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Sonne über Wahi-Koura

Sonne über Wahi-Koura

Titel: Sonne über Wahi-Koura Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Laureen
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Helena. Bevor der Gedanke an ihre Schwiegermutter die Oberhand gewann, richtete sie den Blick auf die gegenüberliegenden Felsen. Einer von ihnen hatte die Form eines Männerkopfes mit breiter Unterlippe. Nase und Augenbrauen waren grasbewachsen. Ein grotesker Anblick, der sie zum Lächeln brachte. Was für eine seltsame Laune der Natur! Oder hatten Menschen dieses Gesicht geschaffen? Ist es vielleicht ein Kultplatz der Eingeborenen? Sie nahm sich vor, Sarah oder Didier danach zu fragen.
    Hufschlag unterbrach ihre Überlegungen. Helena spähte nach unten.
    Louises Landauer schaukelte den steilen Weg hinauf.
    Die Hausherrin ist also zurück, dachte Helena und wurde plötzlich von Unwohlsein erfasst. Warum nur habe ich heute Morgen mit Louise sprechen wollen? Sie hatte es vergessen, empfand jedoch Erleichterung, dass ihr eine erneute Konfrontation erspart geblieben war.
    Ein Floß glitt langsam flussabwärts, voll beladen mit Körben. Gleichmütig stieß der Flößer die Stake ins Wasser, eine idyllische Szene, die jeden Maler begeistert hätte. Eine Weile verharrte Helena bei diesem Anblick, bis es hinter ihr raschelte.
    »Madam!«, rief eine Mädchenstimme.
    Helena wandte sich um. So wie Sarah die Arme an den Seiten ausstreckte und über die Steine balancierte, ähnelte sie einer Seiltänzerin.
    »Dieser Ort ist gefährlich«, warnte sie. »Sie sollten nicht hier sein. Womöglich stürzen Sie noch ab.«
    »Vielen Dank für deine Sorge, Sarah, aber deswegen bist du doch nicht hier«, antwortete Helena amüsiert.
    »Nein, Ihre Schwiegermutter möchte Sie sehen! Und zwar unverzüglich.«
    Helena runzelte die Stirn. Was kann sie von mir wollen? Hat der Sekretär ihr mitgeteilt, dass ich sie sprechen wollte? Seufzend erhob sie sich. »Also gut, ich komme.«
    Sarah streckte ihr eine Hand entgegen. »Soll ich Sie nicht lieber festhalten? Nicht, dass Ihnen noch etwas passiert. Wenn Sie fallen, dann sterben Sie und Ihr Kind.«
    »Keine Sorge, Sarah! Ich bin es gewohnt, mich am Steilhang zu bewegen. Mein Weinberg lag auch am Berg.«
    Helena lächelte dem Mädchen aufmunternd zu und folgte ihm ins Haus.
    Louise thronte im Esszimmer am Kopfende einer langen Tafel, die mit weißen Rosen geschmückt war. Seidenrosen, wie Helena feststellte, als sie näher kam. Ihre Schwiegermutter schaute sie direkt und beinahe stechend an. Ihr Teint wirkte noch blasser als am Vortag.
    Helena zwang sich, die Hände nicht in den Rock zu krallen. Warum bin ich plötzlich nur so unsicher?, fragte sie sich verärgert. Je mehr Schwäche ich ihr zeige, desto mehr Aufwind bekommt sie. Sie straffte sich und blieb ein paar Schritte vor dem Tisch stehen.
    »Sie wollten mich sehen, Madame?«
    Ein missbilligender Zug legte sich um Louises Lippen. »Sie tragen Blau.«
    »Wie bitte?« Helena errötete, als ihr aufging, was Louise meinte.
    »Sie sind noch keine drei Monate Witwe, nicht wahr? Ich weiß nicht, wie man es in Deutschland hält, aber hier sollten Sie besser Schwarz tragen und nicht Blau.«
    Helena senkte betreten den Kopf. Gerade weil sie einen guten Eindruck machen wollte, hatte sie dieses Modell gewählt.
    »Bitte verzeihen Sie, ich werde mich umziehen.«
    »Sie werden hierbleiben!«, fuhr Louise sie an. »Wie Sie sehen, ist der Tisch bereits gedeckt. Wir werden heute gemeinsam zu Abend essen.«
    »Man hat mir nicht mitgeteilt, dass Sie mit mir zu essen wünschen«, antwortete Helena überrascht.
    »Setzen Sie sich!«, befahl Louise schroff und deutete auf den Stuhl am anderen Ende der Tafel. »Für heute lasse ich Ihren Aufzug durchgehen, aber morgen sind Sie passend gekleidet, haben Sie verstanden?«
    Helena nickte und nahm Platz. Warum fühle ich mich in ihrer Gegenwart wie ein unmündiges Kind?, dachte sie. Ihre Kehle schnürte sich zu. Wie soll ich bloß etwas hinunterkriegen? Morgen Mittag werde ich mich verstecken, damit Sarah mich nicht findet, beschloss sie.
    Auf einen Wink von Louise eilte ein Dienstmädchen mit einer Wasserschüssel herbei.
    Sie will meine Manieren testen, dachte Helena. Ich darf mir keinen weiteren Fauxpas leisten.
    Nachdem Helena ihre Hände gesäubert und abgetrocknet hatte, wandte sich das Dienstmädchen der Hausherrin zu. Diese wusch sich ebenfalls und erteilte Adelaide die Anweisung, die Mahlzeit aufzutragen. Eine unangenehme Stille erfüllte den Raum. Helena fand die Atmosphäre erstickend und kämpfte gegen den Drang, sich zu räuspern. Vielleicht sollte ich den Anfang machen, dachte sie. Doch worüber soll ich

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