Sonne, Sex und Meer
den Poor People gewesen wäre oder in New York bei den Farbigen, um den Kindern auf der Straße beim Verständnis ihrer Lage und beim Kampf zu helfen. Leslie redete sich in Feuer. »Schaut euch doch hier die Farbigen an. Auf Urlaub. Aus. In New York grabschen die Leute wenigstens mal nach einer Zeitung, Leben aus zweiter Hand. Aber hier. Früher wohnten hier nur Künstler. Heute nur noch die Arrivierten. Reiche Künstler. Und eine Menge reicher Arschlöcher. Was haben wir denn hier verloren?«
»Aber wir könnten außerdem noch eine Menge tun. Dieses ganze Chaos steckt voller schöpferischer Möglichkeiten. Und wer ist schon besser auf die Freiheit vorbereitet als wir?«
»Nun gut, was meinst du, sollte man im Herbst machen?«
»Ok. Erstens: Wenn wir von hier weggehen, werden Tom und ich, hoffe ich, einen neuen Kreis bilden. Da gibt es ein paar Freundinnen von mir, und ich weiß jetzt, dass ich es schon immer einmal mit ihnen machen wollte. Auch einige Paare. An der Schule gibt es eine Menge Leute.«
»Gleich wenn ich von hier fortgehe. Ihr alle, auch Barbara und Franz, als Fickkader, um die Leute ein für alle Mal für diese Gesellschaft zu verderben. Was könnt ihr noch tun?«
»Schon richtig«, entgegnete Tom, »alles okay. Aber im Augenblick habe ich überhaupt keine Lust zum Ficken oder Geficktwerden von wem oder was auch immer. Ich weiß, dass es wirksamer ist, als an der Straßenecke zu stehen und Flugblätter zu verteilen. Oder selbst besser, als den Bullen in New York eins auszuwischen, aber trotzdem, ich habe keine Lust, irgendjemanden zu ficken. Im Übrigen geht es ziemlich auf die Nerven, immer nur von Gespenstern umgeben zu sein. Diese Leute, wenn du mal mit ihnen redest … nun ja, vielleicht geben sie sogar zu, dass die Morde von Kennedy und King nicht gerade purer Zufall waren … aber sie haben keine Ahnung, was sie tun sollen und tun auch nichts. Sie laufen rum und kaufen Postkarten. Das ist einfach nur gesunder Menschenverstand. Es ist ziemlich gefährlich, von Irren umgeben zu sein.«
»Ja und, was soll man denn Besseres tun. Und was ist wirksamer?«
»Ich weiß es nicht, Barbara, deshalb bin ich ja so aus dem Häuschen. Max weiß es wahrscheinlich, aber will es uns nicht verraten. Oder vielleicht ist es auch nur sein Wunschdenken. Er spinnt doch ganz schön.«
»Je häufiger du kommst, desto häufiger kannst du kommen.«
»Was zum Teufel hat denn das damit zu tun, Max?«
»Bist du so sicher, dass es niemanden gibt, den du gern ficken würdest?«
»Verdammt ja, jeden Scheißlehrer, den ich je gehabt habe!«
»Oho.«
»Glaubst du wirklich, wir könnten ein paar von diesen Touristen richtig schön durcheinanderbringen? Schau dir den Typ da an. Sicherlich fabriziert er Giftgas. Oder gefrorenen Orangensaft. Oder irgendeine andere Schrecklichkeit.« Tom zeigte auf einen Vorübergehenden. Sie drehten sich alle um, um sich den Mann anzusehen. Blond. In den Vierzigern, gute Figur mit Bierbauch, und weiches Fett setzte sich an seinen Extremitäten an, weil er kein Tennis spielte oder Gymnastik à la Canadian Air Force trieb. Er trug ein buntes Hemd und Bermuda Shorts, richtige Madras Bermuda Shorts aus dem College Shop in der Vorstadt. Ihm voraus lief die ganze Familie. Eine kleine, entschlossen dreinblickende Ehefrau mit einem Hemdkleid aus dem Village, die Tochter, ein gelangweilter Teenager in Bell Bottoms und mit billigen Perlenketten um den Hals, zwei Jungen von elf und neun mit Pullovern, auf denen stand »Cape Cod«. Die ganze Familie trug Segeltuchschuhe. »Na, sicherlich könntest du es mit ihm treiben, Tom, oder mit ihr«, sagte Max ziemlich laut. »Aber wem würde das schon nützen? Sie können ja gar nicht ohne Schuldgefühle nach ihren geheimen Wünschen handeln – und das ist schließlich das Wesentliche. Schnapp ihn dir allein auf einer Männertoilette, und er wird sich nicht allzu lange sträuben. Aber er wird denken, dass er etwas Unrechtes tut. Ich meine einfach nur, was kann man schon mit einem Kerl anfangen, der glaubt, es sei etwas Unrechtes, einem so hübschen Jungen wie dir den Schwanz zu lecken? Könntest du sie dazu bringen, ihre Kinder zu verlassen? Denk einmal an all die anderen, mit denen wir es ohne Schuldgefühle getrieben haben, was haben sie miteinander gemeinsam?«
»Das ist doch ganz einfach«, antwortete Barbara. »Sie und wir sind alle Außenseiter, Schulkinder, Schwarze, Künstler, Schwule, Süchtige. Das ist die Generation des degenerierten
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