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Sonnentaucher

Sonnentaucher

Titel: Sonnentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Metallschilder wie das an der Grenze die kommenden Veränderungen an. Aber eines davon, neben der Hochstraße, war mit schwarzer Sprühfarbe verunstaltet worden. Bevor es am Fenster vorbeihuschte, erkannte Jacob die unbeholfen gesprayten Wörter ›Okkupation‹ und ›Invasion‹.
    Das war ein Permanenter Proband, dachte er. Einem Bürger würde etwas so Verschrobenes nicht in den Sinn kommen, denn er hatte Hunderte von legalen Möglichkeiten, seine Meinung zum Ausdruck zu bringen. Und ein Zeitweiliger Probie, der etwa wegen eines Verbrechens unter Bewährung gestellt war, würde nicht riskieren, daß seine Bewährungszeit wegen einer solchen Geschichte verlängert würde.
    Zweifellos hatte irgendein armer Permanenter im Angesicht der Zwangsumsiedlung seinen Gefühlen auf diese Weise Luft gemacht, ohne sich um die Konsequenzen zu scheren. Jacob fühlte mit ihm. Wahrscheinlich war dieser PP jetzt inhaftiert.
    Obgleich er sich für Politik nicht sonderlich interessierte, entstammte Jacob doch einer politischen Familie. Zwei seiner Großeltern waren Helden des Umsturzes gewesen, in dem eine kleine Gruppe von Technokraten es geschafft hatte, die Bürokratie zu stürzen. Die politische Einstellung seiner Familie hinsichtlich der Bewährungsgesetze war nur als heftige Opposition zu bezeichnen.
    Jacob hatte seit einigen Jahren tunlichst vermieden, sich an die Vergangenheit zu erinnern, aber jetzt drängte sich ein Bild gewaltsam vor sein geistiges Auge.
    Die Sommerschule auf dem Anwesen des Alvarez-Clans in den Bergen oberhalb von Caracas... in demselben Haus, in dem dreißig Jahre zuvor Joseph Alvarez und seine Freunde ihre Pläne geschmiedet hatten... hielt Onkel Jeremey seinen Vortrag, und Jacobs adoptierte und blutsverwandte Vettern lauschten ihm, allesamt mit respektvoller Miene eine gärende Sommerlangeweile verbergend. Und Jacob rutschte in der hinteren Ecke hin und her und sehnte sich zurück in sein Zimmer und zu dem ›geheimen Gerät‹, das er mit seiner Stiefschwester Alice zusammengebastelt hatte.
    Jeremey, gewinnend und selbstbewußt, war damals gerade ein Mann mittleren Alters, und in der Versammlung der Konföderation begann man, auf seine Stimme zu hören. Bald würde er der Führer des Alvarez Clans sein und seinen älteren Bruder James verdrängt haben.
    Onkel Jeremey erzählte, wie die alte Bürokratie die Verordnung erlassen hatte, jedermann auf gewalttätige ›Neigungen‹ zu untersuchen. Alle, die bei dieser Untersuchung auffielen, seien zu ihrer Bewährung unter ständige Aufsicht zu stellen: Probanden.
    Jacob erinnerte sich wortwörtlich an das, was sein Onkel damals erzählt hatte, als Alice sich in die Bibliothek schlich. Ihr zwölf Jahre altes Gesicht hatte vor Aufregung gestrahlt. »...sie unternahmen große Anstrengungen, um die Bevölkerung davon zu überzeugen, daß diese Gesetze die Kriminalität reduzieren würden«, dozierte Jeremey mit leiser, grollender Stimme. »Und in der Praxis hatten sie diese Wirkung. Individuen mit einem Sender im Leib überlegen es sich häufig zweimal, ob sie ihren Nachbarn Unannehmlichkeiten machen wollen.
    Die Bürger schätzten die Bewährungsgesetze, damals wie heute. Es bereitete ihnen keinerlei Schwierigkeit, die Tatsache zu vergessen, daß durch sie das traditionelle, verfassungsmäßige Recht auf ein ordentliches Gerichtsverfahren allenthalben außer Kraft gesetzt wurde. Die meisten von ihnen lebten in Ländern, in denen es solche Nettigkeiten ohnehin nicht gab.
    Und als ein kleiner Haken in diesen Gesetzen es Joseph Alvarez und seinen Freunden ermöglichte, die Bürokraten selbst aus Amt und Würden zu jagen – nun, da liebten die jubelnden Bürger die Bewährungstests noch mehr. Es hätte den Führern des Umsturzes nichts genützt, wenn sie sich dieser Angelegenheit damals mit allzu großem Nachdruck gewidmet hätten. Sie hatten genug Probleme damit, die Konföderation zu errichten...«
    Jacob glaubte, er müsse gleich anfangen zu schreien. Da stand der alte Onkel Jeremey und brabbelte und brabbelte diesen uralten Quatsch, während Alice – die glückliche Alice, die heute an der Reihe war, den Zorn des Alten zu riskieren und am Weltraumempfänger des Hauses, den sie insgeheim angezapft hatten, zu lauschen –, ja, was hatte sie da nur gehört!
    Es mußte ein Raumschiff sein. Es wäre erst das dritte jener großen, langsamen Schiffe, das zurückkam! Dies war die einzige Erklärung für den Funkspruch vom Raumreservat und für die Aufregung im

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