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Sonnenlaeufer

Sonnenlaeufer

Titel: Sonnenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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mich«, unterbrach Chay, »einer meiner Stallknechte macht mir ein Zeichen.«
    Rohan sah sich um, konnte jedoch nichts dergleichen entdecken und warf Chay einen mordlüsternen Blick zu. Der andere grinste jedoch nur und ließ ihn mit der Prinzessin allein.
    »Amüsierst du dich gut, Vetter?«, fragte sie ihn.
    »Mehr als beim letzten Mal, ehe ich ein richtiger Prinz geworden bin«, antwortete er geradeheraus, und sie kehrten zu den Tribünen zurück.
    Sie errötete, und das Ergebnis war faszinierend. »Das muss anstrengend für dich sein.«
    »Ich bin sicher, du machst als unverheiratete Prinzessin dasselbe durch.«
    »Ich sehe in der Hauptsache Abgesandte«, erwiderte sie und blickte auf ihre Hände hinab. »Aber für mich kommt kein Mann in Frage, der sich nicht einmal die Mühe macht, mich persönlich aufzusuchen.« Sie war kleiner als Sioned, und als sie zu ihm aufblickte, lagen ihre schweren dunklen Wimpern wie dichte Schleier vor ihren Augen. »Es ist ein wenig so, als würde man auf dem Markt feilgeboten.«
    »Ein wenig«, stimmte er zu. »Darf ich dich zu deinen Schwestern begleiten? Beim nächsten Rennen nimmt eines meiner Pferde teil, und ich möchte gerne zusehen.«
    So kam es, dass er, als Sioned ihn an diesem Tag zum ersten Mal sah, Ianthe zu einem Platz geleitete, wobei ihre Fingerspitzen elegant auf seinem Handgelenk ruhten. Rohan erkannte sofort, dass er etwas getan hatte, was gleichzeitig schlau und dumm war. Es war von Vorteil, in der Öffentlichkeit mit Roelstras Töchtern gesehen zu werden, wie er seine Aufmerksamkeit zwischen ihnen teilte. Aber er hatte persönlich einen Fehler gemacht, indem er sich selbst in eine Position gebracht hatte, wo er sie direkt mit Sioned vergleichen konnte. Die war zwar weniger schön, weniger königlich, weniger elegant – und doch war sie die einzige Frau, die er begehrte.
    »Da bist du ja endlich!«, rief Tobin fröhlich, als er sich setzte. »Ist Chay noch heil? Ich nehme an, er wird den ganzen Tag mit Akkal statt mit mir verbringen. Es ist leicht zu sehen, wen von uns beiden er mehr schätzt. Aber ich habe eine wundervolle Zeit mit unseren Cousinen verbracht, und es ist so angenehm, nicht in der prallen Sonne sitzen zu müssen. Wie nett von Prinz Lleyn, so für unsere Bequemlichkeit zu sorgen!«
    So ging es noch ein Weilchen weiter, und Rohan segnete sie, weil sie sich seinetwegen in ein Plappermaul verwandelte. Sioned saß kühl und schweigsam da, ihr Rücken steif und ihr Gesicht wie aus Stein gemeißelt. Sie trug ein rostfarbenes Leinengewand und keinen Schmuck außer ihren Lichtläuferringen und dem Smaragd. Er konnte nicht umhin zu lächeln, als er den Ring bemerkte, und wandte sich hastig von ihr ab und Pandsala zu.
    Die erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken, und im Gegensatz zu ihrer Schwester Ianthe errötete sie auch nicht. Er machte eine höfliche Bemerkung zum Wetter; sie antwortete mit einem höflichen Nicken. Er erkundigte sich, ob ihr die Rennen Spaß machten; sie nickte erneut und starrte auf die Rennbahn. Rohan wurde langsam zornig. Er hatte Besseres als das verdient und war schon fast entschlossen, es sich zu holen, als er begriff, dass das genau das war, was Pandsala wollte. Die Erkenntnis, dass seine kluge Wenigkeit von diesem Mädchen fast überlistet worden wäre, amüsierte und irritierte ihn. Pandsala mit ihrer gespielten Gleichgültigkeit und Ianthe mit ihrem offensichtlichen Interesse waren ein starkes Paar. Ganz plötzlich fragte er sich, ob Andrade seine Reaktion wohl vorhergesehen und Sioned geschickt hatte, um jeglichen Reizen entgegenzuwirken, die die Prinzessinnen auf ihn ausüben mochten. Gewiss war er heute zweimal nahe daran gewesen, seine mögliche Lebenserwartung zu vergessen, wenn er eine der beiden ehelichte. Aber der Gedanke an Sioned hielt ihn von jeglicher Gefahr fern.
    Sein Pferd in diesem Rennen ging als zweites ins Ziel. Während der nächsten Pause und dem folgenden Rennen teilte er seine Aufmerksamkeit zwischen seiner Schwester und den beiden Prinzessinnen und ignorierte Sioned vollkommen. Sie schien dies überhaupt nicht zu bemerken.
    An Ianthe gewandt sagte er: »Ich setze große Hoffnungen in mein Pferd im vierten Rennen. Da ist es ja – die Stute heißt Eliziel, was so viel wie ›Wolkenfuß‹ in der alten Sprache bedeutet.«
    »Sie ist wunderschön«, erwiderte Ianthe herzlich. »Interessierst du dich für die alte Sprache, Vetter?«
    »Nur bedingt. Hauptsächlich, wenn es um Namen für meine

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