Sonnenlaeufer
immer ein beliebter Favorit, sowohl wegen seines persönlichen Charmes als auch wegen seiner Gewohnheit zu siegen, und die Zuschauer hielten den Atem an, als Akkal den Abstand verringerte. Die beiden Pferde blieben über eine Strecke von mehr als zwei Dritteln einer Länge nebeneinander. Plötzlich wurde ein Arm in Weiß, mit rostroten Streifen und Ossetias dunklem Grün ein-, zweimal erhoben, eine Peitsche landete mit grausamer Kraft auf dem Hinterteil des Grauen. Chays Hände ließen die Zügel niemals los, aber Akkals Schritte wurden ausgreifender, bis es aussah, als würde er fliegen. Als die gelbe Fahne endlich gesenkt wurde, erhob sich rund um die Rennbahn ein Brüllen –, denn fast alle hatten auf Chay gesetzt und gewonnen.
»Also dann«, meinte Andrade erfreut. »Die Seide war mir ja zeitweise nicht ganz sicher.«
»Wenn die Damen mich jetzt entschuldigen wollen. Ich werde einen Blick auf diesen Grauen werfen und sehen, ob er heute Nachmittag noch in Form sein wird für seine Rache.«
Rohan traf Chay auf dem Weg zurück zum Sattelplatz, wo Akkal bewegt wurde und wo er sich dann für das Schlussrennen ausruhen sollte. Der Herr von Radzyn war abgestiegen und erging sich in einigen einfallsreichen Beschreibungen seines Gegners.
»Weißt du, was dieser Hurensohn getan hat?«, fragte er Rohan wütend. »Er hat Akkal mit seiner Peitsche geschlagen, mitten im dritten Feld, wo ihn niemand sehen konnte! Ich habe Akkal niemals auch nur die Sporen gegeben, und er hatte den Nerv …!« Zärtlich streichelte er den schlanken Hals des Hengstes.
»Ich habe es nicht gesehen«, gab Rohan zu. »Aber ich habe mir den Grauen gerade eben angesehen. Du wirst ihn im letzten Rennen schlagen, Chay. Kein Problem.«
»Ihn schlagen?« Chays Augen blitzten. »Er wird an unserem Staub ersticken!« Ein Knecht näherte sich, und Chay übergab ihm Akkals Zügel mit präzisen Anweisungen für die Pflege des Hengstes, was für den Knaben offensichtlich eine Beleidigung bedeutete. Als sie an den Sattelplätzen entlangschritten, erklang das Signal zum zweiten Rennen, und Chay lächelte verbissen beim Anblick einer seiner Lieblingsstuten, die eifrig tänzelnd der Bahn zustrebte. »Reze hat in diesem Rennen auch eine Stute gemeldet«, sagte er. »Ich hoffe, er wird sich daran gewöhnen, gegen mich zu verlieren. Aber ist das nicht Ostvel da drüben, mit Eliziel?«
»Ich lasse ihn im vierten Rennen starten. Er wollte Eindruck auf Camigwen machen.« Rohan zwinkerte dem Freund zu. »Das ist nicht ungewöhnlich für einen verliebten Mann.«
»Als Nächstes reitest du wohl noch selber!«
»Weißt du was? Die Idee ist gar nicht übel.«
»Sei nicht albern. Prinzen starten nicht bei diesen Rennen!«
»Nein?« Er rief einen seiner Stallknechte zu sich. »Wie geht es Pashta heute?«
»Gut, Herr. Welches Rennen habt Ihr Euch denn gedacht?« Der Mann grinste.
»Brochwell Bay, um die Smaragde«, erwiderte er leichthin und wartete darauf, dass Chay explodierte. Der enttäuschte ihn auch nicht.
»Du bist vollkommen verrückt!«
»Ich werde mich augenblicklich darum kümmern, Herr«, versprach der Knecht. »Darf ich mir erlauben zu sagen, dass ich mich freue, dass Ihr Euch zur Teilnahme entschlossen habt?«
»Das darfst du nicht«, fuhr Chay ihn an und drehte sich dann zu seinem Schwager um. »Mach Eindruck auf das Mädchen, wenn du musst, aber riskiere dabei nicht deinen Hals! Es gibt keine Frau auf der Welt, die dir dankbar ist, wenn du mit gebrochenen Beinen oder Schlimmerem zur Hochzeitsnacht erscheinst.«
»Was ich zu meiner Hochzeitsnacht bringe, wird perfekt funktionieren«, widersprach Rohan.
»Oh, wundervoll.« Chays Stimme war reinster Hohn.
»Das werde ich allen erzählen, während du nach Brochwell Bay und zurück reitest, mit ganzen Längen dazwischen, bei denen niemand ein Auge auf dich haben kann – Rohan, hast du eigentlich kein Wort von dem mitbekommen, was wir gestern besprochen haben?«
»Ich reite, und damit Schluss«, erklärte der, wandte sich um und sah sich Prinzessin Ianthe Auge in Auge gegenüber. Kühl und lieblich in einem lavendelfarbenen Gewand mit Silberschmuck war sie sicher nicht zu den Sattelplätzen gekommen, um die Pferde zu bewundern, und das wussten sie beide.
»Es war ein aufregendes Rennen, Lord Chaynal«, lobte sie anmutig. »Eure Gemahlin wird in dem Rubinschmuck prächtig aussehen.«
»Wie ich hörte, seid Ihr verantwortlich für diese Neuerung«, ließ sich Rohan vernehmen.
»Entschuldigt
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