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Somnambul Eliza (German Edition)

Somnambul Eliza (German Edition)

Titel: Somnambul Eliza (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Nailik
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hatte noch an Strenge und
Entschiedenheit zugenommen und die Autorität in seiner Stimme ließ keinen
Wiederspruch zu.
    „Du musst also arbeiten. Am
Samstagmittag. Du musst mich nicht begleiten, wenn du nicht willst. Aber
verlang bitte nicht von mir, dass ich dir glaube“, erwiderte Eliza bitter, aber
ohne laut oder schrill zu werden.
    „Nein, das verlange ich nicht. Und ich
erwarte es nicht“, gab Valeriu ruhig zurück. „Aber es wäre so viel leichter,
wenn du es tätest.“
    „Ich bin heute Mittag in deinem Büro
gewesen. Ich dachte, wir könnten gemeinsam Kaffee trinken. Aber da war dieser
nette junge Mann mit der altmodischen Brille am Empfang. Er hat mir erzählt,
dass du tagsüber nie im Büro bist und frühestens am Spätnachmittag
vorbeischaust. Den größten Teil deiner Büroarbeit erledigst du zu Hause oder
nach Feierabend, wenn deine Mitarbeiter schon nach Hause gegangen sind. Was um
Gottes Willen machst du den ganzen Tag?“
    Valeriu stöhnte auf und fuhr sich mit
der Hand durch sein blondes Haar, das ihm anschließend wieder so wunderbar
verwuschelt in die Augen fiel.
    „Ich kann es dir nicht erklären. Es ist
–“ Er unterbrach sich selbst und hielt mitten im Satz inne.
    „Was ist es, Valeriu? Gibt es doch eine
andere Frau? Was tust du sieben Tage die Woche von Sonnenauf- bis
Sonnenuntergang? Du verheimlichst mir dein halbes Leben. Ich weiß nicht, ob du
eine Belle de jour hast und ich will es auch gar nicht wissen.
Vielleicht bist du am Tag ganz anders, frei von Melancholie, Schwermut und all
deinen Mysterien. Ich liebe dich, Valeriu. Aber die Nachtseiten deiner Seele
allein genügen mir nicht.“
    „Eliza, Liebste, es gibt keine andere
Frau in meinem Leben. Auch keinen anderen Mann“, er brachte ein schwaches
Lächeln zustande. „Ich führe in der Tat eine Art Doppelleben, aber auf ganz
andere Weise, als du dir vorstellst. Ich habe nur diese Nächte. Mehr kann ich
dir nicht bieten.“
    Seine Worte klangen bedauernd, aber
unumstößlich.
    Jetzt war es Eliza, die sich nervös
durchs Haar fuhr: „Ich glaube, ich brauche ein bisschen Zeit für mich allein.
Ich liebe dich von ganzem Herzen und ich habe gedacht, das würde reichen, um
alles andere zu ertragen. Aber ich bin nicht stark genug für dieses Spiel, für
dieses Experiment, für dein Geheimnis . Jedenfalls nicht, solange du
nicht bereit bist, es mit mir zu teilen. Ich werde morgen zu Biancas Feier gehen
und anschließend für ein paar Tage nach Kassel fahren und meine Familie
besuchen.“
    Obwohl dieser Gedanke seit gestern Abend
in ihr gereift war und sich zu einem Entschluss verfestigt hatte, als sie
Valeriu nicht im Büro angetroffen hatte, hatte sie jetzt das Gefühl, diese
Entscheidung erst in diesem Moment getroffen zu haben, völlig spontan und ohne
die Konsequenzen abzuwägen. Erst durch das Aussprechen wurde ihr bewusst, dass
sie ihrem Vorhaben nun auch Folge leisten und ohne Valeriu würde abreisen müssen.
Sie wusste selbst nicht, welche Reaktion sie erwartet hatte. Wahrscheinlich
wünschte sie sich, dass er sie nicht würde fahren lassen oder, dass er sie
bitten würde, sie begleiten zu dürfen. Aber offenbar verstand Valeriu besser,
worum es ihr ging, als sie selbst.
    Er hatte die ganze Zeit lang nichts
anderes getan, als in seinem Sessel zu sitzen und sie ruhig und aufmerksam
anzusehen. Sie hatte den Blickkontakt mit seinen schönen, wissenden Augen nicht
ertragen können, obwohl ihr seine Haltung und seine Mimik sogar eine Spur zu
ruhig und zu abgeklärt erschienen waren. Er wirkte, als habe er diese Situation
vorausgesehen, sie erwartet und habe sich bereits mit ihrem Entschluss
abgefunden und arrangiert, ehe sie ihn überhaupt verbalisiert hatte. So war er
ihr wieder irgendwie überlegen, als er schließlich aufstand und auf sie zutrat,
um sie in den Arm zu nehmen. Für einen winzigen Augenblick, nicht mehr als
einen Wimpernschlag, hatte sie den Eindruck, da erhebe sich ein uralter, weiser
Mann aus seinem Sessel. Doch als sie wieder hinsah, war Valeriu so überirdisch
schön und von unwirklich strahlender Jugendlichkeit, dass genau so gut dies
hätte das Trugbild sein können. Er schloss sie in seine Arme und sie legte den
Kopf an seine kalte, harte Brust. Er strich liebevoll durch ihr Haar und gab
ihr dann einen zärtlichen Kuss auf den Kopf.
    „Deine Familie zu besuchen ist
sicherlich eine gute Idee. Es ist gut, wenn man ein Zuhause hat, einen Ort zum
Kraft tanken und zum Entscheidungentreffen.“
     Er machte

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