Sonne über Wahi-Koura
stand Didiers Pferd.
Hatte es bei dem Brand Tote gegeben? Oder war die alte Krähe endlich zur Hölle gefahren? Ich werde es noch früh genug erfahren, dachte Manson und kehrte diesem Ort hoffnungsfroh den Rücken zu.
Newman fiel es schwer, seiner Arbeit nachzugehen. Immer wieder hatte er das Bild vor Augen, wie der Sarg mit Louise aus dem Haus getragen wurde. Alle Arbeiter und Angestellten des Guts hatten Spalier gestanden, um ihrer Herrin die letzte Ehre zu erweisen. Helena hatte mit ihrer kleinen Tochter auf dem Arm so unglücklich und hilflos gewirkt, dass es Zane bei der Erinnerung daran beinahe das Herz zerriss. Zu gern hätte er sie in seine Arme gezogen und ihr Trost zugesprochen. Aber er musste sich beherrschen. Er durfte Helena nicht kompromittieren.
Wütend stieß Zane die Schaufel in den Boden. Er hoffte inständig, dass Leduc diesen Haynes auftreiben würde. Er würde schon aus diesem Mistkerl herausprügeln, ob Manson hinter dem Verbrechen steckte. Und dann sollte der was erleben!
Sie hatten damit begonnen, die Stöcke, die nicht mehr zu retten waren, auszugraben. Den Vorschlag, die Arbeit für heute ruhen zu lassen, hatten seine Leute abgewiesen. »Madame hätte gewollt, dass wir weitermachen und den Weinberg wieder in Ordnung bringen«, hatte einer der Männer gesagt, und alle anderen hatten murmelnd zugestimmt.
Es herrschte eine beklommene Stimmung. Nahezu schweigend tat jeder seine Pflicht. Der Tod der Herrin ging allen an die Nieren. Und sicher sorgten sich die Männer auch um ihre Existenz.
Hufschlag unterbrach Newmans kreisende Gedanken. Yves Leduc preschte direkt auf den Weinberg zu. Der Kellermeister ließ die Schaufel fallen und lief ihm entgegen.
»Mister Newman!«, rief Leduc und sprang vom Pferd, noch bevor es richtig stand. »Haben Sie diesen Haynes aufgetrieben?«
»Leider nein.«
»Verdammt!« Zane trat nach seiner Schaufel. »Er hat sich offenbar frühzeitig aus dem Staub gemacht.«
Jetzt kann Haynes uns nicht mehr zu seinem Auftraggeber führen, dachte Newman niedergeschlagen.
»Wie konnte ich nur so dumm sein, ihn anzustellen?« Wütend schlug er seine Faust in die andere Hand. »Ich hätte riechen müssen, dass an der Sache was faul ist.«
»Um diese Zeit suchen viele Männer Arbeit als Aushilfe«, beschwichtigte Leduc. »Wie sollten Sie wissen, was er im Schilde führt?«
»Ich hätte ihn besser überprüfen müssen. Ich habe mich von seinem ordentlichen Auftreten blenden lassen.«
Nachdem der Kellermeister Leduc gedankt hatte, machte er sich auf die Suche nach Helena. Da er sie im Arbeitszimmer nicht fand, klopfte er an die Tür ihres Salons.
»Herein!«, rief Helena.
Sie spielte auf der Chaiselongue mit Laura. Das kleine Mädchen strampelte fröhlich, während es mit den Händen die Zeigefinger der Mutter umklammerte.
Zane war vollkommen gerührt von diesem Anblick. Helena und ihr Kind schienen in ihrer eigenen Welt versunken zu sein, einer Welt, in der es kein Unheil und kein Leid gab.
Auch Helenas trauriges Lächeln rührte Newman zutiefst, und wieder einmal wurde er sich bewusst, wie stark seine Gefühle für sie waren. »Verzeihung, ich wolle nicht stören«, begann er beklommen.
»Du störst nicht.« Helena hob ihre Tochter an ihre Brust.
Laura strahlte. Zane konnte dem Liebreiz des Kindes nicht widerstehen. Er ging vor ihm in die Hocke und streckte ihm die Hand entgegen. Laura griff mit einem begeisterten Juchzen danach.
»Eines Tages wird sie sämtliche Männer der Stadt bezaubern. Du wirst auf sie achtgeben müssen.«
»Das werde ich.« Helena küsste den roten Haarschopf. »Doch wen auch immer sie lieben wird, sie soll ihn bekommen.«
»Und er tut gut daran, sie nicht zu enttäuschen, sonst kriegt er es mit ihrem Paten zu tun.«
Helena gestattete sich für einen Moment, von der Zukunft zu träumen. Ein Mädchen im weißen Kleid rannte mit wehenden Haaren durch Weinspaliere. Ein helles Lachen tönte durch die Reihen und scheuchte ein paar Wildtauben auf, die sich auf den Stöcken niedergelassen hatten. Sie selbst stand, Hand in Hand mit Zane, am Rand des Weinbergs und hielt Ausschau nach ihrer Tochter.
Vielleicht darf ich nicht zu viel erhoffen, dachte sie wehmütig.
»Was wolltest du mir sagen?«, fragte sie, als sich das Bild wieder zurückzog.
»Das hat Zeit bis heute Abend.«
»Nein, sag es mir jetzt.«
Newman atmete tief durch. »Du erinnerst dich an Haynes? Du hast mir geraten, ihn im Auge zu behalten.«
»Den Pflücker, den du als
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