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Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Titel: Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan M. Fischer
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der Raum gut beheizt war. Einige Lichter gingen aus, der Raum dunkelte nach. Sie hielt weiter ihre Augen geschlos¬sen. Er beugte sich zu ihr.
    »Mama! Hey!« Als er sie an den Schultern packen und sie wachrütteln wollte, schubste sie ihn weg, ohne dass er darauf gefasst war, sodass er zur Seite stürzte. Als er auf dem Bauch zum Liegen kam und zu ihr schaute, hatte sich etwas verändert. Als wäre die Zeit für einen Moment angehalten worden. Die noch brennenden Kerzenlichter bewegten sich nicht mehr, seine Mutter schien erstarrt, kein umherhuschender Schatten. Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, ihre Haare verdeckten es.
    »Mama?«
    Sie beugte ihren Oberkörper vor und zurück, als hätte sie Magen-schmerzen und fing an, gequälte Laute von sich zu geben. Er hoffte immer noch, dass das nur ein Scherz war.
    »Mama. Bitte! Du machst nur Spaß, oder?« Er kämpfte sich auf und näherte sich ihr.
    »Hille. Bawere. Galobas«, murmelte sie. Ihre Stimme klang gequält und alt.
    Er war dabei, ihre Schulter anzufassen.
    »Kolbel! Warani!«, knurrte sie. Sie zog die Schultern ein, den Kopf hielt sie nach unten, die Haare standen noch immer vor ihrem Gesicht. Sebastian nahm seinen ganzen Mut zusammen und berührte sie. Ihm fror das Blut, als sie den Kopf hob und ihn ansah. Ihre Augen waren blut¬unterlaufen und funkelten böse. An den Wangen blätterte Haut ab. Sie knurrte ihn an und stürzte sich auf ihn wie ein Tier auf seine Beute.
    Sebastian stolperte rückwärts und krachte mit dem Rücken gegen die Mauer. Der Schock rührte ihn wie ein Donnerschlag. Sie sprang gegen seinen Körper und packte ihn am Hals. Ein Albtraum. Sie schrie ihn an und fuhrwerkte, wie von Tollwut befallen. Er fasste ihre Arme und konnte sie nur mit Mühe davon abhalten, seinen Kopf an der Wand zu zertrümmern. »Mama! Beruhig dich!«
    Sie biss ihn in den Hals, ein heftiger Schmerz. Mit einem Reflex warf er sie von sich. Sie fiel auf eins der Kerzenlichter, nur noch zwei erhellten das Dunkel.
    »Mama! Bitte! Bitte! Beruhig dich!«, flehte er und wollte zur Tür. Auf dem Weg dorthin hörte er sie hinter sich. Er drehte sich um, sie warf sich auf ihn. Beide stolperten über seine Beine. Er rangelte mit ihr und schaffte es, sie unter sich zu bekommen. Mit seinem Gewicht konnte er sie im Zaum halten, ihre Hände hielt er fest umklammert. Sie knurrte und fauchte und schlug ihren Kopf gegen den Boden. Blut rann ihre Schläfen hinab. Das musste ein Albtraum sein. Ein verdammter Albtraum! Ihm kamen Tränen, weil er das Schlimmste befürchtete. Sie verwischten ihm die Sicht. Mehr und mehr wirkte alles so unwirklich. Ihr Fauchen klang seltsam fern. Dann war ihm, als würde sie sich beruhigen, ihre Aggres¬sivität erlahmte. Er wischte sich das Nass aus den Augen und sah, dass das Blutrote ihrer Augen sich aufhellte. Alles wird gut, dachte Sebastian. »Mama! Alles wird gut.«
    Sie schloss die Augen und sackte in sich zusammen.
    »Mama?« Er rüttelte sie. Sie bewegte sich nicht mehr. Er mühte sich auf die Beine und machte Licht. Sie lag da wie ein lebloses Bündel. Er musste ihren Puls fühlen und war kaum dazu in der Lage, weil ihm sein Herz gegen die Brust hämmerte. Wie sie aussah! Die Haut an den Wangen abgeblättert, getrocknetes Blut an den Schläfen, eine tiefe Furche in der Stirn. Er musste Hilfe rufen. Die Polizei, einen Arzt. Sie riss ihre Augen auf. Blutige Tränen füllten sie. »Hilf mir«, flüsterte sie mit der ihm vertrauten Stimme.
    »Was soll ich tun?« Er kam nah an sie heran. Ein Krampf schüttelte sie.
    »Bitte Gott, bitte lieber Gott. Hilf uns!«, stammelte er.
    »Hilf mir!«, flehte sie erneut.
    »Lieber Gott. Bitte! Hilf uns!«
    Der Schüttelanfall ließ tatsächlich nach. Er flehte weiter Gott um Hilfe, sprach das ›Vater unser‹.
    Dann spürte er, dass seine Mutter erschlaffte.
    Er hörte sich atmen, ihm zitterten die Hände. Er rutschte von ihr hinunter und beugte sich über sie, um zu hören, ob sie noch atmete. Sie schnellte in die Höhe wie von einem Seil gezogen und traf ihn wuchtig an der Stirn. Er schlug nach hinten. Es klirrte. Ein höllisch stechender Schmerz fuhr ihm durch den Arm. Eine Spiegelscherbe steckte tief in seiner Elle. Er legte sich auf den Rücken, einer Ohnmacht nahe. Ruhig einatmen. Ausatmen. Einatmen. Dann sah er seine Mutter an der Decke schweben. Die Arme ausgebreitet. Er musste ihr helfen, irgendwie, und raffte seinen Oberkörper hoch. Der Schmerz trieb ihm dunkle Schleier vor die Augen, aber er musste es

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