Sommerzeit
feste Holztische standen an den Wänden, bedeckt mit Frotteehandtüchern in sanften Farben, Dosen und Fläschchen waren sorgfältig aufgereiht. An einem der Tische saßen sich zwei jüngere Frauen gegenüber. Die eine streckte die Hände aus, die andere feilte ihr die Nägel. Sie waren so vertieft in ihr leises Gespräch, dass sie nicht einmal aufblickten. Aus versteckten Lautsprechern strömten fernöstliche Klänge.
Ganz hinten im Raum standen eine alte Kasse und ein Tresen. Dahinter saß eine weitere Frau, die mit gesenktem Kopf Einträge in einem Buch vornahm. Sie schaute auf, als die Gäste näher traten.
»Hallo, Pia!«
Die Frau hinter dem Tresen trug ein blaues Leinenkleid und hatte ihre blonden Locken zu einem Knoten aufgesteckt. Sie sprang auf, um Pia zu umarmen, dann begrüßte sie Johan.
»Wir gehen ins Café nebenan, da haben wir unsere Ruhe.«
Als sie sich an einem Tisch im Cafégarten niedergelassen hatten, sah Anna unruhig Pias Kamera an.
»Das kommt doch wohl nicht im Fernsehen? Das will ich nämlich nicht.«
»Nicht doch«, sagte Johan beruhigend. »Wir senden nichts, was dir nicht recht ist. Wir schützen unsere Quellen. Niemand wird erfahren, dass wir das von dir haben.«
»Das müsst ihr versprechen.«
»Ja. Natürlich versprechen wir das«, sagte Pia. »Du kannst dich auf mich verlassen.«
»Auf welche Weise wurde Peter Bovide bedroht?«, fragte Johan.
»Es gab anonyme Anrufe, bei ihm zu Hause und im Büro. Und das ist noch nicht das Schlimmste. An dem Tag, ehe ich mit Vendela essen war, waren ziemlich unangenehme Typen ziemlich spätabends bei ihnen zu Hause.«
»Was wollten die?«
»Sie waren nicht im Haus, sondern haben lange im Garten mit Peter geredet. Als er hereinkam, war er sehr aufgeregt, sagt Vendela.«
»Hat er gesagt, wer das war?«
»Nein, aber sie sprachen gebrochenes Englisch. Vendela hat sie für Finnen oder Balten gehalten.«
»Warum haben sie ihn bedroht?«
»Er hat gesagt, sie hätten auf einer Baustelle Probleme, aber das würde sich alles klären. Der Auftraggeber hatte nicht gezahlt, und deshalb konnten sie die Arbeiter auch nicht entlohnen. Und es war offenbar ein großes Projekt.«
»Hat Vendela irgendeine Idee, um welches Bauprojekt es sich handeln kann?«
»Ich weiß nicht. Das hat sie nicht gesagt.«
»Und die Polizei weiß nichts davon?«
»Nein. Sie hat Angst, dass sonst alles wieder hochkommt.«
Anna beugte sich über den Tisch vor.
»Es ging ganz offenbar um einen Schwarzbau«, flüsterte sie.
»Trotzdem musst du zur Polizei gehen und sagen, was du weißt, das hier kann sehr ernst sein«, sagte Johan. »Und wir werden heute Abend in unserer Reportage über die Drohungen berichten. Aber wie gesagt, wir verraten nicht, woher wir das wissen.«
»Gut. Vendela weiß nicht, dass Pia und ich uns kennen, ich glaube also nicht, dass sie begreifen wird, dass ich das war. Aber eigentlich ist mir das auch egal«, sagte sie trotzig. »Ich rufe die Polizei an, sowie ich wieder im Salon bin. Soll sie eben sauer sein. Ich erzähle das doch nur, um sie zu schützen.«
Sie zuckte mit den Achseln und versuchte, ungerührt zu wirken, aber ihr war anzusehen, wie besorgt sie war.
»Mach dir nicht zu viele Sorgen«, sagte Pia.
»Das alles ist so schrecklich«, murmelte Anna. »Ich finde es so traurig, dass Peter nicht mehr da ist. Auch für Vendela. Und die Kinder.«
In Johans Kopf schwirrte es vor Fragen. Hatten sie
hier, an diesem Cafétisch, das Motiv für den Mord an Peter Bovide gefunden? Wie groß war die Gefahr, in der Vendela schwebte? Wie sollte er mit dieser Information umgehen?
Das hier war viel zu ernst, als dass er es für sich hätte behalten können.
A ls sie Anna Nyberg und den Schönheitssalon verlassen hatten, versuchte Johan, Grenfors und Knutas anzurufen, aber keiner von beiden war zu erreichen.
»Wie geht es jetzt weiter?«, fragte er Pia.
»Das einzig Vernünftige wäre, sich an die Reportage zu setzen. Wir müssen für heute Abend etwas über diese Sache schreiben, aber wir brauchen zwei unabhängige Quellen. Annas Auskünfte allein reichen leider nicht, auch wenn ich davon überzeugt bin, dass sie die Wahrheit gesagt hat. Wer kann bestätigen, dass Peter Bovide bedroht worden ist?«
»Irgendwer bei Slite Bygg vielleicht, aber auch da geht niemand ans Telefon«, sagte Johan seufzend. »Sollen wir hinfahren, auch wenn niemand im Büro ist? Ich ruf mal bei der Gewerkschaft an und frage, ob sie was über Schwarzarbeit
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