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Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Titel: Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan M. Fischer
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der Spüle ab, vor ihr die Kuchenteller mit Resten von der Nusssahne und die Tassen mit den roten Teerändern. Im Dämmerlicht stand sie dort, minutenlang, und hatte keine Lust, das Geschirr zu spülen. Sie sah zum Küchen¬fenster hinaus. Ein Traktor tuckerte über die schneebedeckte Straße ins Dorf. Sie hörte einen Ruf, beugte sich vor und blickte hinunter in den Garten.
    Der Nachbarjunge mit den roten Handschuhen tauchte hinter dem Tannenstamm hervor und warf einen Schneeball nach Milan, der hinter einem Schneemann in Deckung ging. Hedvika wollte an das Fenster klopfen, ihren Sohn warnen. Pass auf! Der Schlitten hinter dir! Sie hatte Sorge, er könnte darüber stolpern und sich verletzen. Doch da jagte Milan hinter der Deckung hervor und Hedvika zog die Hand zurück. Die Jungs rangelten sich, Milan erbeutete einen Handschuh, den er für den Nachbarjungen unerreichbar auf dem Schneemannkopf platzierte. Die Karottennase landete im Schnee. Milan vergnügte sich, was Hedvika ein Lächeln abrang.
    Die Geburtstagsfeier hätte sie gern anders gestaltet, weniger bedrückend. Nach der Sache mit dem Kerzenlicht war ihr aber nicht mehr nach sorgloser Fröhlichkeit. Sie erinnerte sich an frühere Geburts-tage, an schönere, dabei streichelte sie über den Hals und fühlte nur raue Stellen. Ein Bild blitzte auf, wie sie sich am Boden neben der Spüle wälzte und sich das unzähmbare Feuer durch den Rollkragenpullover fraß. Und Alena saß am Küchentisch, als ginge sie das gar nichts an. Hässliche Narben waren an Hedvikas Hals und Brust zurückgeblieben, ihr Selbstbewusstsein in Rauch aufgegangen. Sie glaubte, ihrem Mann so nicht mehr gefallen zu können.
    »Hedvika? Warum stehst du im Dunkeln?«
    Karel kam zur Tür herein und machte Licht, wodurch sich Hedvikas Gesicht im Fensterglas spiegelte. Für ihre hübsche Nase und die fein geschwungenen Augenbrauen hatte sie keinen Blick, wohl aber für die grauen Haare, die ihr an der vordersten Ponysträhne wuchsen, für die Falten um die Mundwinkel und für den entstellten Hals natürlich.
    Karel stöhnte, und sie drehte sich zu ihm um. »Eins der fünf Torten-stücke war wohl zu viel.« Er atmete kräftig durch und setzte sich. »Da passt heute nichts mehr rein«, sagte er und rieb sich den Bauch.
    Er schlug die Zeitung auf, ohne den Blick von seiner Frau zu nehmen.
    Sie schenkte ihm ein gequältes Lächeln.
    »Jetzt mach nicht so ein Gesicht. Du wirst sehen: Morgen auf dem Ball gehen wir fein tanzen. Das wird dir guttun.«
    Sie stieß sich von der Spüle ab und strich über seine Schulter, bevor sie die Küche verließ. »Ich schau, was ich zum Anziehen finde.«
    Der Weg zum Schlafzimmer führte durch das Wohnzimmer. Alena saß auf dem Sofa und starrte auf das gläserne Reh, das sie in Händen hielt. Vor ihr der Teller mit einem unberührten Stück Geburtstagstorte.
    Hedvika bemerkte die makellose Fraulichkeit der Tochter und fühlte Argwohn und Eifersucht.
    »Iss endlich auf«, schalt sie ein wenig lauter als beabsichtigt. »Und dann spül das Geschirr ab. Mach dich endlich nützlich.«
     
    Auf ihrem Bett lag eine Bluse mit umgekrempeltem Ärmel, unter der ein Kleiderbügel hervorlugte, und ein silberner Gürtel. Hedvika durch¬wühlte den Kleiderschrank und fand das Kleid, das sie von Karel vor Jahren geschenkt bekommen, aber nie getragen hatte, weil es eine Num¬mer zu klein war.
    Hochgeschlossen, wie es war, würde es den Hals noch am besten verdecken. Sie zwängte sich in das Kleid. »Karel!«, rief sie.
    Der Wandspiegel zeigte eine recht schlanke Frau mit blasser Haut und erloschenen Augen, die verbissen versuchte, den Reißverschluss zu schließen.
    »Karel, kommst du mal schnell?« Eine schwarze Locke hüpfte mit jeder der ruckartigen Bewegungen vor ihren Augen. »Karel?«
    »Ich komme gleich.«
    Sie hielt den Atem an und zerrte mit einem Ruck den Reißverschluss zu. Endlich! Es zwickte an der Seite, war aber zu ertragen. Sie warf die Locke zurück, musterte sich von allen Seiten, und als sie feststellte, dass der entstellte Hals nicht zu erkennen war, fühlte sie sich nicht mehr ganz so hässlich. Ein schwarzes Etwas krabbelte auf sie zu. Eine Spinne!
    Wie sehr sie diese Viecher hasste!
    Sie machte einen Schritt zur Seite und bückte sich nach einem Pan-toffel. Ratsch! Das Kleid!
    Sie schoss geradewegs aus der gebeugten Haltung hoch, doch es war zu spät. Ein klaffender Riss lief an der Naht entlang. »Oh nein!«
    Wie eine Besessene schlug sie auf die Spinne ein, bis

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