Somnambul Eliza (German Edition)
Schultern
festhielt, damit sie nicht umkippte. Eine sanfte, kalte Hand strich ihr die
Haare aus dem Gesicht und hielt sie hinter dem Kopf zusammen, damit sie sie
nicht besudelte. Sie hielt die Hand vor den Mund, als sie sich ruckartig
umdrehte. Für ihre gegenwärtige Verfassung etwas zu ruckartig, denn er musste
sie auffangen.
„Was machst du denn hier?“ wollte sie
stirnrunzelnd von Valeriu wissen, der in seinem langen dunklen Mantel aussah,
als käme er gerade wieder aus der Oper.
„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht“,
sagte er, während er seinen Mantel auszog und ihn ihr um die Schultern legte.
„Mein Wagen steht gleich dort drüben“, fügte er hinzu und griff mit seinem
starken Arm um ihre Taille, um sie zu stützen. Irgendwie verfrachtete er sie
auf den Beifahrersitz des Porsches und sie lehnte den Kopf gegen das kühle
Sitzleder.
„Kannst du bitte das Fenster aufmachen“,
stöhnte Eliza und kämpfte gegen die Übelkeit an.
Wenn sie sich in dieses Gefährt übergab,
würde er es auf der Stelle bereuen, sie eingesammelt zu haben.
Dann hielten sie vor ihrem Haus.
„Ich weiß zwar nicht, woher du diese
Eingebung hattest, aber vielen Dank fürs Fahren. Ich hoffe, ich hab dich nicht
schon angesteckt. Ich ruf dich dann an, wenn es mir ein bisschen besser geht“, nuschelte sie und versuchte, die Tür zu öffnen. Doch da war
Valeriu schon an ihrer Seite und hob sie aus dem Wagen.
„Ich stecke mich nicht so leicht an“,
sagte er leichtfertig und trug sie zur Haustür.
„Moment, ich hab den Haustürschlüssel
irgendwo hier“, murmelte Eliza und begann auf seinem Arm in ihrer Handtasche zu
kramen, doch Valeriu schloss bereits die Tür auf.
„Ich bin schon fündig geworden. Er
steckte in deiner Jackentasche.“
Eliza runzelte erneut die Stirn.
„An dir ist wohl ein begnadeter
Taschendieb verloren gegangen“, sagte sie und lehnte sich wieder an seine
Brust, denn ihr wurde schon wieder übel.
„Da drüben ist der Aufzug“, fügte sie
hinzu, doch Valeriu trug sie die Treppe hinauf.
„Wenn dir eh schon schlecht ist, wäre
das Aufzugfahren in deinem Fall sicherlich kontraproduktiv“, sagte er und klang
dabei keineswegs kurzatmig, obwohl es den Anschein hatte, als wolle er den
zweiten Stock in Rekordzeit erreichen. Dann trug er sie über die Schwelle ihrer
Wohnungstür und stellte sie behutsam ab.
„Verzeihung“, brachte sie noch heraus
und stürmte ins Badezimmer. Ihr Magen war bereits völlig leer, doch die
Übelkeit wollte einfach nicht nachlassen. Eliza klang wie ein brunftiger Hirsch
und es war ihr unendlich peinlich, dass Valeriu das mit anhören musste. Am
liebsten wäre sie einfach auf den kühlen Fliesen zu Füßen der Toilettenschüssel
liegen geblieben, aber dann schleppte sie sich doch auf wackeligen Beinen ins
Wohnzimmer. Valeriu saß auf der Couch und streichelte Felis, doch er sprang
sofort auf, als er sie im Türrahmen stehen sah.
„Ich weiß gar nicht, wie ich es ohne dich
hierher geschafft hätte. Aber ich komme jetzt schon klar. Du solltest lieber
gehen, sonst steckst du dich garantiert doch noch an. Außerdem ist das Ganze ja
auch ziemlich eklig.“
Valeriu zog eine Augenbraue hoch: „Du
glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich dich in diesem Zustand allein lasse.“
Dann lag seine eiskalte Hand auf ihrer
Stirn. Mit ernsthaft besorgter Miene stellte er fest: „Du hast ziemlich hohes
Fieber. Musst du dich schon wieder übergeben oder soll ich dich ins Bett
bringen?“
„Es geht gerade. Aber ich schaff das
schon allein“, murmelte sie, doch sie spürte selbst, wie unsicher sie auf den
Füßen war. Im gleichen Moment hatte er sie schon wieder hochgehoben und fragte
mit seiner wohlklingenden Stimme: „Wo ist dein Schlafzimmer?“
Dann setzte er sie auf dem
Bettrand ab, zog ihr die Stiefel aus, die sie noch immer an den Füßen trug, und
gab ihr das Dior-Nachthemd und den Bademantel, die über der Stuhllehne gehangen
hatten.
„Du solltest es dir etwas bequem machen.
Ich werde derweil Felis füttern“, sagte er liebevoll.
Elisa musste über das antiquierte derweil schmunzeln und außerdem darüber, dass es ihm offenbar der Anstand gebot, den
Raum zu verlassen, während sie sich auszog. Manchmal wirkte Valeriu wie aus der
Zeit gefallen. Nicht altmodisch, sondern wie ein Zeitreisender, der sich
mühelos im Hier und Jetzt zu bewegen wusste und bemüht war, nicht enttarnt zu
werden. Aber es waren die kleinen Gesten, die unbedeutenden Füllwörter, sein
Anstand und
Weitere Kostenlose Bücher