Sonea - Die Heilerin: Roman
keine Ahnung hatte, wie mächtig die Gesetzeshüter waren.
Die Gilde macht sich solche Sorgen darum, die Menschen in ihrem Land zu kränken, wenn sie ihre Kräfte blockieren, aber wenn das, was Kallen sagt, zutrifft, wäre die bloße Existenz der Gilde eine Beleidigung für sie. Lorandra ist dort ebenso wie hier eine Verbrecherin. Sie würden wollen, dass nicht nur sie, sondern wir alle hingerichtet werden.
Igra war weit entfernt und durch eine beruhigend große Wüste von den Verbündeten Ländern getrennt. Es bestand eine gewisse Chance, dass niemand dort sich an Lorandra erinnerte, die bereits vor vielen Jahren das Land verlassen hatte, und wenn es doch jemand tat, hielt er sie wahrscheinlich für tot. Ein Jammer nur, dass sie nicht gleich zu Beginn an die Gilde herangetreten war. Sie hätten sie vielleicht aufgenommen oder ihr gestattet, mit irgendeinem Arrangement, das ihr eine beschränkte Benutzung von Magie erlaubte, in Imardin zu leben. Stattdessen hatte sie das Leben einer Attentäterin geführt und sich selbst und ihren Sohn mit dem Verkauf von Feuel bereichert.
Sonea dachte an all die Menschen, die wegen dieser Frau gelitten hatten und gestorben waren. Diesmal schob sie den Ärger nicht beiseite, der in ihr aufstieg, oder versuchte, sich ein wenig Mitgefühl zu bewahren. Diesmal gestattete sie ihrem Ärger, ihre Entschlossenheit zu stärken.
»Ich bin nicht hier, um Euch zu befragen«, sagte Sonea leise. »Ich bin hier, um Euch davon in Kenntnis zu setzen, dass die Gilde Eure Kräfte bald blockieren wird. Ihr werdet dann nicht mehr in der Lage sein, Magie zu benutzen. Die gute Nachricht ist, dass Ihr dann nicht länger hier gefangen sein werdet. Ich kann Euch nicht sagen, was man danach mit Euch machen wird, aber man wird Euch nicht innerhalb der Verbündeten Länder frei lassen.«
Lorandras Miene veränderte sich geringfügig, und Sorge trat an die Stelle von Hass. In Sonea stieg eine Welle des Triumphs auf, die weitaus stärker war, als die Veränderung es verdiente. Sie wandte sich ab und ging auf die Tür zu. Ein heiseres Krächzen erklang hinter ihr, und sie blieb stehen; dann zwang sie sich weiterzugehen.
»Wartet.«
Sonea hielt inne und drehte sich um. Das Licht spiegelte sich in Lorandras dunklen Augen, als sie den Kopf hob.
»Wird es wehtun?«, fragte sie flüsternd.
Sonea sah sie an. »Warum sollte ich Eure Fragen beantworten, wenn Ihr keine von meinen beantwortet?«
Lorandra presste den Mund zu einer dünnen Linie zusammen. Sonea wandte sich ab, dann blieb sie stehen und blickte wieder zu der Frau hinüber.
»Nicht, wenn Ihr Euch nicht dagegen wehrt«, erklärte sie ihr leise, so dass die Wachen sie nicht hören konnten. Lorandra schaute ihr in die Augen. »Und … und es ist umkehrbar«, fügte Sonea mit noch leiserer Stimme hinzu.
Dann zwang sie sich, sich abzuwenden und durch die Tür zu treten, wobei sie sich fragte, ob das, was sie in den Augen der Frau gesehen hatte, Hoffnung oder Argwohn gewesen war.
»Das Erste, was Ihr Euch einprägen müsst, ist die Tatsache, dass eine Schwangerschaft keine Krankheit oder Verletzung ist«, erklärte Lady Indria der Klasse. »Aber durch Schwangerschaft und Geburt kann es zu vielen Problemen kommen. Im Gegensatz zur Mehrheit der Zustände, die eine Schwangerschaft behindern oder unmöglich machen und die wir in diesem Jahr bereits besprochen haben, können die Probleme einer Schwangerschaft und einer Geburt zum Tod führen, entweder bei der Mutter oder dem Kind oder bei beiden.«
Lilia sah ihre Freundinnen an. Sowohl Froje als auch Madie saßen mit durchgedrücktem Rücken da und hörten Lady Indria aufmerksam zu. Sie sind beinahe so gefesselt, wie sie es während der Lektionen waren, bei denen es um die Vermeidung einer Schwangerschaft ging, überlegte Lilia. Sie blickte sich im Raum um. Die meisten der Novizen schienen sich für die Lektion zu interessieren. Selbst die Jungen taten es, was sie überraschte, obwohl von allen Heilern erwartet wurde, dass sie lernten, wie man eine werdende Mutter beriet und ein Kind zur Welt brachte.
Einige der Mädchen hatten während der vergangenen Lektionen gefehlt. Es waren allesamt Schnösies. Die Häuser hatten niemals Einwände dagegen erhoben, dass ihre Töchter lernten, wie man eine Empfängnis verhinderte, bis das Thema zu einem offiziellen Teil des Unterrichts der Universität geworden war. Die Eltern der Prollies hatten deswegen nicht das geringste Aufhebens gemacht. Sie konnten es sich nicht
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