Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)
schlug wieder den Kopf an die Mauer. Er hätte es sich denken können. Diese falsche Schlange! Und Vlado konnte ihn auch kreuzweise. Er entschloss sich, wieder abzuhauen, Richtung Spanien.
Regen trommelte gegen das Fenster, in Rinnsalen lief er die Glas¬scheibe hinab. Und dieses Wetter hatte er auch satt! Ondrej erkannte nur die Silhouette des Bettes.
Er holte die Reisetasche hervor, fand den Fernet-Branca und in dem Seitenfach die Schnapsgläser.
»Zum Wohl!«
Ein Donner grollte. Ondrej stürzte den Schnaps hinunter und schüt¬telte sich. Der Likör brannte in der Kehle. Er schenkte nach. »Das Leben ist schön!«, verkündete er lautstark, prostete den Deckenspots zu – »Auf euch!« – und spülte den Fernet im Mund, gurgelte, schluckte.
Einer geht noch. Ein warmes Gefühl flutete seinen Bauch, während er sich einschenkte. Er musste husten. Ach verdammt! Er stellte das volle Schnapsglas auf den Nachttisch, auch die Flasche, und legte sich ins Bett, mitsamt den Schuhen.
Der bittere Geschmack verursachte ihm Übelkeit. Nie mehr würde er Alena in den Arm nehmen, mit ihr frühstücken, spazieren gehen und sich von ihr inspirieren lassen. Alena! Er drehte sich auf den Bauch und heulte in das Kissen.
»Mit ihrem Vater hat sie es getrieben. Ondrej, wenn du mir nicht glaubst, dann besuch’ ihre Mutter.«
»Die ist tot«, hatte er Vlado entgegengeschrien.
»Du kapierst es nicht! Alena lügt wie gedruckt. Hat sie dir dieselbe Story erzählt wie mir? Dass sich ihre Mutter erhängt hat und sie Ein¬zelkind ist? Alles gelogen! Ihre Mutter lebt, und einen Bruder hatte sie auch.«
Ondrej stieg aus dem Bett und schleppte sich zum Fenster. Wie hatte er sich nur so täuschen können?
Der Regenschauer sprenkelte das sich in den Pfützen spiegelnde Laternenlicht davon. Ein Mann lief über die Straße, den Mantel über den Kopf gezogen und fand Schutz unter einer flatternden Markise.
Ondrej drückte die Stirn gegen das kalte Glas, bis es knackte. Alena hatte ihren Vater ins Bett gelockt, Ondrej mochte es nicht glauben. Ihretwegen waren Menschen gestorben. Sie spielte falsche Spiele, mit ihm, mit Vlado, und mogelte sich mit Lügen durchs Leben. Das waren keine Missverständnisse. Zu viel sprach gegen sie.
Er sackte auf den Holzboden, verkroch sich in eine Ecke und schluchzte sich in den Schlaf.
Er schreckte hoch. Was war passiert? Eine Straßenbahn zuckelte am Haus vorbei. Er ballte die klebrigen Hände, öffnete sie. Ein volles Schnapsglas und der Fernet-Branca standen auf dem Nachttisch. Seine Jeans war mit Cappuccino besudelt und seine Schuhe hatte er auch noch an. Nein, kein Traum. Der Nacken tat ihm weh, ebenso der Gedanke an Alena. Er zog sich am Heizkörper hoch und stützte sich am Fenstersims ab. Auf der Markise hatte sich Wasser gesammelt, es reflektierte das Sonnenlicht.
Ondrej hauchte gegen die Handfläche und roch an seinem Atem. Er schnüffelte an der Armbeuge und rümpfte die Nase. Sie waren für den Abend verabredet, Alena und er. Gottlob, die Zeit würde genügen, um sich zu sammeln. Duschen, Wohnung aufräumen, Atelier putzen. Und dann mit Alena reden. Er wollte ihr nicht einfach absagen, egal, ob es Vlado passte oder nicht. Er wollte sie sehen, ein letztes Mal und es würdevoll beenden.
***
Petr legte den Rasierer in den Spiegelschrank zurück. Das mit Magda hast du ganz wunderbar gemacht, Petr, ich beglückwünsche dich, dachte er und spülte das Becken von den Bartstoppeln sauber. Spionierst sie aus und verliebst dich dabei, wie selten dämlich muss man sein?
Seine schmutzige Kleidung lag verstreut auf dem Teppichboden, er sammelte sie ein und warf sie in den Wäschekorb, während er hin und her überlegte, wie er Magdalena seinen Verrat gestehen sollte. Oder sollte er es ihr verschweigen? Ihm fiel ein, dass er das Kärtchen aus dem Rosenstrauß in die Hosentasche gesteckt hatte. Er fand es auf dem Boden des Wäschekorbs, strich die Wollfusel ab und las noch einmal ihre Worte, bevor er es in den Geldbeutel steckte. Das, was darauf zu lesen war, war ein Grund mehr, ihr nichts zu verheimlichen.
Er füllte den Zahnputzbecher mit Wasser, goss den Igelkaktus am Fenstersims und dachte an Magdalena, wie sie bei ihm am Krankenbett gesessen und mit einem Tomatenfleck auf ihrer Jeans geschimpft hatte. »Du hast da gar nichts zu suchen, du blöder Fleck.«
»Ich hab hier auch einen Fleck.« Er hatte die Decke angehoben und zu dem braunen Soßenklecks genickt. »Heute gab’s Gulasch«,
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