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Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition)

Titel: Sonder-Edition - drei Romane (Das Mondgeheimnis, Die Gestoßenen, Den Teufel am Hals) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan M. Fischer
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prächtigsten Wälder. Man atmete die klarste Luft und beobachtete, wie Bären, Rehe und Hasen friedlich miteinander lebten.
    Einige Tage später durchstreifte die Sonnenprinzessin ihr neues Reich. Sie streichelte über das Fell eines Wolfes, schlichtete den Streit zweier übermütiger Widderböcke und beobachtete eine Tigerspinne beim Bau ihres Netzes. Die Prinzessin hüpfte auf saftigen Wiesen umher und wurde von Schmetterlingen umtanzt, als ein Raunen sie zusammenzucken ließ. Die unheilvolle Nacht war auferstanden, und ihre abgrundtiefe Schwärze erhob sich am Horizont. Es war, als würde die Finsternis, alles Himmelblau verschlingend, unaufhaltsam wachsen. Wallende Schwärze zog über die Prinzessin hinweg, schluckte bald den letzten Sonnenstrahl und übergoss das Land mit Schatten.
    Einzig das Stückchen Sonne in ihrem Herzen schimmerte im Dunkel. Sie hörte Tiere röcheln, die qualvoll erstickten. Schmetterlinge waren abgestürzt, schlugen verzweifelt mit den Flügeln und versanken mit dem Gras in moorigem Grund. Die Wälder ließen Blätter fallen und beugten saftlos ihre Äste. Flüsse versiegten im Schlamm.«
    Alena war eingeschlafen, noch bevor der Vater sein Märchen zu Ende erzählen konnte. Der Boden gab nach. Sie sah auf ihre Füße. Langsam versanken sie in dunkler Erde. Abgerissene Schmetterlingsflügel überall. Die kahle Tanne vor ihr neigte sich, schien umzufallen. Schimmel befiel die Rinde in Sekundenschnelle. Dort vorn ragte ein Widderkopf aus dem Schlick, das Tier schnappte nach Luft, versank weiter, bis nur mehr die Hörner zu sehen waren, dann nichts mehr. Alena war bis zu den Knien eingesunken, da knurrte etwas hinter ihr. Sie sah über ihre Schulter. Ein Werwolf harrte auf einer Felsenplatte aus. Als sich seine gelben Augen mit den ihren kreuzten, schreckte sie aus dem Traum.
    Sie tastete nach dem Stoffmond und drückte ihn gegen den Bauch. Sie widerstand dem Impuls, sich in Papas Bett zu kuscheln, weil sie die Schelte der Mutter fürchtete.
    Die Umrisse des Kruzifixes waren zu erkennen und Alena fühlte sich beschützt. Langsam rückte sie das Kopfkissen zurecht und bettete den Kopf darauf. Sie sah zum Fenster und horchte, ob vielleicht der Wind am Haus vorbeirauschte.
    Stille. Alena drückte die Nase in den Stoffmond und roch an seinem Fell. Mit einem Lächeln schloss sie die Augen.
    Dann hörte sie ein Geräusch. Als wäre jemand im Flur gegen das Telefon gestoßen. Papa? Die Klinke wurde langsam niedergedrückt, und die Tür gab quietschend nach. Ein großer Schatten kam herein, die Tür wurde wieder zugeschoben, ein leises Klicken war zu hören. Alena fühlte ihren Pulsschlag bis zum Hals. »Papa?«, flüsterte sie ins Dunkel.
    Der Dielenboden knarrte, schleichende Schritte. Alena vergrub sich unter der Decke und rieb sich den Bauch. Sie wollte sich von dem quälenden Kribbeln in der Magengegend lösen.
    »Ich finde dich, ich finde dich«, hörte sie eine Stimme murmeln. »Gleich hab ich dich, dann fresse ich dich.« Die Decke wurde ange¬hoben. »Hab keine Angst. Ich bin es – Milan.«
    »Du hast mich erschreckt«, flüsterte sie und fühlte, wie das Magen-kribbeln den ganzen Körper ergriff. Die Erleichterung, die Alena sonst empfand, wenn Milan sie beim Versteckspiel gefunden hatte, war nicht zu spüren. Seine Augen schienen hungrig und denen des Werwolfes aus dem Traum erschreckend ähnlich. Sie drehte sich auf die Seite und hoffte, dass er sie in Ruhe ließ.
    »Rutsch mal ein Stück.« Er kroch zu ihr unter die Decke und rückte näher an sie heran. »Jetzt zeig ich dir dieses neue Spiel. Ich hab’s dir versprochen.«
    »Bitte nicht«, erwiderte sie und drückte den Stoffmond fest an sich. »Ich will nicht spielen.«
    »Vertrau mir. Das ist ein schönes Spiel«, hauchte er ihr zu und drückte sich gegen ihren Rücken. Sein Kuss auf ihre Schulter hinterließ ein unangenehmes Gefühl. Sie spürte seine Hand auf ihrem Bauch, bald unter dem Stoffmond, den sie an ihre Brust gepresst hielt.
    »Milan …« Vergeblich versuchte sie, sich von ihm wegzudrücken.
    »Du musst still sein. Sonst wird der Papa wach, und er hat doch seinen Schlaf so bitter nötig. Oder willst du, dass Mama deswegen mit dir schimpft? Du weißt, wie böse sie werden kann. Also sei ruhig!« Sein Atem brannte wie Feuer in ihrem Nacken. »Glaub mir: Es ist ein Spiel, das du mögen wirst.«
    Ihr war, als wären ihm zahllose Hände gewachsen.
    »Bitte geh«, flüsterte sie, zog die Beine an und die Schultern

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