Sonne, Sex und Meer
kokainsüchtigen Friedensheiligen?«
»Na ja, schon, aber ich möchte mich nicht gerne auf diese Weise einsetzen, aber vielleicht können wir ja lernen, wie man seiner Feindseligkeit Ausdruck verleiht, ohne sich kaputt zu machen. Kannst du uns nicht Karate beibringen, Max?«
»Klar.«
»Ich denke an die Auseinandersetzung mit den beiden Kerlen am Strand. Das muss sie ganz schön durcheinandergebracht haben.«
»Und mir hat es Befriedigung verschafft.« Max berichtete von dem Vorfall mit den beiden Stehaufmännchen, wovon die Mädchen noch nichts wussten. »Die Sache ist die, dass ich früher nicht den Mut hatte, so etwas zu tun, unsere Erziehung zwängt uns zu sehr in Tabus. Aber ich bin der Meinung, dass man es jetzt in den Griff bekommen könnte.«
Von dem Tag an übten sie sich auch im Austeilen und Erdulden physischer Schmerzen, wirklicher Schmerzen, nicht Schmerzen zum Lustgewinn. Die Unterweisungen in Karate wurden vollkommen von der Unterweisung in der Lehre des Tantra getrennt. Nicht so sehr zeitlich und räumlich als im Intellekt. Dreimal wöchentlich machten sie Übungen mit Max, und er stellte ihnen Übungsaufgaben, die sie zweimal täglich ausführen sollten: die Tritte, das Atmen (fast genau die gleiche Art zu atmen, die sie beim Ficken gelernt hatten), den Tritt aus dem Sprung mit geschlossenen Füßen. Sie lasen sich gegenseitig die Bhagavad-Gita vor. Die beiden ersten Wochen nach dem Beginn des neuen Programms war das Geschlechtsleben der vier vergleichsweise ereignislos. Tom traf sich ein paarmal mit Frank. Leslie mit der Roten Doris und nahm auch Barbara mit, damit sie sie kennenlernte. Das dunkle Mädchen hatte die Stadt nach einem gemeinsamen Abschied (eine Nacht lang in Tom und Leslies Zimmer) verlassen. Sam hatten sie aus den Augen verloren. Franz war immer noch in Woodstock. Tom hatte eine Unternehmung auf dem Armee-Stützpunkt in Truro angeregt. Sie wollten die Army lächerlich machen und verbrachten eine Woche mit genauem Planen und Auskundschaften. Dann schlichen sie sich eines Nachts auf den Stützpunkt und malten ein Friedenssymbol auf die Tür eines Munitionsdepots. Diese Unternehmung schien ihre Besessenheit zu befriedigen, und sie waren jetzt fähig, ihr Karate-Training als eine naturgegebene Selbstverständlichkeit fortzusetzen und wandten ihre Aufmerksamkeit dem wesentlich wichtigeren Thema ihrer Erziehung in den Dingen der Liebe zu.
Unter den Mächten des Bösen bin ich der Gott der Zerstörung; und unter den Ungeheuern Vitessa, der Herr des Reichtums.
mantra
Kapitel 15
Franz trampte auf der Straße Nr. 28. Die Sonne brannte. Der Kies auf der Straßendecke drang heiß und scharf in seine Füße. Die Riemen seines Rucksacks schnürten sich in seine Schulter. Er hatte sich seine Stellung gut ausgesucht, die Mitte einer langen, geraden Strecke mit breiter Fahrbahn. Da konnte man ihn schon von weitem sehen und leicht anhalten. Er hielt ein Schild, auf dem stand »Cape Cod«. Es war Sonntag Nachmittag, und die Vorüberfahrenden waren Familien, die vom Weekend wieder in die Stadt fuhren. Die Wagen waren mit Koffern beladen, mit Kühlbehältern, mit müden und schlechtgelaunten Kindern. Die Wagen zischten vorbei. Die Luft stank nach Auspuffgasen. Nach einer Stunde ein riesiger Ford Kombi. Cremefarben mit imitierter Holzverkleidung, dem Nummernschild von New York, McCarthy Aufklebern an den Stoßstangen, der verlangsamte die Fahrt, als er vorbeifuhr, und hielt etwa hundert Meter südlich. Franz rannte so schnell er mit seinem Rucksack konnte und erreichte den Wagen. Das übliche Durcheinander von Gepäck und kleinen Kindern im Fond. Vorn saß nur eine Frau. Franz machte die Wagentür auf. »Ich fahr bis nach New York.«
»Fantastisch.« Franz warf seinen Rucksack nach hinten und setzte sich neben die Frau am Steuer. Er lehnte sich zurück und holte Atem. Der Wagen war air-conditioned, die Scheiben waren meergrün gefärbt. Es war, als ob man in einem Unterseeboot durch sehr klares Wasser fährt. Die sonnenverbrannte Szenerie draußen schien unglaublich fern, als der riesige, starke Wagen lautlos den vierspurigen Highway hinunterglitt. Hinten im Fond saßen zwei strohblonde Kinder, ein Junge und ein Mädchen, und starrten ihn voll gleichgültiger Feindseligkeit an und sahen dann wieder hasserfüllt aus dem Rückfenster. Franz betrachtete seine Retterin. Es war eine irgendwie verbrauchte, aber hübsche Frau von dreißig bis fünfunddreißig Jahren, gerade Nase, großes freundliches
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