Songkran
stoppte und drückte auf die grüne Empfangstaste.
„Guten Morgen Sir, ich bin noch im Park. Ich rufe Sie in einer halben Stunde aus dem Büro zurück“, sagte Gun und tänzelte auf der Stelle.
Superintendent Chaiyon wusste von diesen morgendlichen Dauerläufen im Park. Lange konnte er nicht warten, da Polizeichef Thanee seinerseits auf Nachricht fieberte.
Anstatt wie an normalen Tagen aus dem Park heraus zu laufen und die eiserne Figur Vajiravudhs, die auf einem steinernen Sockel steht, zu umrunden, kürzte Gun seine Laufroute ab. Ein flüchtiger Blick auf den Pulsmesser verriet, dass er oberhalb seiner gewohnten Durchschnittsgeschwindigkeit den Rückweg bestritt. Alte Frauen knieten am Wegesrand, trugen große Schlapphüte als Sonnenschutz und pflegten Rabatten aus farbigen Orchideen und Hyazinthen. Ihre freundlichen Gesichter drehten sich dem vorbeilaufenden Gun zu, der ihnen wie jeden Morgen zuwinkte.
Bevor Gun seinen Vorgesetzten Chaiyon über die neusten Erkenntnisse ins Bild setzte, überflog er den vorläufigen Bericht über die Herkunft des Sprengstoffs, den seine Mitarbeiter geschrieben hatten. Eine Spur war vielversprechend. Er musste die Kollegen anrufen, und die Details erfragen. Das hatte Zeit. Seine Priorität galt Chaiyon, mit dem er gut zusammen arbeitete.
„Sir, es gibt Neuigkeiten zu berichten“, begann Gun und presste sich in seinen Ledersessel, dessen Lehne nachgab.
„Gun, endlich rufen Sie an. Der Chef sitzt mir im Nacken. Das ganze entwickelt sich zu einem Albtraum.“
„Sir, wir konnten den Weg des Sprengstoffs ein gutes Stück rekonstruieren. Meine Leute haben da einen tollen Job gemacht.“
„Ich weiß, dass Sie gute Mitarbeiter haben, Gun. Aber...“ Chaiyon machte eine Pause, die Gun mit Informationen füllen sollte.
„Genau, Sir. Der Sprengstoff ist Plastiksprengstoff, genauer C4. Das ist nichts besonderes, aber dieser C4 ist nicht markiert. Das hat das Labor herausgefunden.“
„Was heißt markiert?“, fragte Chaiyon leicht ungeduldig.
„Das Abkommen von Montreal verlangt, dass Plastiksprengstoff gewisse chemische Stoffe enthalten muss, um es mit Detektoren oder Spürhunden aufspüren zu können. Was das für Stoffe sind, weiß ich nicht. Ist auch egal. Jedenfalls ist unser C4 von Nana Plaza unmarkiert. Jetzt stellt sich die Frage, wo wird unmarkiertes C4 hergestellt.“
„Sagen Sie jetzt nicht China, Gun, ich bitte Sie“, flehte Chaiyon lautstark.
„Keine Sorge, Sir. Wir vermuten, dass der Sprengstoff aus Nordkorea kommt.“
„Sie vermuten, Gun?“
„Nein Sir, wir sind uns recht sicher. Zum einen ist Nordkorea dem Montreal-Abkommen nicht beigetreten.“
„Montreal-Abkommen?“, unterbrach Chaiyon.
Gun machte eine kurze Pause, dann fuhr er fort: „Das Montreal-Abkommen verbietet die Herstellung von Plastiksprengstoff ohne Markierungsstoffe.“
„Ja richtig. Und zum anderen?“
„Der Vorfall auf dem Don Muang Flughafen vor einem halben Jahr. Ging groß durch die Presse, Sir. Sie erinnern sich?“
„Das heißt, daher ist das Zeug!“, rief Chaiyon in den Telefonhörer.
„Vermutlich.“
„Wissen Sie was das bedeutet, Gun?“
„Jawohl Sir, das Militär ist voraussichtlich involviert“, antwortete Gun ruhig.
Es entstand eine kurze Pause. Gun erhob sich aus seinem Sessel und blickte aus dem Fenster. Er wusste, dass sein Chef die Dinge meist schwarz malte. Aber diesmal hatte Gun selbst ein ungutes Gefühl. Im letzten Jahrzehnt hatte sich das Militär peu a peu aus der Politik verabschiedet; aber das Gerücht eines neuen Staatsstreiches strich seit kurzem wieder durch die Hallen der Macht.
„Folgendes ist unserer Meinung nach Fakt: Das C4, die Waffen undsoweiter wurden vom Don Muang nach Thonburi in die Kaserne gebracht und dort eingelagert. Das ist eine Standardprozedur und kein Staatsgeheimnis. Ein Teil dieser Waffen und Sprengstoffe ist verschwunden. Man kann auch sagen geklaut worden. Mindestens drei Tonnen Plastiksprengstoff. Das ist von unserem Kontaktmann in Thonburi bestätigt worden.“
„Drei Tonnen unmarkierter, ich wiederhole unmarkierter, Plastiksprengstoff in den Händen von Terroristen!“ Chaiyons erhöhter Blutdruck trieb eine rote Farbe in sein Gesicht.
„Das wissen wir nicht, Sir. Wir wissen nur, dass drei Tonnen verschwunden sind“, versuchte Gun seinen Boss zu beruhigen.
„Ihr Informant ist ein Militär?“
„Jawohl, Sir. Absolut zuverlässige Quelle. Den weiteren Weg des Sprengstoffs konnten wir noch
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