Sonea 3 -
Zwischenzeit würden sie einander wohl oder übel Gesellschaft leisten müssen. Obwohl sie Regin nicht mehr misstraute, wie sie es zu Beginn der Suche nach Lorandra getan hatte, war es unmöglich für sie, den Schmerz und die Demütigung zu vergessen, die er ihr als Novizin zugefügt hatte.
Das liegt in der Vergangenheit. In den letzten zwanzig Jahren hat er mir gegenüber nichts anderes an den Tag gelegt als Respekt und Unterstützung. Er hat sich sogar während der Ichani-Invasion entschuldigt. Bin ich außerstande, Entschuldigungen anzunehmen? Es ist dumm von mir, diesen Groll mit mir herumzutragen.
Ein Klopfen an der Haupttür ließ sie zusammenzucken, obwohl sie es erwartet hatte. Sie setzte ihre Tasse ab, erhob sich und ging zur Tür, während sie sie mit Magie öffnete. Regins Diener verneigte sich.
»Lord Regin ist in seinem Quartier und erwartet Euren Besuch.«
»Danke«, sagte sie.
Sie trat an dem Mann vorbei, schloss die Tür und ging den Flur hinunter zu Regins Räumen. Als sie seine Tür erreichte, hielt sie inne, um tief durchzuatmen, bevor sie anklopfte. Die Tür öffnete sich. Regin neigte den Kopf.
»Schwarzmagierin Sonea«, sagte er. »Bitte, tretet ein.«
»Vielen Dank, Lord Regin«, erwiderte sie.
Sie trat ein. Der Raum war spärlich möbliert, und die meisten Stücke sahen neu aus. Sie bemerkte nichts, was nach einem lange gehegten Schatz oder einem persönlichen Besitztum aussah.
Regin deutete auf einen Stuhl. »Würdet Ihr Euch gern setzen?«
Sonea betrachtete den Stuhl und schüttelte den Kopf. »Ich sollte besser nicht zu viel von Eurer Zeit beanspruchen, wenn man bedenkt, was ich Euch zu sagen habe.« Sie begegnete seinem Blick. Er beobachtete sie mit intensiver Reglosigkeit. Mit einer Erwartung. Plötzlich ergab der Mangel an persönlichen Habseligkeiten einen Sinn: Er hatte gewusst, dass er vielleicht bald aufbrechen würde, warum also sollte er persönliche Dinge hierherbringen? »Wir werden morgen Nacht aufbrechen«, erklärte sie.
Er atmete hörbar aus, wandte den Blick ab und nickte. Sie fing einen flüchtigen Ausdruck auf, und Schuldgefühl durchzuckte sie. Ich habe ihn seit der Invasion nie wirklich besorgt gesehen.
»Wenn das zu bald für Euch ist oder Ihr das Gefühl habt, dass Eure Pflichten hier liegen, ist es noch nicht zu spät, Eure Meinung zu ändern«, sagte sie, wobei sie ihren Tonfall förmlich hielt, um zu vermeiden, dass sie so klang, als zöge sie seine Entschlossenheit in Zweifel oder deute an, dass sie seinen Gesinnungswechsel für feige halten könnte.
Er schüttelte den Kopf. »Es ist nicht zu bald. Tatsächlich ist der Zeitpunkt perfekt. Ich habe keine anderen Verpflichtungen als meine Arbeit, die darin besteht, für die Gilde und Kyralia von Nutzen zu sein. Es ist recht nett, tatsächlich einmal von Nutzen zu sein. Dies ist die Art von Aufgabe, für die wir Krieger ausgebildet werden, und doch bemühen wir uns die meiste Zeit darum, nicht benötigt zu werden.«
Sonea schaute weg und verspürte Mitgefühl bei dem leisen Anflug von Verbitterung in seiner Stimme. Keine anderen Verpflichtungen. Er hat wirklich alle Familienbande durchtrennt. Die Skrupellosigkeit seiner Rache an seiner Frau für ihre zahlreichen ehebrecherischen Affären hatte die Tratschtanten der Gilde wochenlang unterhalten. Er hatte seinen Töchtern, die beide mit respektablen und wohlhabenden Männern verheiratet waren, seine beiden Anwesen gegeben und um Räume in der Gilde gebeten. Auf diese Weise blieb seine Ehefrau ohne ein Dach über dem Kopf und ohne Geld zurück, so dass sie gezwungen war, bei ihrer Familie zu leben.
Den Gerüchten zufolge hatte sie versucht, sich das Leben zu nehmen, nachdem Regin ihren letzten Geliebten weggeschickt hatte. Ihr Geliebter dagegen hatte sich einfach eine andere wohlhabende Frau gesucht, die er verführen konnte. Trotz der Schande, wie beschädigte Ware ihrer Familie zurückgegeben worden zu sein, unternahm Vinina keine weiteren Selbstmordversuche. Sonea wusste nicht, ob sie Mitleid mit ihr haben sollte oder nicht. Manchmal fragte sie sich, ob die Ehe mit Regin die Frau zu solch extremem Verhalten getrieben hatte.
Vielleicht benimmt er sich in der Öffentlichkeit anständig, ist aber im Privatleben wieder das abscheuliche Balg, das er als Novize war.
Vielleicht würde sie es auf dieser Reise herausfinden. Nicht dass ihre gemeinsame Zeit als privat gelten konnte. Der Zweck der Reise war zu wichtig und wäre es auch dann gewesen, wenn Lorkin
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