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Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Titel: Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan M. Fischer
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Straßenlaterne gegenüber lehnte ein Zeitung lesender Mann. Manchmal störte es Ondrej, dass man von draußen Einblick in seine Arbeit hatte. Dann träumte er davon, in das Dachgeschoss zu ziehen. Er rückte die Zeichenstaffelei vom Fenster weg, nur ein wenig, wegen des Lichts, ging hinüber zur Küchenzeile und füllte den Wasserkocher.
    Auf der Ablage lag der Zeitungsausschnitt mit der Annonce »Alte Essgruppe billig abzugeben«. 300 Kronen hatte die Dame mit der Perserkatze auf dem Arm verlangt. Mehr hätte Ondrej auch nicht gezahlt bei der Qualität. Den wackligen Tisch und die beiden Stühle platzierte er neben der Küchenzeile in die Ecke und schob Bierdeckel unter ein Tischbein. An den Brandlöchern in dem Stoffbezug der Stühle störte er sich nicht.
    Welches Bild könnte er aus dem Weiß schälen?
    Aus dem Hängeschrank holte er die Dose mit dem Cappuccinopulver und eine schwarze Kaffeetasse. Während er das Pulver auf den Teelöffel häufte und es in die Tasse klopfte, dachte er an den Spaziergang mit Alena. Warum distanzierte sie sich, je mehr sie empfand? Bestimmt hatte es mit der Narbe zu tun.
    Er könnte eine Nuss malen, mit dem Titel »Schwer zu knacken«.
    Ihr Vater war im Fluss eingebrochen, die Mutter hatte sich erhängt. Alena hatte keine Geschwister, anscheinend nur Magdalena und ihre Babischka. Das war alles, was er von ihr wusste. Seit wann sie Waise war, hatte er sie nicht nur einmal gefragt. Wie sehr sie ihre Eltern geliebt, und ob sie den Schmerz schon verarbeitet hatte – darüber schwieg sie sich aus. Sie wollte Ärztin werden, ansonsten gab es keine Zukunfts¬pläne, sagte sie zumindest.
    Jemand klopfte gegen das Fenster, energisch, als wäre es aus Panzer-glas. Vlado.
    Diesen Blick kannte Ondrej nur zu gut. Extrem schlecht gelaunt, der Herr.
    »Ist offen. Komm rein!« Er holte eine zweite Kaffeetasse aus dem Hängeschrank, stellte sie auf den Tisch und freute sich, dass Vlado ihn besuchen kam, schließlich hatten sie sich eine Menge zu erzählen.
    Er hörte, wie Vlado die Tür ins Schloss warf, etwas fester als nötig. Musste das sein? Seine Krawatte war verrutscht, an seinem Sakkoärmel hingen Grashalme.
    »Na? Wie war es in Deutschland?«
    »Ging so. Bin etwas im Stress. Muss gleich nach Prag zu einem Geschäftspartner meines Vaters. Morgen bin ich wieder hier.«
    »Und sonst alles okay bei dir?«
    Vlado kippte den Stuhl und beäugte ihn von der Seite. »Kann ich mich da gefahrlos hinsetzen?«
    »Mein Gott, ich hab keinen Papa, der mir eine Tischgruppe aus Massivholz hätte spendieren können.«
    »Fängst du schon wieder damit an?«
    Der musste gerade reden. Verbreitet hier schlechte Laune, reißt seine Witze und spielt den Empfindlichen, dachte Ondrej und versuchte, die Situation mit einem »war nicht so gemeint« zu entschärften. Er kippte ein paar gehäufte Teelöffel Cappuccinopulver in die Tasse und schenkte heißes Wasser ein.
    »Zucker?«
    »Nein. Setz dich, ich muss mit dir reden.«
    Sehr freundlich.
    »Gleich. Ich hab was für dich.« Ondrej stellte den Wasserkocher zurück und wollte zum Regal, zum Bergadler. »Ein Bild und eine Gesch…«
    »Bleib da!«, knurrte Vlado und starrte auf die Kaffeetasse, die er umklammert hielt.
    Ondrej blieb kurz stehen und warf ihm einen warnenden Blick zu. »Na, dann eben nicht.«
    Er nahm gegenüber Platz, nippte an der Tasse und wischte sich den Schaum von den Lippen. Vlado stierte vor sich hin.
    »Und? Was hast du?«
    »Es geht um meine Freundin … sie … ich glaube, sie trifft sich mit einem anderen. Hab ich vor einer Stunde erfahren. Erinnerst du dich an Petr? Den Mops, der mich zum Bahnhof gefahren hat?« Vlado nahm die Kaffeetasse und setzte zum Trinken an.
    »Der hat was mit ihr?«
    »Ach, Schwachsinn.« Er ließ die Tasse zurückfallen. Ein Cappuccinotropfen floss die Seite hinab. »Der hat gesehen, wie sie den anderen küsste.«
    »Ach du Scheiße!« Ondrej wusste nur zu gut, wie es sich anfühlte, wenn Vertrauen missbraucht wurde.
    »Ich könnte kotzen, wenn ich daran denke.« Vlado verwischte den Cappuccinotropfen auf dem Tisch, sein Finger zitterte.
    »Liebt sie dich?«
    »Verdammt, was soll diese Fragerei? Natürlich liebt sie mich.« Vlado stand auf, der Stuhl kippte um, er ließ ihn liegen und lutschte den Finger ab. Dann ging er zur Fensterfront und lehnte sich an die Kommode, vor sich das Schneideskalpell. Er lockerte den Hemdkragen und seufzte.
    Ondrej verschränkte die Arme. Vlado war unberechenbar, wenn er litt, da

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