Somnia Crudeles - grausame Traeume Vol II
Geist. Und er musste noch etwas bemerken: Silvius hatte den Aufruhr genutzt, um aus der Arena zu fliehen. Lucia hatte ihm den Weg geebnet. Vor dem Theater gab es keine Wächter mehr, nur noch Leichen.
II
Silvius war mit dem Leben davongekommen, aber es kam ihm vor, als wandle er durchs Totenreich. Der Platz vor dem Theater glich einem Schlachtfeld. Silvius stolperte voran. Er wollte nur noch weg von hier.
Neben ihm hielt ein schwarzer Wagen an, und eine der verdunkelten Scheiben senkte sich. Das Gesicht, das ihm entgegenblickte, war alt und charismatisch. Der Mann lächelte freundlich: „Was ist mit dir, mein Junge? Hat man dich überfallen?“
Silvius war sichtlich schwer verprügelt worden. Der Mann im Wagen schien Mitleid mit ihm zu haben. Er öffnete die Beifahrertür: „Steig ein. Hab keine Angst. Ich werde dich an einen Ort bringen, wo wir deine Wunden versorgen.“
III
Auch Sejan und Corvus erhielten an diesem Tag ihre schriftliche Anklage. Sejan sprach bloß: „Ich lege sie zu den anderen auf den Stapel.“ Und Corvus behauptete, sie nicht lesen zu können, da er versehentlich die Augenklappe auf der falschen Seite trage.
Ihnen hatte man die Nachricht nicht persönlich überbracht. Die Anklageschriften hatten vor dem Theater gehangen. Man warf ihnen der Reihe nach sämtliche Todsünden vor und kündigte an: Für jede Einzelne davon wirst du büßen.
Auch die Kunde von dem Geschehen in der Arena verbreitete sich rasch.
Sejan grinste: „Cato hat also eins auf seine perfekte Nase gekriegt.“
Corvus zog sich die Nadel aus dem Unterarm und lehnte sich auf dem Bett zurück. „Quintus Sentius will uns anscheinend allen dreien auf die Nase hauen. Der Kerl ist wahnsinnig.“
Sejan blieb lieber beim Wein. „Diese Frau, was denkst du, wer sie ist?“
Corvus war zu sediert, um mit den Schultern zu zucken: „Vielleicht eine Amazone. Irgendwo soll es eine Insel geben, auf der sie leben. Womöglich hat Quintus sich da eine angelacht.“
„Das erzählt mir der Zögling eines Wissenschaftlers.“
Natürlich wusste Corvus es besser, aber im Moment schwebte er in anderen Sphären. Er nahm die Weinflasche und trank einen Schluck. „Mir wäre jetzt eher nach Weißwein. Woher rührt bloß deine Vorliebe für Bordeaux?“
Darüber wollte Sejan nicht sprechen. Doch mit Corvus war momentan ohnehin nicht zu reden. In seiner ganzen Schönheit streckte er sich auf dem Bett aus und genoss den Morphiumrausch. Es wirkte wie ein Angebot, aber Sejan wusste, dass dem nicht so war. Die Lust dieses Mannes konzentrierte sich fast ausschließlich auf tote oder bewusstlose Körper. Wenn sich etwas noch bewegte, aßen es die meisten Menschen nicht. Bei Corvus war es so, dass er es dann nicht ficken wollte.
Sejan hingegen mochte es, wenn seine Opfer sich wehrten. Die meisten von ihnen hatten sowieso keine Chance, aber wenn sie Stärke zeigten, ließ er sie am Leben.
Corvus war eher der schleichende Tod. Er injizierte ihnen eine Überdosis Drogen oder erstickte sie langsam beim Akt.
Sie waren Räuber. Sie nahmen den Menschen ihr Geld, ihre Unschuld, ihr Leben. Und jeder von ihnen tat es auf seine Weise. Nur Cato legitimierte es für sich. Er tat es vor den Augen des Senats. Und der Senat stellte sich auf beiden Augen blind. Aber Quintus Sentius ließ sich anscheinend nicht beirren. Catos Schöpfer wollte seiner Kreatur eine Lektion erteilen. Daher hatte er Lucia zu ihm geschickt.
Sejan rüttelte Corvus am Oberarm: „Diese Frau muss ein weiterentwickeltes Genom sein.“
Corvus zog seinen Arm zurück und drehte sich zur Wand. „Natürlich ist sie das. Aber sie ist auch nur eine Frau.“
Und gegen diesen Anblick war wohl jeder machtlos. Corvus' muskulöser Rücken, sein schöner Arsch, seine langen Beine, die bis über die Knie von glänzenden schwarzen Haaren verziert waren. Sejan konnte gar nicht anders. Er fuhr mit seiner Hand über Corvus' Oberschenkel.
Corvus reagierte für seinen Zustand unerwartet schnell. Er packte Sejans Handgelenk. „Fass mich nicht an!“
Die Art, wie Corvus das sagte, die physische Stärke, die er dabei demonstrierte; Sejan wusste, dass er bei dem Mann nicht weiter kam. Genau das reizte ihn. Aber Corvus war zu stark, und Sejan wollte keine Schwäche zeigen. Er zog seine Hand zurück und schlug sie Corvus auf den Hintern.
„Wir werden unseren Kampf noch ausfechten, Krähe.“
IV
Gaius betrachtete den Revolver in seiner Hand. Die Waffe hatte Lucius gehört. Sejan hatte
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