Sonnenstürme
mit Rossia noch mit irgendeinem TVF-Offizier sprechen. Sein Entschluss stand fest. Er sah keine andere Wahl, als den Dienst zu quittieren und seine – eher vagen, wie er meinte – Verpflichtungen dem Militär gegenüber als erledigt zu betrachten.
Wenn er schließlich auf dem Friedhof der Weltbäume stand, Asche und Ruß roch wie das Blut der verbrannten Bäume… Der Schmerz würde wie mit Rasiermessern durch seine Seele schneiden. Trotzdem wusste Yarrod, was es zu tun galt.
Allein in seiner kleinen Kabine schöpfte er Kraft aus der stummen Kommunikation mit dem Schössling. Bevor der Manta-Kreuzer die Erde erreichte, ging Yarrod mit zielstrebigen Schritten zur Brücke, um Commander Tamblyn seine Entscheidung mitzuteilen.
19 BASIL WENZESLAS
Die Neuigkeiten über Ptoro sollten erst am nächsten Tag offiziell bekannt gegeben werden, aber Basil hatte bereits eine Meldung von den grünen Priestern der Kampfgruppe erhalten. Hier auf der Erde musste er dafür sorgen, dass jene Leistung eine möglichst große Wirkung erzielte. Der Vorsitzende konnte nicht alles allein schaffen, obwohl er nie Schwäche zeigte, nicht einmal seinem Stellvertreter gegenüber.
Seit einem Jahr bereitete er Eldred Cain darauf vor, einmal zu seinem Nachfolger und Erben zu werden. Cain war kurz vor Beginn der Hydroger-Krise in die Pyramide des Hanse-Hauptquartiers gekommen, doch Basil hatte ihn noch nie privat, außerhalb der Geschäftsstunden besucht. Es ging Basil nicht darum, eine freundschaftliche Beziehung zu seinem Stellvertreter zu schaffen, aber er wollte Einzelheiten aus Cains Leben kennen lernen. Seine Untergebenen durften keine Geheimnisse vor ihm haben.
Zwar war es schon spät, doch Basil rief Cain nicht zu sich ins Penthouse, sondern brach auf, um ihn in seinem eigenen Revier zu besuchen. Natürlich trug er makellose Kleidung, wie bei einer Tagung des Handelsrats der Hanse. Für den Vorsitzenden gab es nur offizielle Anlässe.
Sein blasser Stellvertreter empfing ihn an der Tür und trug ein bequemes Hemd aus glattem Stoff. Eldred Cain war achtunddreißig Jahre alt, schlank und schmächtig. Er hatte völlig haarlose Haut, was entweder auf eine sorgfältige Depilation oder eine Form von Alopezie hindeutete.
Cain wirkte nicht überrascht, als er Basil hereinwinkte. »Willkommen bei mir zu Hause, Vorsitzender. Wünschen Sie ein geschäftliches Essen – ich könnte uns etwas bestellen –, oder beschränken wir uns auf Drinks?«
»Ich trinke keinen Alkohol, wenn geschäftliche Dinge besprochen werden.«
Cain bedachte ihn mit einem unerträglichen glückseligen Lächeln. »Ich habe immer ein wenig Kardamomkaffee, für den Fall, dass Sie einmal zu Besuch kommen.«
In Basils Penthouse gewährten Fenster einen prächtigen Blick auf die Skyline, aber Cain hatte eine interne Wohnung gewählt, ohne Fenster. Basil erinnerte sich an ein absurdes Gerücht, das ihm einmal zu Ohren gekommen war und seinen sonderbaren Stellvertreter als Vampir bezeichnet hatte. Auf die Frage nach seiner seltsamen Vorliebe hatte Cain geheimnisvoll geantwortet: »Räume ohne Fenster bieten mehr Platz an den Wänden.«
Als Basil nun Cains Wohnung betrat, sah er den Grund. Kunst bedeckte die Wände, von kleinen Skizzen bis hin zu großen Gemälden: Porträts von inzüchtig wirkenden Adligen, zwei fast identische Darstellungen der Kreuzigung, Bilder der klassischen Mythologie, einfache Darstellungen des bäuerlichen Lebens im Mittelalter. Jedes einzelne Werk wurde liebevoll präsentiert, perfekt mit indirekter Beleuchtung und mit einem Sitzplatz in der optimalen Betrachtungsdistanz.
»Kennen Sie die Werke von Velazquez, Vorsitzender? Dies sind Originale aus dem siebzehnten Jahrhundert. Von unschätzbarem Wert.«
»Kunstgeschichte gehörte nie zu meinen besonderen Interessen.«
Basils Stellvertreter zeigte für ihn untypischen Überschwang. »Ein Meister des Realismus und der Täuschung. Velazquez hatte einen ausgeprägten Sinn für Ironie und verspottete die von ihm verabscheuten banalen Adligen, ohne dass sie es merkten.« Im Lauf der Jahre hatte Cain den größten Teil seiner Einkünfte dafür verwendet, Velazquez’ Skizzen und Gemälde zu erwerben, die meisten vom Prado in Madrid. »Ich kann sie mir stundenlang ansehen. Ich werde nicht müde, die Gestaltung zu betrachten, die Farben.«
Basil wusste Qualitätsarbeit zu schätzen, aber er hatte ein einzelnes Bild nie länger als einige wenige Momente betrachtet. »Interessant, Mr. Cain – aber deswegen
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