Sonne über Wahi-Koura
sie im Stillen.
Als sie den Flur zu Louises Büro betrat, erstarrte sie. Ein Feuerschein! Verwirrt wischte sich Helena über die Augen. Bilde ich mir das nur ein? Ist es eine Täuschung?
Nein, es waren Flammen. Im Weinberg brannte es!
Nachdem die Schrecksekunde vergangen war, rannte Helena nach draußen. Die Nachtluft schnitt ihr in Kehle und Lunge. Am Quartier der Arbeiter hämmerte sie mit Leibeskräften gegen die Tür.
»Zu Hilfe! Feuer! Der Weinberg brennt!«
Wenig später wurde das erste Fenster aufgerissen. Yves Leduc rieb sich den Schlaf aus den Augen.
»Was ist, Madam?«
»Der Weinberg brennt!«, rief Helena verzweifelt, während über ihr weitere Fenster aufgerissen wurden.
»O mein Gott!« Leduc zog sich vom Fenster zurück. Dann wurde es laut im Quartier. Schritte polterten in den Gängen. Fäuste hämmerten gegen Türen. Schließlich drängten Newman, Leduc und noch ein einige andere Männer ins Freie.
»Wo brennt es genau?«, fragte Newman und umfasste Helenas Schultern.
»Mittendrin«, antwortete Helena. »Ich habe nur einen Lichtschein gesehen.«
»Holt Eimer, und bildet eine Kette zum Brunnen! Wir müssen löschen!«, rief Zane seinen Leuten zu.
»Ich komme mit euch!«
»Nein, bleib lieber hier, Helena«, bat Zane, doch sie wollte davon nichts hören.
»Ihr braucht jede Hand! Ich komme mit!«
Während ein Teil der Mannschaft zum Brunnen lief, drang Newman mit ein paar Männern in den Weinberg vor. Den beißenden Geruch, der in der Luft hing, kannte er genau.
»Petroleum!«, rief er seinen Leuten zu und stellte erschrocken fest, dass die Flüssigkeit auch von den Stöcken tropfte, an denen sie gerade vorbeirannten.
»Wir müssen zurück, sonst fangen wir selbst Feuer!«
Inzwischen hatten sich Helena und die anderen Eimer besorgt. Leduc schöpfte das Wasser aus dem Brunnen. Die Arbeiter verteilten sich in einer Reihe.
»Das Feuer ist mit Petroleum gelegt worden!«, verkündete Newman. »Wir müssen zusätzlich eine Schneise graben, um es am Ausbreiten zu hindern!«
Während die ersten Eimer mit Wasser in Richtung Brandherd wanderten, bewaffneten sich Zane und seine Leute mit Äxten und Schaufeln.
Helena half, so gut es ging. In diesem Augenblick war ihr Kopf wie leer gefegt, sie funktionierte einfach nur. Das Zittern in ihren Armen ignorierend, reichte sie einen Wassereimer nach dem anderen weiter, bis ihre Knie versagten und sie zu Boden sank.
»Madam!«, rief einer der Männer. »Sie sollten sich besser schonen.«
»Es geht schon wieder.« Entschlossen rappelte Helena sich wieder auf und griff erneut nach dem Eimer.
Haynes zügelte sein Pferd und blickte sich um. Das Feuer im Weinberg war weithin zu sehen. Dicker Qualm waberte vor dem Mond.
Manson wird zufrieden sein, dachte er. Für einen Moment empfand er Mitleid für die junge Herrin, die stets freundlich zu ihm war. Aber er schob es beiseite. Die Welt ist kein Rosengarten, sagte er sich. Mit dem Geld von Manson werde ich ein neues Leben anfangen. Der Weinbau kann mir gestohlen bleiben!
Mit einem Zungenschnalzen trieb Haynes sein Pferd wieder an. Nachdem er eine Weile dem Fluss gefolgt war, preschte er durch den Busch und erreichte schließlich die Straße nach Napier.
Nur vereinzelt blinkten ihm Lichter aus der Stadt entgegen. Hundegebell war zu hören. Niemand kümmerte sich um den nächtlichen Reiter, der über die Hauptstraße ritt.
Vor dem Haus des Bankiers saß Haynes ab. Er hatte mit Manson vereinbart, zu ihm zu kommen, sobald der Weinberg in Flammen stand.
Nur zweimal brauchte er zu klopfen, bis die Tür geöffnet wurde.
»Kommen Sie rein.«
Schweigend gingen sie in Mansons Arbeitszimmer.
»Ich nehme an, Sie haben den Job erledigt.«
»In diesem Augenblick versucht die Mannschaft von Wahi-Koura, den Weinberg zu löschen. Er brennt lichterloh, ein wahres Freudenfeuer.«
Manson lächelte zufrieden. »Gute Arbeit, Haynes! Dann sollten Sie jetzt Ihren Lohn bekommen.«
Aus einer kleinen Schatulle in seinem Schreibtisch holte er ein Bündel Pfundnoten hervor. »Ich muss Sie wohl nicht daran erinnern, dass Sie Stillschweigen bewahren müssen.«
»Natürlich, Sir.« Gierig musterte Haynes die Geldscheine. »Ich werde morgen früh das erste Schiff besteigen, das mich auf die Südinsel bringt.«
Manson reichte ihm das Geld. »Es war mir ein Vergnügen, Geschäfte mit Ihnen zu machen.«
»Ganz meinerseits, Mister Manson.«
Damit verabschiedeten sie sich voneinander.
Draußen vor der Tür zählte Haynes die
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