Sonne über Wahi-Koura
mit einer Frau reden, die offenbar kein gutes Haar an mir findet?
Louise kam ihr schließlich zuvor. »Sie haben sich das Gut angesehen.«
Da diese Worte eher wie eine Feststellung klangen, ging Helena davon aus, dass ihre Schwiegermutter mit Newman gesprochen hatte.
»Ja, das habe ich, jedenfalls teilweise. Sie haben wirklich ein wundervolles Anwesen. Der Weinberg ist prächtig.«
Louise nahm das Kompliment auf, ohne eine Regung zu zeigen. »Wir produzieren jedes Jahr über tausend Liter. Nicht besonders viel im Vergleich zu den Weingütern in Frankreich, aber genug, um mit der örtlichen Konkurrenz Schritt zu halten.«
»Das ist sehr erfreulich für Sie.«
»In der Tat. Wie Sie sehen, kann man ein Weingut viele Jahre erfolgreich führen - auch als Frau.«
Helena presste die Lippen zusammen. Kann sie nicht mal einen Satz von sich geben, der mich nicht verletzt?, dachte sie. Um Beherrschung bemüht, antwortete sie: »Unser Weingut bestand auch lange Jahre, und wenn nicht die Reblausplage über uns gekommen wäre, wovon ich Ihnen ja berichtet habe, dann würde ich es noch immer führen. Aber das Schicksal ist manchmal unerbittlich.«
»Schicksal!«, platzte Louise heraus. »Das Schicksal wird von Menschen gemacht!«
Bevor sie zu einer Tirade ansetzen konnte, erschien Adelaide, begleitet von Sarah und einem anderen Mädchen. Sie trugen Platten mit Fleisch und Gemüse sowie Getränke auf. Den köstlichen Duft konnte Helena allerdings nicht genießen, denn Louise musterte sie unablässig.
Als Sarah den Wein einschenken wollte, bemerkte Louise: »Für meine Schwiegertochter bitte Wasser. In ihrem Zustand sollte sie keinen Wein trinken. Ich kann nicht zulassen, dass dem Kind etwas geschieht.«
Auch diese Bemerkung traf Helena wie eine Ohrfeige. Als ob ich nicht selbst auf mein Kind aufpassen würde!, empörte sie sich insgeheim. Kann sie nicht einmal freundlich und nicht herablassend sein?
Als die Mädchen beiden Frauen Fleisch und Gemüse aufgelegt hatten, verließen sie den Raum.
Während des Essens herrschte ein frostiges Schweigen. Immer wieder schweifte Louises Blick zu Helena, die es vermied aufzusehen.
»Haben Sie sich bereits eingerichtet?«, fragte ihre Schwiegermutter schließlich.
»Bislang noch nicht.«
Louise zischte missbilligend.
Woher hätte ich Möbel nehmen sollen?, fragte sich Helena und versuchte dann, ein anderes Thema anzuschlagen.
»Wie ich gesehen habe, bauen Sie Müller-Thurgau an. Warum keine französische Sorte?«
Louises Lippen kräuselten sich. »Der Sauvignon, den mein Vater anbaute, hat schlechte Erträge gebracht. Ich war gezwungen, viele Stöcke durch eine weniger anspruchsvolle Rebe zu ersetzen. Es ist eine hervorragende Züchtung, die auf dem hiesigen Boden sehr gut gedeiht und ordentliche Erträge bringt.« Louise verstummte kurz, dann fuhr sie fort: »Mister Newman sagte mir, dass Sie im Kelterhaus waren.«
Helena griff nach ihrem Wasserglas, trank aber nicht. Sie musste ihre Nervosität überspielen. Wusste ich's doch, dass sie mit ihm geredet hat!, dachte sie. Wahrscheinlich hat er ihr noch mehr erzählt. »Ja, ich habe mir die Presse angesehen. Sehr eindrucksvoll.« Die wenigen Bissen, die sie hinuntergezwungen hatte, lagen ihr schwer im Magen.
»Und er sagte auch, dass Sie ihn um Arbeit ersucht haben.«
»Das hab ich tatsächlich.«
»Offenbar hat Ihnen Ihr Arzt nicht geraten, sich während der Schwangerschaft zu schonen.«
»Doktor Mencken hat mich für reisetauglich befunden und mir nur ans Herz gelegt, nicht zu schwer zu arbeiten.« Helena bemühte sich um einen leichten, unbekümmerten Ton, obwohl sie innerlich vor Wut kochte und ihrer Schwiegermutter inzwischen am liebsten jedes ihrer grauen Haare einzeln ausgerissen hätte. »Mister Newman hat Ihnen doch sicher erzählt, was ich vorgeschlagen habe?«
Louise blickte sie nur abschätzig an.
»Nun gut, ich hab mich erboten, die Reben auszudünnen. Das ist eine verhältnismäßig leichte Tätigkeit, die ich schon oft verrichtet habe. Jedenfalls oft genug, um zu wissen, wann es schadet und wann es sinnvoll ist, um die Erträge zu steigern. Und bevor Sie mir unterstellen, dass ich Ihnen schaden will, möchte ich klarstellen, dass dies nicht der Fall ist. Ich möchte nur meinen Beitrag leisten.«
Louise sagte noch immer nichts.
Verdammt, tu doch nicht so, als hättest du mich nicht verstanden!, dachte Helena verzweifelt.
»Sie sollten sich besser schonen«, erklärte Louise barsch. »Die Sorge um Ihre
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