Sonnentaucher
beleidigende Erwiderung, die ihm auf der Zunge gelegen hatte, hinunterzuschlucken. So weit, so gut. Der Genius war anscheinend gutmütig. Jacob stieß die Tür auf und trat ein.
Aktenschränke säumten die linke Wand des schmalen Raums. Auf der gegenüberliegenden Seite stand ein niedriger Tisch mit einer Reihe von Fotoanalysegeräten. Am hinteren Ende führte eine offene Tür in die selten benutzte, unbeleuchtete Dunkelkammer.
Jacob nahm sich die Reihe der Aktenschränke von Anfang an vor. Er hockte sich nieder und las, was auf den Etiketten stand. Donaldson suchte den Arbeitstisch ab. Schon nach kurzer Zeit sagte der Chefingenieur: »Ich hab’ sie gefunden!« Er deutete auf einen offenen Kasten neben einem Sichtgerät auf dem Tisch.
Jede der Spulen lag in einer gepolsterten Mulde. Auf den Seiten stand das jeweilige Datum, der Zeitabschnitt, den die Spule enthielt, und ein Code für das Gerät, von dem die Aufnahme stammte. Mindestens ein Dutzend der Nischen war leer.
Jacob hielt mehrere Kassetten ans Licht. Dann wandte er sich an Donaldson. »Hier war schon jemand, und er hat alle Kassetten geklaut, die wir suchen.«
»Gestohlen...? Aber wie denn?«
Jacob zuckte die Achseln. »Vielleicht auf die gleiche Weise wie wir, durch Einbruch. Vielleicht hatte er auch einen Schlüssel. Fest steht nur, daß die letzte Spule von jedem der Aufnahmegeräte fehlt.«
Einen Moment lang standen sie schweigend in der Dunkelheit.
»Dann haben wir also nicht den geringsten Beweis«, stellte Donaldson fest.
»Es sei denn, wir können die verschwundenen Kassetten aufstöbern.«
»Soll das heißen, wir sollen auch in Bubbacubs Quartier einbrechen? Ich weiß nicht... Wenn Sie mich fragen – diese Daten sind inzwischen verbrannt worden. Weshalb sollte er sie behalten? Nein, ich schlage vor, wir schleichen uns hier raus und warten ab, bis Dr. Kepler oder Dr. daSilva selber merken, daß die Dinger verschwunden sind. Das ist zwar nicht viel, aber vielleicht betrachten sie es als einen kleinen Beweis dafür, daß unsere Geschichte stimmt.«
Jacob zögerte. Dann nickte er. »Zeigen Sie mir Ihre Hände«, sagte er.
Donaldson hielt ihm die Handflächen entgegen. Die dünne Schicht Flex-Plastik war intakt. Vor einer chemischen Identifizierung oder vor einer Entdeckung durch Fingerabdrücke waren sie also vermutlich sicher.
»Okay«, sagte Jacob. »Dann legen wir alles wieder an seinen Platz, so exakt es nur geht. Fassen Sie nichts an, was Sie nicht schon berührt haben. Dann gehen wir.«
Donaldson wandte sich gehorsam ab, doch in diesem Augenblick fiel im äußeren Fotolabor etwas mit lautem Krachen zu Boden. Der Lärm hallte gedämpft durch die Tür.
Jemand war in die Falle gelaufen, die Jacob bei der Eingangstür aufgebaut hatte. Jetzt war er im äußeren Labor. Ihr Fluchtweg war versperrt!
Die beiden Männer zogen sich hastig in die finstere Dunkelkammer zurück. Mit knapper Not verschwanden sie hinter der Ecke, als schon das Scharren eines Metallschlüssels im Schloß durch den schmalen Raum hallte.
Jacob hörte, wie die Tür sich langsam seufzend öffnete. Sein eigener schneller Atem dröhnte ihm in den Ohren. Er klopfte die Taschen seines Overalls ab. Die Hälfte seiner Einbruchswerkzeuge lag da draußen auf dem Aktenschrank.
Der Zahnarztspiegel war zum Glück nicht dabei. Er steckte in der Schachtel in seiner Brusttasche.
Die Schritte des Eindringlings klapperten dicht neben ihnen leise über den Boden. Jacob wog sorgsam das Risiko gegen den potentiellen Nutzen ab und zog dann langsam den Spiegel heraus. Er kniete nieder und schob den runden, glänzenden Griff über die Schwelle, so daß der Spiegel ein paar Zoll hoch über den Boden ragte.
Dr. Martine stand gebückt vor einem Aktenschrank und drehte suchend einen Metallschlüsselbund in den Händen. Einmal warf sie einen wachsamen Blick zur Außentür. Sie schien aufgeregt zu sein, obwohl es in dem winzigen Spiegel, der zwei Meter weit neben ihren Füßen über dem Boden wippte, schwer zu erkennen war.
Jacob merkte, daß Donaldson sich hinter und über ihm nach vorn beugte, um am Türrahmen vorbeizuspähen. Gereizt wollte er den Mann zurückwinken, aber da verlor Donaldson das Gleichgewicht. Seine linke Hand zuckte haltsuchend nach vorn und landete auf Jacobs Rücken.
»Uff!« Zischend entwich die Luft aus Jacobs Lunge, als der Cheftechniker mit seinem ganzen Gewicht auf ihm landete. Seine Zähne schlugen hart aufeinander, als er die ganze Wucht des Aufpralls mit
Weitere Kostenlose Bücher