Songkran
verloren. Ein unkontrollierter Bauboom hatte bestimmte Stadtteile der Metropole mit Apartmenthochhäusern zugepflastert. Diese condominiums übertrumpften sich in Höhe und Ausstattung. Aber nicht immer erreichte die Konkurrenz eine Wohnfläche von 400 qm auf zwei Etagen; die 75 qm der ausladenden Sonnenterrasse nicht mitgerechnet. Diese bestand aus hochwertigen Mahagonidielen, auf denen wuchtige Holzkübel mit Yuccapalmen, Drachenbäumen und Bananenstauden die Sicht nach Westen brachen. Die Pflanzen boten einen Schutz vor den neugierigen Augen der Nachbarn, die die umliegenden Hochhäuser bewohnten.
Vorsichtig tippelte Sakkarin die drei Stufen des Schwimmbeckens empor. Seine vollgesaugte Badehose rutschte über das Gesäß nach unten. Er zog sie hoch bis zum Bauchansatz, der unästhetisch überquoll. Die Glastür öffnete sich automatisch mittels einer Lichtschranke. Sakkarin ging ins Innere des Fitnessraums, der rundherum mit Wandspiegeln verkleidet war. Die Galerie von blank geputzten Hanteln und Gewichten reizte ihn, aber sein behandelnder Arzt hatte Schulterschonung verordnet. Unter leicht kreisenden Hüftbewegungen ließ Sakkarin die Badehose an den kaum beharrten Beinen nach unten gleiten und kickte das Stück Stoff mit einer Fußbewegung in Richtung Rudergerät. Daneben! Dann griff er den weißen Bademantel vom Wandhaken und hüllte sich ein. Für Fitnessübungen und Dampfbad blieb im Moment keine Zeit, vielleicht später. Sein Protégé Porphant hatte sich zum Rapport um 20 Uhr angemeldet.
Der euphorische Anruf seines Zöglings Porphant hatte ihn erreicht, nach dem dieser das Gespräch mit dem Premierminister beendet hatte. In solcher Gemütsverfassung kannte Sakkarin seinen politischen Ziehsohn nicht.
Pünktlich auf die Minute erklang die Türglocke des Penthouses, ein lieblicher Klang, der der Moldau von Smetana nachempfunden war. Dass Sakkarin dem dreißig Jahre jüngeren Porphant im Bademantel die Tür aufmachte, war keine Unhöflichkeit. Für ihn war Porphant der Junge geblieben, den er seit dessen Kindertagen kannte.
Später finanzierte er ihm das Universitätsstudium, brachte seine politische Karriere in Gang und machte ihn zum Führer der Chonburie-Faktion. Das politische Mandat für das Bangkoker Unterhaus besorgte er ihm durch Wahlbetrug, in dem er Wahlberechtigte mit Geld überzeugte, der Urne fern zu bleiben. Für diese säumigen Wähler sprangen Sakkarins Leute ein und gaben Porphant ihre Kreuzchen.
Sakkarin begrüßte seinen Gast an der Türschwelle mit einem Wai . Dabei berührten seine gefalteten Hände die Nasenspitze. Ein Ehrerweis für seinen jungen Protégé , der diese Geste sofort erwiderte.
„Wie geht es Ihrer Schulter, Khun Sakkarin?“, fragte Porphant mit aufrichtigem Interesse.
„Alles im Griff. Sie sehen, ich komme gerade vom Schwimmen“. Sakkarin fasste an den weichen Stoff des Bademantels.
Diese Antwort war typisch für ihn, einem Mann, der der mächtigste Pate oder Jaopho der Provinz Chonburi war. Als Sohn einer armen Familie war er Gewalt und Härte gegen sich selbst gewöhnt. Und Härte bestimmte sein weiteres Leben, privat als auch geschäftlich. Die Bilderbuchkarriere begann, als er ein Fischerboot mietete und in kambodschanischen Gewässern sein Glück versuchte. Die Fanggründe waren übervoll und das Verdienst lukrativ. Aus einem gemieteten Kutter wurde ein eigener und später eine Fangflotte von mehr als zwanzig Trawlern. Die verdienten Baht investierte er in andere Unternehmungen, die ihn reicher machten. Als die Küstenregion Pattayas vom internationalen Tourismus entdeckt wurde, baute er Hotels und Ferienanlagen. Parallel zu seinen legalen Unternehmungen betrieb er gewinnbringende Kasinos und Bordelle. Gegner, die ein Stück des Kuchens abhaben wollten, band er in sein Imperium ein oder er beseitigte sie. Schießereien am helllichten Tag bestimmten die Schlagzeilen der Tageszeitungen. Seine Person wurde als der Mann im Hintergrund genannt, aber er war bereits zu gut verflochten in den Netzwerken von Justiz und Politik, als dass er angeklagt wurde.
„Entschuldigung, ich hatte keine Zeit zum Umziehen.“ Stolz erfüllt musterte Sakkarin für einen Augenblick sein politisches Produkt, das leger, in heller Baumwolljeans, hellblauem Hemd und weißer Krawatte gekleidet, vor ihm stand.
„Wir gehen ins Herrenzimmer. Wir werden einen Drink nehmen, wenn Sie mir die Neuigkeiten erzählen“, fuhr er fort und ging voraus.
Unzählige Male war Porphant Gast in
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