Sonnenlaeufer
ihren Lichtläufern gestattet, mit Löchern in ihren Kleidern herumzulaufen«, sagte er sanft, obwohl sich sein ganzer Körper vor Wut zusammenkrampfte. Es war eine Sache, wenn seine eigenen Leute bei seiner Verteidigung verletzt wurden; es war etwas ganz anderes, wenn das Blut eines Lichtläufers vergossen wurde.
»Nur ein Kratzer, Herr.« Meath zog ein bösartig blinkendes Wurfmesser hervor. Die gläserne Klinge blitzte im Schein der beschworenen Flamme. »Ich bin stark genug, so dass kein Schaden angerichtet worden ist«, fügte er hinzu.
Rohan räusperte sich. »Dann kommt in mein Zelt. Mein Knappe wird Euch versorgen, wenn es nichts Ernstes ist. Mir wäre es lieber, wenn Andrade nichts davon erfährt.« Er wandte sich an Chay. »Und kein Wort zu Tobin oder sonst jemandem, bitte. Meath hat recht – ich bin nicht übermäßig erstaunt, abgesehen von der Tatsache, dass ein Sohn des Merida-Geschlechts verantwortlich ist.«
»Wovon sprichst du?«, wollte Chay wissen.
»Komm mit, dann zeige ich es dir. Und lass den hier«, sagte er und wies mit dem Kopf auf den Merida. »Es würde zu viel Mühe machen, ihn gefangen zu halten, und ich wünsche, dass er lebt und seinen Brüdern erzählt, dass sein Versuch fehlgeschlagen ist.«
Auf Umwegen gelangten die drei Männer zu Rohans Zelt, wo Walvis augenblicklich aus einem leichten Schlaf erwachte. Er riss die Augen auf, als Meath aus seinem Hemd schlüpfte und den Messerstich zeigte, und dann untersuchte er sofort Rohan, um sich zu vergewissern, dass sein Herr nicht ähnliche Löcher davongetragen hatte. Während der Knabe die Wunde säuberte und verband, wie es alle Knappen in Stronghold von Prinzessin Milar lernten, suchte Rohan in seinen Satteltaschen nach dem anderen Messer und präsentierte es schweigend Chay.
»Wann?«, erkundigte sich der Ältere.
»Auf dem Weg hierher. Zwei Messer haben mich verfehlt. Ich glaube, das andere ist im Fluss gelandet, aber dieses hier steckte im Schlamm am Ufer. Merida«, fügte er überflüssigerweise hinzu.
»Das kann ich selbst sehen!«, grollte Chay. »Warum hast du niemandem davon erzählt?«
Rohan zuckte die Achseln.
»Manchmal bist du der dümmste …«
»Was hätte ich denn deiner Meinung nach tun sollen? Wenn ich nicht wollte, dass Andrade oder Tobin sich Sorgen machten – oder du.«
»Was ist mit den Merida?«
»Ich würde lieber herausfinden, welches Spiel sie spielen, als sie an diesem Punkt zu stören.«
Chay holte Luft, um zu explodieren, aber Meath, dessen Wunde jetzt unter einem Verband unsichtbar war, sprach zuerst. »Ihr werdet gut bewacht, Herr, wie Ihr wohl wisst. Ich halte Euren Entschluss, im Augenblick nichts zu unternehmen, für ausgesprochen weise.«
Walvis hatte sich umgedreht, um Rohan einen Blick reinsten Vorwurfs zuzuwerfen. »Warum habt Ihr nichts gesagt, Herr?«
»Schon gut, Walvis«, meinte Chaynal. »Du und ich, wir wissen beide, dass er immer nur tut, was er will, ohne an irgendjemanden sonst zu denken. Nun gut, Rohan, nachdem so viele Augen über dich wachen, bist du wohl sicher genug, denke ich. Hat es Sinn zu fragen, ob du eine Vorstellung hast, was der Grund dafür ist?«
»Ein paar.«
»Aber du nennst sie nicht.« Chay seufzte.
Rohan lächelte. »Meath, wenn Ihr Euch von Eurem Andenken trennen könnt, würde ich es gern eine Weile aufheben.«
Der Faradhi reichte ihm das Messer, und Rohan betastete den Schaft. »Sie künden ihre Anwesenheit an«, grübelte er. »Dieses Messer geziemt einem Prinzen – schaut nur, all die Juwelen. Selbst wenn es nicht aus Glas wäre …«
Meath zögerte. Dann sagte er: »Das ist nur gut, Herr. Es ist nur ein Gerücht, und ich kenne niemanden, der es ausprobiert hätte – aber es heißt, dass Lichtläufer, die durch Stahl verwundet werden, ihre Kräfte nicht kontrollieren können.«
Chay runzelte die Stirn. »Ich kann verstehen, dass das nur ein Gerücht ist. Es gibt eine ganze Reihe Menschen, die sich dafür interessieren würden –, wenn es stimmt.«
Meath zuckte mit den Achseln und fuhr leicht zusammen, als seine verletzte Schulter sich meldete. Rohan deutete auf die Tür. »Kehrt zurück in Euer Zelt, und ruht Euch aus. Ich verdanke Euch mein Leben, Meath.«
»Sie haben nicht ernsthaft versucht, es Euch zu nehmen, Herr, weder heute Nacht noch damals. Wenn sie es ernst gemeint hätten, dann wäret Ihr jetzt tot.« Meath verbeugte sich und verließ sie.
»Er hat recht, weißt du«, meinte Chay. »Drei Merida-Messer, das sind drei Warnungen.
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