Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
Vom Netzwerk:
Argument. Die Frau musste sechzig oder älter sein, und so alt war das Schiff nicht.
    Geneva ging vor, und Elise nahm begeistert auf. »Geneva McCann, Kanal 9«, stellte sie sich vor und zuckte unter dem Geruch zusammen. »Würden Sie so freundlich sein, uns zu erzählen, wann Sie an Bord gekommen sind?«
    Die einbeinige Frau sah sie alle forschend an, sie bewegte nur die Augen, nicht den Kopf. Seit sie erschienen waren, hatte sie keine Miene verzogen.
    »Wissen Sie, dass sich diese Station, dass sich Plenty fortbewegt?«, fragte Elise. »Wissen Sie …«
    »Nun komm, Elise«, schalt Geneva sie. »Doch nicht so herablassend. Zoom mal auf die Katze.«
    Elise hörte nicht auf sie. »Wissen Sie, dass wir nach Proxima Centauri fliegen?«, fragte sie weiter. Sie klang stramm, spröde, wie in Panik.

    Die sture Fremde stank schlimmer als ein kranker Altairer. »Welche Station?«, wollte sie wissen.
    Geneva zog die perfekten Augenbrauen hoch und klatschte ihre Hand an die Wand. »Diese Station! Plenty! Wie sagen Sie denn dazu?«
    Keine Antwort.
    In diesem Augenblick, wie um das Gesagte zu illustrieren, erfuhr das Schiff einen dieser winzigen periodisch wiederkehrenden Stöße. Wie wenn ein abwärtsfahrender Aufzug bremst. Die Gravitation nimmt für einen Augenblick zu, zupft am Magen, dann ist wieder alles beim Alten.
    »Da!«, riefen sie. »Was glauben Sie, was das war?«
    Die Fremde verzog das Gesicht zu einem komischen, schäbigen Grinsen. »Spinnen«, sagte sie.
     
    Die Kinder waren fasziniert von ihr. »Die sieht aus wie eine Hexe«, rief das Jüngste unbekümmert. Die Frau schien keinen Anstoß zu nehmen. Ziemlich energisch stapfte sie mit Bein und Krücke voran und führte sie durch einen engen, sich bergan windenden Spalt zu einem abgelegenen Hohlraum, in dem Dutzende ihrer Art an den Feuern saßen und ihre sehnigen Leiber wärmten. Sie verbrannten getrocknetes Pflanzenmaterial.
    »Wahnsinn«, keuchte Lloyd.
    Ihre Haut war fahl. Wangen und Genick waren rot gefleckt. Aus den zerlumpten, ärmellosen Trikots sprossen drahtige Härchen: Scherpilzflechte. Sie blickten ohne Neugier auf die Fremdlinge, während sie eine braune Flüssigkeit tranken, die sie mit angeschlagenen Emailbechern aus einem Metallbehälter schöpften.
    Da stand ein ramponierter, verrußter Frachtcontainer, der nur aus den Docks stammen konnte. Irgendwer musste ihn irgendwie heraufgeschafft haben. Sie schienen darin zu wohnen.
Elise filmte, was das Zeug hielt, verweilte nostalgisch auf einem zerfledderten Buch, einer wohlgehüteten Reisetasche, derweil Geneva die Sologatos befragte: »Welchen Eindruck macht diese verschollene Sippe auf Sie?«
    Professor Xavier zeigte unterdessen herum, was er zu diesem Zweck an Bildmaterial dabeihatte: »Wir suchen nach dieser Frau«, erklärte er den Leuten. »Oder solchen silbernen Markierungen an den Wänden.«
    Ein Mann, der kaum hingesehen hatte, umklammerte seinen Becher besonders fest und sagte: »Nee, noch nie gesehen.« Sie schienen nicht zu wissen, was Frasqui oder Capellaner waren, sie schienen auch nichts von anderen Bewohnern dieses exotischen Habitats zu wissen. Sie waren sich, wie Elise geahnt hatte, überhaupt nicht der Tatsache bewusst, mehrere Milliarden Kilometer von der Erde entfernt zu sein, und fanden das wohl auch nicht wichtig.
    Der Professor bekam Daumen-oben von den Technikern: »Sehr gut, wir haben Filmmaterial, das wir Ihnen zeigen wollen«, verkündete er seinem neuen Publikum. »Wenn Sie sich bitte hierher bemühen.«
    »Wir haben die Kleine noch nie gesehen«, sagte ein alter Mann mit der Statur eines Schauermanns und einem riesigen Bart, der von Leben wimmelte. »Und euch auch nicht.«
    Monsignore Archibaldo hörte die Aufforderung in seinen Worten und folgte ihr mit Feuereifer. »Ich und meine Brüder sind Kreuzfahrer im Namen des Allmächtigen Gottes«, sagte er. »Der Herr hat uns mit der heiligen Mission betraut, diese arme, heimgesuchte Frau ausfindig zu machen und ihre gequälte Seele zu befreien.«
    »Ist das wahr?«, sagte der große Mann mit dem weichen Grollen eines Trucks, der in einem fernen Tunnel beschleunigt.
»Nun, der Zufall will es, dass der Allmächtige auch mich mit einer heiligen Mission betraut hat.« Er presste die Lippen zusammen und nickte gewichtig. »Nämlich hier auf meinem Hintern zu sitzen und aufzupassen, dass mir die Ratten nicht an die Eier gehen.«
    Der Exorzist schreckte zurück, bekam rote Ohren, derweil seine bewaffneten Kameraden sich um

Weitere Kostenlose Bücher