Songkran
Bahnsteig Chatuchak aufgetaucht ist. Hier ist die Aufnahme.“
„Sind 34 Minuten nicht zu lang für Sukhumvit bis Chatuchak? Gab es irgendwelche Verzögerungen mit der Metro?“
„Nein. Die Lösung ist ganz einfach: Er ist bis zur Endstation Bang Sue gefahren und ist dort im Wagen sitzen geblieben. Normalerweise geht das Zugpersonal in der Endstation durch die Wagen und schaut nach, dass auch alle ausgestiegen sind. Aber ich vermute, dass die das in der Nacht nicht so eng sehen. Auf dem Rückweg ist er in Chatuchak ausgestiegen und die Kameras haben ihn wieder aufgenommen. Warum macht er das, Sir?“
Gun faltete die Arme über der Brust zusammen.
„Lassen Sie mich raten!“, sagte Gun. „Chatuchak ist die Metrostation, von der man wieder in den Skytrain wechseln kann. Also hat der Unbekannte das gemacht. Und dann ist er bis zur Station Siam zurück gefahren, oder?“
„Sehr richtig, Sir“, sagte der junge Kollege.
„O.K. Lassen Sie mich weiter raten. Am Ende seines Irrwegs ist er am Hauptbahnhof ausgestiegen. Aber wie kommt er da hin? Zum Hua Lamphong fährt nur die Metro und nicht der Skytrain. Wenn er nicht noch weitere unerklärliche Umwege gefahren ist, hat er in Siam die Linie gewechselt und ist in Sala Daeng aus dem Skytrain gestiegen. Richtig?“
„Ja, Sir.“
„Und dann ist er in der Metrostation Silom wieder aufgetaucht. Richtig?“
„Nicht ganz, Sir. Lumphini.“
„In unserer Metrostation. Der macht einem ja Freude. Wahrscheinlich ist er zu Fuß gegangen. Hat es um diese Zeit noch geregnet?“
„Ja, Sir! Ziemlich stark sogar.“
„Aber er hatte keinen Schirm dabei. Ich vermute man braucht zwanzig Minuten von Sala Daeng bis zur Metrostation Lumphini. Er muss vollkommen durchnässt gewesen sein. Der Typ ist ein Spaßvogel, das steht fest. Um wieviel Uhr ist er in der Station Hua Lamphong angekommen?“
„Um 22 Uhr 43, Sir. Zeit sich unterzustellen hatte er also nicht. Taxi?“
„Möglich. Sagen Sie mir jetzt bitte nicht, dass er den Bahnhof mit dem Zug verlassen hat.“ Der Hauch eines Lächelns bildete sich auf Guns Mundwinkeln ab.
Der junge Kollege drehte seinen Oberkörper nach hinten.
„Hast du ihn?“, rief er zu seinem Kollegen, der mit dem Rücken zu den beiden vor einem Computerbildschirm arbeitete.
„Ja!“, antwortete dieser sofort.
„Sir, wir müssen zu dem anderen Computer.“
Sie wechselten zu dem Monitor, auf dem das deutliche Standbild eines vergrößerten Nummernschildes zu sehen war.
„In dieses Taxi ist er eingestiegen, Sir. Genau um 22 Uhr 50.“
„Dann fragen wir doch mal den Taxifahrer, ob er sich noch erinnert, wo er den Spaßvogel hingebracht hat.“ Gun klopfte dem jungen Kollegen lobend auf die Schulter und verließ den Computerraum.
In der Besprechung am Nachmittag verkündete Gun den Durchbruch der Ermittlungen. Auch hier war das Glück der SOKO hold gewesen. Der Taxifahrer erinnerte sich an den Unbekannten, weil dieser einen überdrehten Eindruck hinterlassen hatte. Er brachte seinen Fahrgast in die Soi Ari und setzte ihn vor einer Hip-Hop-Bar mit dem Namen Tap-Tip ab. Im Rückspiegel konnte der Taxifahrer beobachten, dass der Fahrgast in dem Szenetreff verschwand. Jetzt bestand die berechtigte Hoffnung, dass durch Befragung der Gäste, die Identität des Unbekannten gelüftet wurde.
„Wenn der Besuch im Tap-Tip eine Eintagsfliege war, haben wir Pech gehabt“, sagte Gun zu seinen Mitarbeitern im Raum und dämpfte die gute Stimmung ein wenig.
„Und Chanthaburi?“, fragte Gun Noi, die neben ihm am Tisch saß.
Noi hatte einen kleinen Notizblock vor sich liegen. Sie blätterte die obere Seite nach hinten.
„Die Polizei in Chanthaburi hat herausgefunden, dass der alte Mann als Wachmann in einer Lagerhalle gearbeitet hat. Angeblich wurden dort landwirtschaftliche Maschinen gelagert. Als die Polizei die Halle inspizieren wollte, war die geräumt gewesen.“
„Warum angeblich?“, fragte Gun.
„Man vermutet, dass dort gestohlene Waffen gelagert wurden. Warum der alte Mann dran glauben musste? Darüber gehen die Spekulationen auseinander. Rache? Verrat? Spitzel?“
Noi schüttelte den Kopf und legte den Notizblock vor sich auf den Schreibtisch.
„Wir können also festhalten: Das C4 vom Nana-Parkplatz kommt aus Chanthaburi. Unser geheimnisvoller Informant ist gut, wirklich gut. Den Bombenlegern bringt uns das aber leider nicht näher. Im Moment nicht näher.“ Ein Hauch von Resignation schwang in Guns Stimme mit.
Während der
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