Sonnenstürme
Nahton nutzte ihn oft für die Telkontakt-Kommunikation.
Sarein legte ihrer Schwester den Arm um die Schultern. »Es ist eine Ironie des Schicksals, dass jede von uns für die Aufgabe der anderen besser geeignet wäre. Würdest du wirklich lieber nach Theroc zurückkehren, obwohl dort so viel verbrannt ist?«
»Dann könnte ich die Heimat mehr lieben als jemals zuvor.«
Sarein zupfte spielerisch an einem von Estarras sorgfältig geflochtenen Zöpfen, wie damals, als sie noch Kinder gewesen waren. Die königlichen Wächter, die sie immer diskret beobachteten, waren zweifellos entsetzt über das respektlose Verhalten der Botschafterin, aber das kümmerte Sarein nicht.
»Komm mit mir, Estarra. Du kannst mir beim Packen helfen.«
Der Captain steuerte das diplomatische Schiff in die Umlaufbahn, traf dann Vorbereitungen für den Landeanflug und sah auf die Anzeigen der hochauflösenden Scanner. »Hier scheint sich einiges verändert zu haben. Viel Verkehr in der Luft, im Orbit und auf dem Boden. Ich dachte, Theronen betreiben keine große Raumfahrt.«
Sarein runzelte die Stirn. »Da haben Sie Recht.«
Ein gestresst klingender Mann übermittelte Landeanweisungen. »Wir haben keinen Raumhafen und benutzen eine weite Lichtung. Dort können Sie landen, wenn Ihr Schiff nicht zu groß ist.«
»Nein, es ist nicht besonders groß«, antwortete der Captain – Manta-Kreuzer waren schon auf den Lichtungen im Wald gelandet. »Ich komme zurecht.«
Sarein bereitete sich auf das vor, was sie nun erwartete. Als das Schiff unter die Wolken sank, sah sie die vielen Brandwunden im einst so dichten Weltwald. Noch immer ragten zahllose Weltbäume weit und grün auf, aber Sarein erschrak beim Anblick der vielen schwarzen, verkohlten Stellen.
Dutzende von kleineren Schiffen und schwere Zugmaschinen waren im Wald unterwegs und bemüht, Ordnung zu schaffen. Überrascht sah Sarein, wie umgestürzte Bäume fortgezogen wurden und Bulldozer Stützwälle und Dämme errichteten. Netze erstreckten sich in den offenen Bereichen, um während starker Regenfälle den Boden zu stabilisieren. Sarein fragte sich, warum Basil sie nicht darauf hingewiesen hatte, dass Hilfsgruppen von der Erde auf Theroc arbeiteten.
Als sie genauer hinsah, fiel ihr auf, dass die unterschiedlichen Aktivitäten nicht so organisiert waren, wie man es von der TVF erwarten durfte. Das irdische Militär neigte immer dazu, alles in geraden Linien und in Gittern anzuordnen. In diesem Fall schienen die einzelnen Arbeiten unabhängig voneinander stattzufinden; die Gruppen standen nicht direkt in Verbindung, folgten nur einem allgemeinen Plan.
Die Zugmaschinen brachten gewaltige Baumstämme zu einem Transportschiff, dessen Außenhülle viele Kratzer und Dellen aufwies, was auf jahrzehntelangen Einsatz hinwies. Das Schiff schien als Asteroidenschlepper konzipiert zu sein, doch jetzt nahm es Baumstämme auf, um sie… ins All zu bringen.
Als das diplomatische Schiff zur Landung ansetzte, sah Sarein einzelne Personen auf dem Boden, und tief in ihr verkrampfte sich etwas. »Das sind Roamer!«
»Sieht so aus, Botschafterin«, erwiderte der Captain.
Sofort erwachte Ärger in Sarein – sie wusste, was Basil von dieser Sache gehalten hätte. »Ich schätze, sie verfügen jetzt über jede Menge Zeit, nachdem sie den Handel mit der Hanse eingestellt haben. Während meine Welt daniederliegt, kommen sie herangeschlichen und schnappen sich unsere Ressourcen.«
Sie erinnerte sich an die Vorträge des Vorsitzenden, an die öffentlichen ebenso wie die privaten. Sie kannte die sehr einseitigen Berichte in den Medien der Hanse, in denen die Clans als egoistisch, halsstarrig und widerspenstig dargestellt wurden. Als Botschafterin fühlte sich Sarein verpflichtet, Basil beizupflichten und ihn zu unterstützen.
Sie beugte sich näher zum Fenster. »Warum bringen sie all das Holz fort?«
Der Captain richtete einen sanften Blick auf sie. »Vielleicht sind die Roamer nur gekommen, um zu helfen, Botschafterin. Ich sehe nicht viele TVF-Angehörige, die dort unten an der Arbeit sind.«
»Roamer, die ohne irgendwelche Hintergedanken helfen? Wohl kaum.« Und wenn die Roamer auf Theroc Hilfe leisteten – warum hatten Nahton und die anderen Priester die Hanse nicht über die hiesigen Vorgänge informiert? Sie waren doch wichtig!
Sie wusste nicht, welches Spiel die Clans hier trieben und was Sprecherin Peroni mit ihren grundlosen Vorwürfen gegen die TVF zu erreichen hoffte. Cesca Peroni musste
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