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Sonnentaucher

Sonnentaucher

Titel: Sonnentaucher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Auf einem Planeten, wo die Magnethülle die kahle, ungeschützte Oberfläche geschlossen umgab, mußte jede Art von Elektronik abgeschirmt werden. Ein Schloß abzuschirmen war nicht sonderlich kostspielig, aber trotzdem hatte irgend jemand eine solche Ausgabe für Schlösser lächerlich gefunden. Wer sollte schon in das innere Fotolabor einbrechen wollen? Und wer würde wissen, wie man das anstellte?
    Jacob wußte es. Aber das schien ihm nichts zu nützen. Irgendwie bekam er nicht das richtige Gefühl. Das Werkzeug sprach ihn nicht an. Er spürte keine Kontinuität zwischen seinen Händen und dem Metall.
    Bei diesem Tempo konnte es die ganze Nacht dauern.
    Laß mich mal ran.
    Jacob knirschte mit den Zähnen und zog langsam den Haken aus dem Schloß. Er legte das Werkzeug auf den Boden. Hör auf zu personifizieren, dachte er. Du bist nichts als ein Bündel von asozialen Gewohnheiten, die ich für ein Weilchen hypnotisch unter Verschluß genommen habe. Wenn du nicht aufhörst, dich wie eine separate Persönlichkeit zu benehmen, dann bringst du uns – mich – bald in einen Zustand ausgewachsener Schizophrenie!
    Und wer personifiziert jetzt?
    Jacob grinste.
    Ich sollte gar nicht hier sein. Ich hätte die gesamten drei Jahre zu Hause verbringen und dort in Ruhe und Frieden meinen geistigen Hausputz beenden sollen. Die Verhaltensmuster, die ich unterdrücken wollte... und mußte – bei diesem Job hier brauche ich sie, und zwar vorbehaltlos!
    Ja, dann benutze sie doch!
    Dieses geistige Arrangement war nicht als unumstößlich starr geplant, denn eine solche Verdrängung hätte ihn erst recht in Schwierigkeiten gebracht. Die amoralischen, kaltblütigen, wilden Eigenschaften sickerten in einem steten Strom hervor, wenngleich er sie zumeist völlig unter Kontrolle hatte. Es war ja absichtlich so arrangiert, daß sie in einem Notfall zur Verfügung standen.
    Das Verdrängen, das Personifizieren, mit dem er seit einer Weile auf diesen Strom reagierte, hatte einen Teil seiner Probleme vielleicht überhaupt erst verursacht. Seine finstere Hälfte sollte schlafen, während er das Trauma von Tania abarbeitete – nicht beim Gelenk abgehackt werden wie eine Hand, die Ungemach bereitet.
    Dann laß es mich doch machen.
    Jacob nahm einen anderen Haken zur Hand und rollte ihn zwischen den Fingern hin und her. Der leichte, dünne Werkzeugstahl fühlte sich glatt und kühl an. Sei still! Du bist keine Person, sondern nur ein Talent, das leider mit einer Neurose verbunden ist... wie eine gutausgebildete Singstimme, die aber nur zum Einsatz kommen kann, wenn man sich nackt auf die Bühne stellt.
    Na fein. Dann benutze dieses Talent. Inzwischen könnte die Tür längst offen sein!
    Behutsam legte Jacob sein Werkzeug aus der Hand und rutschte nach vorn, bis er sich mit der Stirn an die Tür lehnen konnte. Soll ich? Und was ist, wenn ich auf dem Sonnenschiff doch ausgeflippt bin? Kann ja sein, daß meine Theorie gar nicht stimmt. Und dann war da noch dieser blaue Blitz in Baja. Kann ich riskieren, mich zu öffnen, wenn sich da drinnen etwas losgerissen hat? Matt vor lauter Unentschlossenheit, merkte er, wie die Trance sich her absenkte. Mit Mühe hielt er sie auf, doch dann resignierte er und ließ sich davon überwältigen. Bei sieben versperrte ihm eine Barriere aus Angst den Weg. Er kannte diese Barriere, sie war wie der Rand eines Abgrunds. Mit Bedacht wischte er sie beiseite und ließ sich weitersinken.
    Bei zwölf befahl er: Dies Soll Ein Befristeter Zustand Sein. Er fühlte Zustimmung.
    Innerhalb eines Augenblicks hatte er zurückgezählt. Er öffnete die Augen. Ein Kribbeln zog durch seinen Arm und drang in seine Finger – mißtrauisch wie ein Hund, der schnüffelnd zu einem Ort zurückkehrt, an dem er einmal daheim war.
    So weit, so gut, dachte Jacob. Unethischer fühle ich mich nicht. Ich bin immer noch ›ich‹. Meine Hände fühlen sich nicht an, als seien sie von einer fremden Macht beherrscht... allenfalls sind sie lebendiger.
    Die Einbruchswerkzeuge waren nicht kühl, als er sie in die Hand nahm. Sie fühlten sich warm an, wie Verlängerungen seiner eigenen Hände. Empfindsam glitt der Haken in das Schlüsselloch und liebkoste die Zuhaltungen, als er daran zog. Ein feines Klicken nach dem anderen vibrierte telegraphisch durch das Metall. Dann war die Tür offen.
    »Sie haben’s geschafft!« Donaldsons Überraschung verletzte ihn ein wenig.
    »Selbstverständlich« war alles, was er sagte. Es war beruhigend einfach, die

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