Sonnenstürme
SAREIN
Der Flug von der Erde nach Theroc dauerte nicht lange, aber Sareins Widerstreben, den Flüsterpalast zu verlassen, verzögerte die Heimkehr. Sie fühlte sich wie eine Frau, die sich anschickte, einen schwer verletzten und schrecklich entstellten Geliebten im Krankenhaus zu besuchen. Persönliche und politische Verpflichtungen zwangen sie zu der Reise, aber tief in ihrem Herzen wünschte sie sich, Theroc so wie früher im Gedächtnis behalten zu können.
Doch Basil hatte darauf bestanden. »Wenn du die neue Mutter von Theroc bist… Denk nur daran, welche Vorteile du der Hanse bieten könntest. Wenn die Theronen in den Schoß der menschlichen Familie zurückkehren und die verräterischen Roamer endlich spuren… Das wird ein großer Tag für uns alle sein.«
Aber Sarein konnte nicht einfach auf Theroc erscheinen und den Titel der theronischen Mutter verlangen. Sicher war es möglich, Veränderungen einzuleiten, von denen sowohl ihre Heimatwelt als auch die Hanse profitieren würden. Die Theronen kannten und schätzten ihre Oberhäupter, aber Sarein war zu lange fort gewesen. Selbst als sie noch auf Theroc gelebt hatte: Es war ihr nie gelungen, bei ihrem Volk große Achtung zu erlangen. Sie hatte kaum Zeit mit grünen Priestern verbracht und hörte nicht den Ruf des Weltwaldes. Alle würden ein Werkzeug der Hanse in ihr sehen.
Und Basils Absicht, den Theronen ihre Unabhängigkeit zu nehmen, weckte Unbehagen in Sarein. Sie begriff allmählich, dass er jetzt mehr Macht über sie hatte als sie über ihn. So schwer es ihr auch fiel, es zuzugeben: Sie war halb in Basil verliebt und hatte ihn nicht zurücklassen wollen.
Schließlich rief der Captain des Raumschiffs sie ins Cockpit. »Wenn Sie hierher kommen, Botschafterin, können Sie Theroc durchs vordere Aussichtsfenster sehen. Ich dachte mir, Sie möchten einen Blick auf Ihre Heimat werfen.«
»Ich bin gleich da.«
Eigentlich lag ihr gar nichts daran, Theroc zu sehen, aber sie trat trotzdem ins Cockpit des diplomatischen Schiffes und blickte auf die wolkenverhangene Kugel hinab, auf der sie geboren war. Sie sah die Kontinente und dachte daran, dass sie mit der irdischen Geographie vertrauter war als mit der theronischen. Wie sollte sie über diesen Planeten regieren? Sie fühlte sich dieser Aufgabe kaum gewachsen.
Normalerweise wären Therocs Kontinente grün gewesen, vom Blau der Meere voneinander getrennt, aber Sarein bemerkte viele dunkle Flecken. In gewisser Weise war sie froh, dass Estarra sie nicht begleitete…
Zwar hatten sie einige der Tragödien in jüngster Zeit gemeinsam erlebt, aber Sarein begegnete ihrer Schwester nur selten – ein Fehler, wie ihr jetzt klar wurde. Sie war auf ihre eigenen politischen Aktivitäten und Pflichten konzentriert gewesen, während die Königin nicht nur eine große Schar von Bediensteten und Beratern hatte, sondern auch die Zuneigung des Königs genoss. Doch das rechtfertigte Sareins Versäumnisse nicht. Sie hätten Freundinnen sein sollen, Verbündete… Schwestern.
Bevor Sarein die Erde verlassen hatte, waren die beiden jungen Frauen durch den Farngarten des Flüsterpalastes gewandert, vorbei an fedrigen Farnwedeln, hellgrün im Sonnenschein. Sie hatten darüber gesprochen, wie das Leben damals während ihrer Kindheit gewesen war: einfacher, voller Zuversicht, unschuldig.
Es besorgte Sarein auch ein wenig, Estarra und König Peter schutzlos zurückzulassen. Sie versuchte sich einzureden, dass der Mordanschlag ein Bluff von Basil gewesen war, der Peter in seine Schranken weisen sollte, aber immer wieder regten sich Zweifel in ihr.
Estarra blieb neben einem der in Töpfen wachsenden Weltbaumschösslinge stehen und betrachtete ihn geistesabwesend. »In gewisser Weise beneide ich dich. Ich habe noch immer das Gefühl, nach Theroc zu gehören.«
Sarein strich mit den Fingern über den weichen Wedel eines Farns. »Manchmal erscheint es mir einfacher, wenn wir beide die Plätze tauschen würden. Du könntest dorthin zurückkehren, wo du sein möchtest, und ich hätte die Möglichkeit, auf der Erde zu bleiben.«
Die Königin lachte überrascht. »Auch wenn du meine Schwester bist, Sarein: Meinen Mann gäbe ich nicht auf. Ich liebe Peter wirklich.«
»Ja, ich weiß. Das ist offensichtlich.«
Sie standen nebeneinander, betrachteten den Schössling und dachten an den verbrannten Weltwald. Estarra selbst hatte diesen kleinen Baum als Geschenk für den Vorsitzenden mitgebracht, als sie zur Erde gekommen war, und
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