeckt werden, wie sie im Haus herumschnüffelten. Karin lugte um die Ecke und sah, dass Vendela von einem Mann abgesetzt worden war, den sie kannte. Es war Johnny Ekwall, Peter Bovides Kompagnon.
Als der Wagen weitergefahren war, gingen sie auf die Vorderseite des Hauses und klingelten noch einmal.
Nach einigen Minuten machte Vendela Bovide auf.
Sie schaute die beiden fragend an.
»Hallo«, sagte Karin und stellte Thomas vor. »Wir waren für heute um drei verabredet, aber das hatten Sie vielleicht vergessen?«
Das Gesicht der Witwe färbte sich rot.
»War das heute? Ich dachte, es wäre morgen.«
»Dann haben wir uns bestimmt gegenseitig missverstanden«, sagte Karin. »Passt es Ihnen denn jetzt trotzdem? Es dauert nicht sehr lange.«
Vendela Bovide zögerte einen Moment.
»Wo sind die Kinder?«, fragte Karin, um das Schweigen zu brechen.
»Die sind bei Peters Schwester in Otheim. Ich wohne im Moment auch dort, aber ich muss doch herkommen und mich um alles kümmern. Ich schaffe es noch nicht, wieder hier im Haus zu schlafen.«
»Dürfen wir?«
Karin beendete diesen Satz nicht, trat aber einen Schritt vor.
»Natürlich.«
Vendela Bovide klang alles andere als einladend, aber sie ließ die Gäste eintreten. Sie führte sie ins Wohnzimmer.
»Setzen Sie sich. Möchten Sie etwas trinken?«
»Ja, danke«, sagten Karin und Thomas wie aus einem Munde. Es war heiß.
Vendela Bovide kam sofort mit einer Karaffe und einigen Gläsern zurück.
»Wer hat Sie denn hier draußen abgesetzt?«
Vendela schlug die Augen nieder und füllte die Gläser.
»Das war Johnny aus der Firma. Er ist so nett und hilfsbereit.«
Karin musterte sie forschend.
»Wir haben festgestellt, dass Ihr Mann mit einer russischen Waffe ermordet worden ist«, begann Wittberg. »Und da wüssten wir gern, ob Ihr Mann irgendwelche Kontakte zu Russen hatte.«
»Russisch?« Vendelas Stimme zitterte. »Es war eine russische Waffe?«
»Ja. Hatte Ihr Mann Kontakte zu Russen oder zu anderen Leuten aus Oststaaten? Es gibt doch viele Gastarbeiter von dort, gerade in der Baubranche.«
»Doch, sicher hatte er Aushilfskräfte, jedenfalls aus Polen. Aber Russland, das weiß ich nicht. Peter hat sich um die Firma gekümmert. Ich habe mich da nicht eingemischt.«
»Hat er jemals über diese Gastarbeiter gesprochen?«
»Nein, er hat so viel Zeit in der Firma verbracht, dass er zu Hause nicht auch noch darüber sprechen wollte.«
»Sie wissen also nichts darüber?«
»Nein.«
»Wir haben schon darüber gesprochen, dass Peter sich im Frühjahr und Frühsommer verfolgt fühlte und dass es anonyme Anrufe gab«, sagte jetzt Karin. »Können Sie sich da wirklich an nichts erinnern?«
»Nein, davon habe ich ihn nie sprechen gehört. Und das hätte ich mir doch gemerkt.«
Karin war überzeugt davon, dass Vendela Bovide log. Sie sah der Witwe in die Augen und fragte ein letztes Mal.
»Er hat also nie erwähnt, dass er sich beobachtet oder beschattet fühlte?«
»Nein. Und wenn das wirklich stimmt, dann hätte er es mir gesagt, davon bin ich überzeugt. Wir haben über alles gesprochen.«
»Nur nicht über die Firma?«
»Ja.«
»Wie viel hat er gearbeitet?«, fragte Wittberg.
»Sehr viel, wie alle Kleinunternehmer. Er ist morgens früh aus dem Haus gegangen, dann zum Mittagessen nach Hause gekommen, wenn er im Büro oder auf einer Baustelle in der Nähe arbeitete. Abends kam er gegen sechs oder sieben nach Hause. Manchmal hat er auch abends noch gearbeitet. Vor allem Papierkram, er hat Angebote gemacht und so.«
»Und an den Wochenenden?«
»Dann hatte er meistens frei.«
»Wie war Ihre Ehe? Was haben Sie für ihn empfunden?«, fragte Karin.
»Ich habe ihn geliebt. Jetzt, wo er tot ist, will ich auch nicht mehr leben. Aber ich muss ja an die Kinder denken.«
Sie sagte das trocken und sachlich, wie irgendeine Banalität. Was Vendelas Gefühle für ihren Mann anging, so gab es in ihrer Stimme etwas, das Wittberg und Karin ihren Worten Glauben schenken ließ.
S ofias Nail & Beauty lag in einer Querstraße zur Hästgata, gleich neben der beliebtesten Touristenpiste.
Kletterrosen rankten an der unebenen Fassade hoch, und auf der runden Steintreppe vor der Eingangstür wärmte sich eine rote Katze in der Sonne. Als Johan und Pia den Salon betraten, bimmelte eine Glocke, und der aufdringliche Duft eines Blumenparfüms schlug ihnen entgegen.
»Hier stinkt es ja wie im Puff«, zischte Pia Johan ins Ohr.
Drei
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