Sonnenlaeufer
großen Grauen da drüben. Das ist das einzige Pferd im ganzen Feld, das Beine hat.«
»Willst du auf ihn wetten?« Chay grinste und tätschelte Akkals Hals.
»So schnell sieht er nun auch wieder nicht aus!« Rohan wandte den Kopf, als die Trompete zum ersten Rennen rief. »Da ist das Signal. Es ist eine schnelle Bahn, aber ich glaube, im zweiten Drittel habe ich ein schwieriges Stück gesehen.«
»Danke. Geh und halte Tobin die Hand, und erinnere sie daran, dass ich in meinem ganzen Leben noch nie vom Pferd gefallen bin.«
»Blesandin hat dich vor zwei Jahren abgeworfen.«
»In dem Biest steckte der Teufel, und außerdem war ich damals betrunken.«
Rohan lachte und sah zu, wie Chay Akkal auf seinen Startplatz lenkte. Er wusste, ihm blieb noch einige Zeit bis zum Start des Rennens, und er konnte seine eigenen Pferde inspizieren. Chaynal züchtete seine Tiere aus geschäftlichen Gründen, aber Rohan hatte beschlossen, das Rennen rein aus Spaß mitzumachen. Er rief seine Knechte um sich zusammen und erteilte die letzten Anweisungen. Auf einmal sah er Ostvel, der sich am Rand der Gruppe aufhielt und ein trauriges Gesicht machte.
Rohan winkte ihn zu sich. »Deine Gedanken stehen dir ins Gesicht geschrieben«, bemerkte er lächelnd.
»Ich weiß«, erwiderte der junge Mann traurig. »Herr, ich wollte eigentlich nicht fragen, aber …«
»Siehst du den Apfelschimmel da drüben? Die Stute heißt Eliziel und ist selbst an ihren besten Tagen schon schwierig, also sei vorsichtig. Du wirst im vierten Rennen meine Farben tragen.«
Ostvels Augen leuchteten, und einen Moment lang sah es so aus, als würde er aus Dankbarkeit auf ein Knie niedersinken. Doch die Vernunft siegte über das Gefühl, sehr zu Rohans Erleichterung. »Dank Euch, Herr! Sie ist eine Schönheit! Ich werde das Rennen für Euch gewinnen, das verspreche ich!«
»Das möchte ich dir auch geraten haben«, drohte Rohan scherzhaft. Er benannte die anderen und schritt dann zu den königlichen Logen hinüber. Es machte Spaß, ein herrschender Prinz zu sein, wenn man damit anderen Menschen eine Freude machen konnte, so wie er es gerade bei Ostvel getan hatte. Er hielt nach Andrades blonden Haaren Ausschau und stieg dann zu den Plätzen hinauf, wo sie mit Camigwen saß.
»Guten Morgen, meine Damen«, grüßte er, als er neben seiner Tante Platz nahm. »Wo ist Tobin?«
»Bei Sioned und den reizenden Töchtern des Hoheprinzen«, erwiderte Andrade.
»Oh.« Er wollte gar nicht daran erinnert werden, dass die Prinzessinnen existierten, und schon gar nicht wollte er sich Gedanken darüber machen, welches Gift sie mit ihren Bemerkungen gegen Sioned verspritzen würden. »Sagt mir, Tante, beabsichtigt Tobin, sich gut mit ihnen zu amüsieren?«
»Ich möchte das nicht ausschließen, Herr«, erklärte Camigwen mit funkelnden Augen. »Von ihr kann man einiges lernen.«
»Dem stimme ich zu – aber die Lektionen waren recht schmerzhaft, bis ich größer war als sie.«
»Hast du noch immer die Narbe, wo sie dich gebissen hat?«, erkundigte sich Andrade belustigt.
»Bis ans Ende meiner Tage. Aber verrate mein Geheimnis nicht, Camigwen – mein Knappe denkt, ich hätte sie im Kampf erworben, und verbreitet überall, wie tapfer und mutig ich bin.«
»Da ich Eure Schwester kenne, denke ich, Euer Knappe hat recht!«, erklärte sie lachend.
Andrade deutete auf die Rennbahn. »Da ist Chay. Besser, er gewinnt dies Rennen – ich habe mit Lleyn um ein 100-l-Faß Wein gegen eine halbe Länge seiner besten Seide gewettet.«
»Dann plane nur schon deine neue Garderobe«, meinte Rohan.
Jervis, Stadtherr von Waes, hatte die Ehren des Starters auf seinen ältesten Sohn Lyell übertragen. Der Knabe war ein schlaksiger Sechzehnjähriger, stand aber groß und stolz auf der Plattform und hielt die leuchtendgelbe Flagge hoch. Die Pferde nahmen Aufstellung, und selbst inmitten des Durcheinanders aus bunter Seide war es leicht, Chays Rot und Weiß zu erkennen, besonders, nachdem die Fahne gesenkt wurde und Akkal sofort die Führung übernahm.
Das erste Rennen ging über drei Längen und war eine Herausforderung für Herz, Lunge und Beine. Das Äquivalent würde als letztes Rennen des Tages gelaufen werden; dieselben Pferde und Reiter mussten dann noch einmal über dieselbe Distanz gehen, wodurch die möglichen Käufer einen ausgezeichneten Eindruck von den Eigenschaften jedes der Tiere bekamen. An der Marke überholte Lord Rezes Grauer Akkal, und die Menge stöhnte auf. Chay war
Weitere Kostenlose Bücher