Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
erreicht.
»Was willst du denn hier?«
»Das siehst du gleich.«
Er drückte den Griff hinunter. Es quietschte, dann hatte er die Tür ein Stück weit aufgeschoben. Mit der Taschenlampe leuchtete er die Holz¬treppe aus, die zum Dachboden führte.
Beim Anblick verstaubten Gerümpels musste seine Mutter husten.
»Sebastian? Was willst du hier?«
»Gleich, Mama. Gleich.«
Sie erreichten den Dachboden. Als er auch dort Licht machte, trat sie in den Raum und sah am Boden den Kreis, den er gezogen hatte. Außer¬halb des Kreises waren sieben Pentagramme gezeichnet worden und jeweils ein Kerzenlicht platziert. Er holte ein Feuerzeug aus der Mantel¬tasche und zündete die Kerzen an. Sie kam näher und nahm die Schale Blut in Augenschein. »Basti – was soll das?«
Jetzt konnte Sebastian nicht mehr ausweichen und musste sie in seinen Plan einweihen. Während er aus der Hosentasche den Zettel zog, auf dem stand, wie man Geister beschwört, erklärte er ihr, dass das eine Chance wäre, mit Peter Frieden zu schließen. Eine Träne rann an ihrer Wange hinab und sie schien hin und her zu überlegen. Er bekräftigte sein Vorhaben, indem er ihr von den Erlebnisberichten erzählte, die zahlreich im Internet zu lesen waren und wo viele den Kontakt zu ihren Verstor¬benen gesucht und gefunden hatten.
»Ist eigentlich nichts anderes als Tarot.«
Sie schloss die Augen und nickte. Gut so, dachte er sich. Sie legten die Mäntel ab und er führte sie in den Kreis. Er bat sie, sich in den Schneidersitz zu setzen.
»Ja, aber ist das wirklich nicht gefährlich?«
»Ja, nein, weiß nicht. Bei den anderen hat das auch geklappt.«
»Hm …«
»Sollen wir es lassen?«
Sie überlegte einen Moment, sah sich um, dann presste sie die Lippen aufeinander. »Nein, nein. Vielleicht klappt es ja.« Sie setzte sich in den Schneidersitz. »Was muss ich tun?«
Er nahm den Zettel zur Hand und las, während er sich ebenfalls in den Schneidersitz bequemte. »Wir schließen die Augen und ich versuche, Kontakt aufzunehmen«, sagte er und legte den Zettel neben sich ab. Sie nickte.
Er nahm ihre Hände in seine und schloss die Augen. Einmal tief durchgeatmet, er konzentrierte sich und sagte: »Lieber Peter, wir rufen dich aus dem Reich der Toten. Bitte komm in unsere Mitte.«
Er wartete. Seine Mutter drückte seine Hände und er erneuerte den Ruf. »Bitte komm in unsere Mitte.«
Er horchte um sich. Nichts. Der Ort hier fühlte sich verlassen an, nicht einmal der Wind war zu hören. Er blinzelte und sah, dass Mutter die Augen gesenkt hielt und traurig den Kopf hängen ließ. Sie ließ seine Hände los.
»Hey, Mama, was ist denn?«
»Das klappt doch eh nicht.«
»Wenn du nicht bei der Sache bist …«
Sie sah ihn an, in ihren Augen sammelten sich Tränen. »Das bin ich, mit ganzem Herzen.«
Er wusste ja auch nicht sicher, ob es klappen würde, und nahm den Zettel in die Hand. Vielleicht hatte er etwas falsch gemacht. Sieben Pentagramme, Kerzenlichter, eine Schale Blut. Dass es am fehlenden Weihrauch scheiterte, glaubte er nicht. Er legte den Zettel wieder ab.
»Das braucht halt seine Zeit. Peter war nie der Schnellste.«
Seine Mutter ließ die Schultern hängen. Sie sah anklagend ihr Spiegel¬bild an. »Hätte ich nicht mit ihm gestritten. Ich bin schuld!«
»Das kannst du nicht sagen.«
»Doch. Und du weißt das.« Sie sah ihn fest an. Er konnte ihr die Schuld nicht ausreden, das konnte wohl nur Peter.
»Komm«, sagte er deshalb. »Lass es uns noch einmal probieren, okay? Und fest daran glauben, dann klappt es auch.«
Sie überlegte. Ein kurzer Blick zu ihrem Spiegelbild, dann nickte sie.
»Gut! Diesmal zusammen. Ich glaub, das ist besser«, schlug er vor.
»In Ordnung.«
Sie nahmen sich an den Händen und riefen nach Peter. Nachdem sie es ausgesprochen hatten, wartete er einige Momente. Als er dachte, dass es wieder nicht geklappt hatte, hörte er die Kerzenlichter flackern. Etwas Eiskaltes bekribbelte seine Arme, er musste sie zurückziehen und ließ die Hände seiner Mutter los. Als er die Augen öffnete, sah er einen Schatten über die Schale Blut fliehen.
»Mama«, murmelte er. Sie hatte die Augen fest verschlossen, ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Ihre Hände drückte sie fest gegen den Bauch. Ihr Gesicht sah unheimlich aus durch das Flackern der Kerzen¬lichter.
»Mama!« Er rüttelte an ihrem Bein, doch sie schien ihn nicht mehr wahrzunehmen. Der Wind war zu hören und ihm fiel die Gänsehaut an ihren Armen auf, obwohl
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