Sonea 3 -
hätten anvertrauen wollen«, begann sie. »Wir …«
»Ich weiß«, unterbrach er sie. »Es spielt keine Rolle.« Er seufzte. »Nun, eines spielt durchaus eine Rolle. Vertraut Ihr mir?«
Sie hielt inne, nicht sicher, wie sie den Tonfall in seiner Stimme deuten sollte. Er war nicht anklagend, aber bestimmt. Wenn sie eine Antwort vermied, würde das zu einer unnötigen Anspannung zwischen ihnen führen.
»Ja«, erklärte sie und spürte, dass ihre Worte die Wahrheit waren. Gleichzeitig wurde ihr bewusst, dass er sie ein wenig in die Enge getrieben hatte, und es war nur gerecht, wenn sie ihrerseits das Gleiche tat. »Vertraut Ihr mir?«
Wieder hörte sie ihn ausatmen, aber langsamer diesmal.
»Nicht ganz«, gestand er. »Nicht weil ich Euch nicht für vertrauenswürdig halte, aber … ich weiß, dass Ihr mich nicht mögt.«
Soneas Herz setzte einen Schlag aus. »Das ist nicht wahr«, versicherte sie ihm schnell, bevor alte Erinnerungen aufsteigen konnten. »Ich habe Euch nicht immer gemocht. Ihr wisst, warum. Wir müssen das nicht noch einmal besprechen. Das gehört der Vergangenheit an.«
Er schwieg für kurze Zeit. »Ich entschuldige mich. Ich hätte es nicht wieder zur Sprache bringen sollen. Manchmal fällt es mir schwer zu glauben, dass Ihr mir verziehen habt oder mich sogar mögen könntet.«
»Nun … ich habe Euch verziehen. Und ich mag Euch. Ihr seid … ein guter Mensch.«
»Ihr habt mich zu diesem Menschen gemacht.« Sein Tonfall war jetzt wärmer. »An jenem Tag, während der Invasion.«
Sonea hielt den Atem an, als eine Welle der Traurigkeit über ihr zusammenschlug. Und ein anderer guter Mensch ist an diesem Tag gestorben. Plötzlich konnte sie nicht sprechen, und Grauen stieg in ihr auf – nicht zum ersten Mal – angesichts der Erinnerungen, von denen sie wusste, dass sie zurückkehren würden, wenn sie in der Dunkelheit über den nackten Fels der Berge stieg. Aber mit einem anderen Begleiter. Einem anderen Mann.
»Stimmt etwas nicht?«
Sie blinzelte überrascht. Wie kam es, dass er überhaupt wusste, dass sie aufgewühlt war? Dann wurde ihr klar, dass die Felswand auf der einen Seite der Kutsche fort war und das schwache Licht einer Mondsichel in den Wagen fiel. Sie holte tief Luft und stieß den Atem langsam wieder aus, während sie all ihre Selbstbeherrschung sammelte.
»Wir haben uns beide an jenem Tag verändert. Ihr zum Besseren, ich zum Schlechteren.«
»Nur ein Narr würde das von Euch denken«, erwiderte er, weil er sie missverstand. »Ihr habt uns und die Gilde gerettet. Ich habe Euch seither immer bewundert.«
Sie sah ihn an, aber sein Gesicht lag größtenteils im Schatten verborgen. Wie konnte er die Verbitterung und Selbstverachtung verstehen, die nach Akkarins Tod gekommen waren? Ganz gleich, wie sehr mein Verstand weiß, dass es nicht meine Schuld war, mein Herz hat es nie ganz geglaubt.
Das Mondlicht erreichte sein Gesicht und offenbarte einen Ausdruck, den sie bisher nur selten gesehen hatte. In seiner Stimme hatte der Anflug eines Lächelns gelegen, wurde ihr jetzt klar. Was hatte er gesagt? »Ich habe Euch seither immer bewundert.«
Sie wandte den Blick ab. All sein Konkurrenzdenken und sein Hass auf sie und das, was sie repräsentierte, hatten sich in etwas verwandelt, das beinahe das vollkommene Gegenteil war. Und genauso unverdient. Aber es wäre unfreundlich und undankbar, das zu sagen. Ich ziehe Bewunderung jederzeit Misstrauen und Verachtung vor.
Bewunderung und Freundschaft waren sehr unterschiedlich. So unterschiedlich wie Freundschaft und Liebe. Ich habe Novizen gekannt, die einander hassten und die nach dem Abschluss Freunde wurden. Das ist mit uns nicht passiert. Ich habe außerdem Menschen gesehen, die einander hassten und die Freundschaft als Zwischenstufe einfach übersprangen und sich ineinander verliebten. Ihr Herz verkrampfte sich. Moment … gewiss nicht. Nein, er meint nicht diese Art von Bewunderung.
Als sie ihn wieder ansah, hatte sie keine Chance, seine Miene zu deuten. Regins Aufmerksamkeit hatte sich auf etwas außerhalb der Kutsche gerichtet. Er bewegte sich über seinen Sitz und beugte sich vor.
»Das ist also das Ödland«, sagte er mit gedämpfter Stimme.
Sie spähte aus dem Fenster. Das schwache Mondlicht streifte die Ränder der Landschaft unter ihnen, die Spitzen vieler Dünen, die unheimliche Muster schufen.
»Ja«, erklärte sie. »Es reicht bis zum Horizont.«
»So weit. Wie haben wir es gemacht?«, fragte Regin sich. »Wo ist
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