Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
Vom Netzwerk:
wochenlang in den Mauern und Hallen«, klagte Milar. »Aber ich sehe keinen Drachen – und Zehava auch nicht.«
    Stronghold war in eine Vertiefung zwischen den Hügeln gebaut, die man nur durch einen langen Tunnel erreichen konnte, der durch die Klippen führte. Reiter tauchten aus dem Gang auf und ritten in den Außenhof. Die Tore in der Mauer, die den Haupthof schützten, waren aufgerissen worden. Andrade machte Chaynals dunkles Haupt und seine rote Tunika aus und fragte sich, ob Zehava und sein Drache ihm langsamer nachfolgten. »Gehen wir hinunter, und begrüßen wir sie«, schlug sie vor.
    »Eure Hoheit! Hoheit!« Milars Kammerherr empfing sie auf der Treppe. Seine schrille Stimme kratzte an Andrades Nerven. »Oh, kommt, kommt sofort, bitte!«
    »Wurde der Prinz beim Kampf mit dem Drachen verwundet?«, wollte Milar wissen. Sie beschleunigte ihren Schritt ein wenig, ohne jedoch übermäßig beunruhigt zu sein. Es wäre ein Wunder, wäre Zehava ohne einen Kratzer aus dem Kampf hervorgegangen.
    »Ich denke, ja, Euer Gnaden. Ich …«
    »Andrade!«, dröhnte Chays Stimme von unten aus der Halle herauf. »Verdammt, ihr müsst sie auf der Stelle finden!«
    Milar stieß den Kammerherrn beiseite und hastete die Stufen hinab. Andrade folgte ihr auf dem Fuße. Sie packte Chay am Arm, während Milar in den Hof hinausstürzte. »Wie schlimm?« Ihre Stimme klang angespannt.
    »Schlimm genug.« Er wich ihrem Blick aus.
    Andrade holte scharf Atem. »Dann bringt ihn hinauf. Vorsichtig. Und sucht Tobin und Rohan.«
    Sie eilte in Zehavas Suite zurück und bereitete das Bett für ihn vor. Er würde darin sterben, sagte sie sich traurig. Chay war kein Narr; er hatte genügend Schlachten ausgefochten, um eine tödliche Wunde zu erkennen, wenn er eine sah. Aber vielleicht würde Zehava bei sorgfältiger Pflege dennoch überleben. Andrade wollte die Hoffnung nicht aufgeben, doch als sie den Prinzen brachten und auf die weißen, seidenen Laken legten, wusste sie, dass Chay recht hatte. Sie entfernte Kleider und provisorische Verbände und konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken, als sie die entsetzliche Wunde in Zehavas Unterleib sah. Sie war sich kaum der Tatsache bewusst, dass Tobin neben ihr stand und Milar stumm und entsetzt vom Fußende des Bettes zusah. Verzweifelt arbeitete sie mit Wasser und sauberen Tüchern, mit schmerzstillenden Salben und Nadeln mit Seidenfäden. Aber sie wusste, dass alles vergebens war.
    »Wir hielten den Drachen schon für besiegt«, erzählte Chay heiser. »Er war unzählige Male verwundet – überall war Blut. Zehava holte zum tödlichen Schlag aus, und wir dachten … aber da waren die Zähne, die sein Pferd erwischten, und die Krallen, die ihn selbst aufrissen …« Chay brach ab, und sie hörten, dass er etwas schluckte. Andrade hoffte, dass der Wein für ihn stark genug wäre. »Wir konnten nur noch den Drachen von ihm vertreiben. Wir hoben ihn auf mein Pferd und – nach drei Längen mussten wir halten. Er hatte seine Eingeweide mit den Händen im Leib gehalten und hatte so getan, als wäre er nicht sehr schwer verwundet.«
    Andrade säuberte und vernähte die Wunde in dem Bewusstsein, dass diese Arbeit nutzlos war. Jetzt, da das Blut fortgewaschen war, konnte sie das furchtbare Werk der Drachenklauen genau erkennen: durch die Haut und das Fleisch hindurch direkt bis in die Muskeln und die dicken Windungen der Eingeweide selbst, die nicht nur freigelegt, sondern an manchen Stellen glatt durchtrennt worden waren. Sie konnte es Zehava so bequem wie möglich machen, konnte ihm seine Schmerzen erleichtern, aber schon in ein paar Tagen würde Rohan zum herrschenden Prinzen werden. Beim Gedanken an ihren Neffen sah sie sich um und stellte fest, dass er noch nicht eingetroffen war.
    »Wir säuberten ihn und haben ihn verbunden, so gut wir konnten«, fuhr Chaynal fort. »Dann sind wir hierhergekommen, so schnell wir es wagten. Er hat kein einziges Wort gesagt, nicht einmal die Augen aufgeschlagen.« Die Stimme des jungen Herrn brach vor Kummer. »Tobin, vergib mir …«
    Die Prinzessin wandte sich kurz von ihrer Arbeit an Andrades Seite zu ihm um. »Du hast getan, was du konntest, Geliebter.« Mit einer Hand rieb sie sich die Augen.
    Andrade war fast fertig damit, die Haut zu nähen. Sie arbeitete sehr schnell, ohne daran zu denken, wie es verheilen würde, denn sie wusste, dass dies für Zehava nicht mehr zählte. Tücher mit einer schmerzstillenden Lösung wurden aufgelegt, und abschließend wickelte

Weitere Kostenlose Bücher