Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol II
geführt wurde, ein Mann in Silvius' Alter. Silvius erkannte ihn. Es war einer von Sejans Spionen, ein unscheinbarer junger Mann, der auf den Namen Loreius hörte. Sie hatten ihm das Haar geschoren, und sein fast nackter Körper war durch etliche Hämatome entstellt. Die beiden schwarz verhüllten Scharfrichter ließen ihn vor Catos Empore niederknien. Er sollte Cato um Gnade bitten – und er tat es. Loreius war kein Kämpfer.
Cato lächelte und richtete sein Wort ans Publikum: „Ihr seid das Volk! Ihr sollt entscheiden! Soll einer, der in Sejans Namen raubt und tötet, in euren Augen Gnade finden?“
Warum fragte Cato überhaupt? Er wusste, was das Publikum wollte. Die Zuschauer verlangten nach einer Hinrichtung.
Cato senkte seinen Daumen und befahl den Scharfrichtern, mit dem Schauspiel zu beginnen.
Sie ketteten Loreius an ein hölzernes Kreuz. Zwei Sklaven schoben einen Wagen mit Folterinstrumenten und einen Kessel mit glühenden Kohlen in die Arena.
Silvius sah die Angst in Loreius' Augen. Einer der Scharfrichter rammte einen breiten, eisernen Nagel durch Loreius' rechte Hand und fixierte sie dadurch am Kreuz. Loreius schrie, und Sejans Zeichen verschwand unter dem hervorquellenden Blut. Der zweite Scharfrichter verbrannte ihm mit einem glühenden Eisen die Achselhöhlen. Danach zerschnitt sein Kollege Loreius die Brustwarzen mit einer Klinge.
Silvius senkte den Blick, aber Loreius' Schreie klangen viel zu intensiv in seinen Ohren. Da spürte er Catos Peitsche auf seinem Rücken. „Schau gefälligst hin!“
Silvius blickte auf und sah, wie sie Loreius' Bauch und dessen Beine mit Stacheldraht umwickelten. Anschließend schlugen sie mit Eisenstangen darauf ein. Sie wollten ihm den Draht bis auf die Knochen und Gedärme prügeln. Doch Loreius war bereits halb ohnmächtig. Daher kippten sie ihm einen Eimer Wasser ins Gesicht. Als Loreius die Augen öffnete, waren sie direkt auf Silvius gerichtet. Ob Loreius ihn erkannte?
Silvius sprang auf und wollte weglaufen, aber Cato packte ihn am Arm und hielt ihn fest. „Wo willst du hin?!“
Es war keine Frage, sondern eine Drohung. Silvius war jedoch innerlich so aufgewühlt, dass selbst Cato ihn nicht einschüchtern konnte. Er versuchte, sich loszureißen. Zwar konnte er sich nicht aus Catos Griff befreien, aber er wehrte sich und war selbst durch Peitschenhiebe nicht davon abzubringen.
Cato sah sich mit einem Problem konfrontiert. Dem Publikum blieb das Geschehen auf der Empore nicht verborgen. Für einen ungehorsamen Sklaven gab es in dieser Situation nur eine angemessene Strafe. Cato packte Silvius an den Hüften, hob ihn über das Geländer der Empore und warf ihn in die Arena.
Das Publikum war erfreut über diese spontane Programmänderung.
Silvius stand auf und wischte sich den Sand von der Kleidung. Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals. Noch hatten die Scharfrichter ihn nicht ergriffen. Er wich ihnen aus, und das Publikum schimpfte ihn einen Feigling. Cato hingegen bewunderte Silvius' Geschicklichkeit. Er gebot den Scharfrichtern Einhalt: „Gebt ihm eine Waffe! Lasst ihn kämpfen!“
Sie ließen Silvius die Wahl. Cato war nicht erstaunt, dass Silvius ein Messer wählte. Schließlich war es Sejans bevorzugte Waffe. Aber konnte Silvius kämpfen? Was machte Cato sich da für Gedanken? Es gab nur eine Konsequenz: „Sine missione!“
Sie zerrten Silvius vor die Empore. „Begrüße deinen Herrn!“
Silvius wusste, dieser Kampf werde für ihn mit dem Tod enden. Also entschied er sich dafür, nicht nur physisch zu kämpfen. Er verbeugte sich nicht vor Cato. Er sah ihm gerade in die Augen und sprach laut: „Mein Name ist Avis! Ich kämpfe für Sejan!“
Cato verbarg seinen Ärger hinter einem Lächeln: „Dann kämpfe gegen mich.“
Ein ekstatischer Jubel ging durch die Ränge, als Cato die Empore verließ und in die Arena trat.
Zunächst ging Cato auf Loreius zu. Er strich ihm über die Wange und sprach zu Silvius: „Ich zeige dir, was Gnade ist.“
Dann packte er Loreius' Kopf mit beiden Händen und brach ihm das Genick.
Silvius spürte, wie die Angst ihn lähmte. Es kam ihm vor, als bewege er sich in Zeitlupe, während sein Herzschlag raste.
Cato ließ sich ebenfalls ein Messer geben. „Komm her, Avis! Oder willst du mir davonfliegen?“
Silvius war geschickt. Er wich Catos Angriffen aus, aber er wusste, dass sein Gegner sich erst aufwärmte. Cato war ein übermenschlicher Kämpfer. Er ließ Silvius keine Gelegenheit, das Messer zu werfen.
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