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Sonnentaucher

Sonnentaucher

Titel: Sonnentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Filamente und Fahnen, aus denen die sichtbare Topographie der mittleren Chromosphäre bestand, waren trügerisch in Form und Beschaffenheit.
    Das nächste Filament füllte die vordere linke Ecke des Holotanks beinahe aus. Fedrige Strähnen aus dunklerem Gas schlangen sich um ein unsichtbares Magnetfeld, das sich über einen beinahe tausend Kilometer tiefer befindlichen Sonnenfleck wölbte.
    Hoch über der Stelle, wo der größte Teil der solaren Energieproduktion als Licht ins Weltall hinausströmte, konnte ein Beobachter Zehntausende von Meilen weit Einzelheiten erkennen. Dennoch bereitete es noch immer Mühe, sich an die Vorstellung zu gewöhnen, daß der Magnetbogen, den er jetzt sah, ungefähr so groß wie Norwegen war. Er war nur ein Filigran in einer Kette, die sich zweihunderttausend Kilometer weit über eine darunter gelegene Gruppe von Sonnenflecken erstreckte.
    Und diese war nur ein Fädchen, verglichen mit vielen anderen, die sie gesehen hatten.
    Eines dieser bogenförmigen Gebilde hatte von einem Ende bis zum anderen eine Viertelmillion Kilometer gemessen. Das Bild war vor mehreren Monaten über einer aktiven Region, die inzwischen längst verschwunden war, aufgezeichnet worden, und das Schiff, das es aufgezeichnet hatte, war in sicherem Abstand geblieben. Der Grund dafür war klar, als der Scheitelpunkt des gigantisch geflochtenen Zauberbogens im furchtbarsten aller solaren Ereignisse explodierte: in einer Sonnenfackel.
    Die Fackel war wunderschön und schrecklich – ein brodelnder, kochender Mahlstrom von gleißendem Licht, ein elektrischer Kurzschluß von unvorstellbarer Größe. Selbst ein Sonnenschiff hätte den jähen Ansturm der Hochenergieneutronen aus den von der Fackel vorangetriebenen Kernreaktionen nicht überstehen können. Hier waren Partikel, die gegen die elektromagnetischen Felder des Schiffes immun waren, und zu viele Neutronen, als daß man sie durch Zeitkompression hätte dämpfen können. Aus diesem Grunde betonte der Projektleiter von Sundiver, man könne Fackeln im allgemeinen vorhersehen und meiden.
    Jacob hätte diese Versicherung als beruhigender empfunden, wenn die Einschränkung ›im allgemeinem‹ nicht gewesen wäre.
    Ansonsten war die Besprechung eher routinemäßig verlaufen. Kepler hatte seinem Publikum einen kurzen Abriß der Solarphysik präsentiert. Das meiste davon hatte Jacob schon vorher bei seinen Studien an Bord der Bradbury gelernt, aber die Projektionen der Tauchfahrten in die Chromosphäre waren, wie er zugeben mußte, phantastische visuelle Hilfen. Wenn es ihm schwerfiel, die Größe dessen, was er da sah, zu begreifen, dann lag es nur an ihm selbst.
    Kepler hatte sich kurz über die Grundlagen der Dynamik im Innern der Sonne ausgelassen, im eigentlichen Stern also, den die Chromosphäre nur wie eine dünne Haut bedeckte.
    In ihrem Kern treibt das unvorstellbare Gewicht der Sonnenmasse die Nuklearreaktionen voran, die Hitze und Druck produzieren und verhindern, daß die riesige Plasmakugel unter ihrer eigenen Gravitation zusammenstürzt. Der Druck bläst den Sonnenkörper buchstäblich auf.
    Die Energie, die von den Feuern im Kern abgegeben wird, arbeitet sich langsam nach außen, manchmal als Licht, manchmal in einem konvektiven Austausch von heißem Material aus der Tiefe und kühleren Stoffen, die von oben zurückkehren. Durch Strahlung, dann durch Konvektion, dann wieder durch Strahlung, erreicht die Energie die kilometerdicke Schicht, die als Photosphäre bezeichnet wird – die ›Lichtsphäre‹, und hier endlich findet sie Freiheit, sie verläßt ihr solares Heim und strömt hinaus ins All.
    Aber die Sonne endet nicht mit der Photosphäre; mit der zunehmenden Höhe nimmt nur ihre Stoffdichte allmählich ab. Wenn man die Ionen und Elektronen mit einbezieht, die als Sonnenwind unaufhörlich in den Weltraum fließen – Ursache des Nordlichts auf der Erde und der Plasmaschweife der Kometen –, dann könnte man sagen, daß die Sonne eigentlich keine Grenze hat. In Wahrheit reicht sie weit hinaus und berührt die anderen Sterne.
    Der Halo der Corona schimmert bei einer Sonnenfinsternis um den Rand des Mondes. Die wehenden Ranken, die auf einer fotografischen Platte so zart erscheinen, bestehen aus Elektronen, die auf viele Millionen Grad erhitzt sind; aber sie sind diffus und fast so fein (und harmlos für Sonnenschiffe) wie der Sonnenwind.
    Zwischen der Photosphäre und der Corona liegt die Chromosphäre, die ›Farbsphäre‹. Hier nimmt unsere gute

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