Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
Vom Netzwerk:
exaltierte Herzogin. Draußen rasten ein paar Hunde aus Little Foxbourne durch die Kaverne zum Tor hinaus. Sie hatten dort etwas zum Fressen gefunden. Etwas, das in Decken gewickelt war.

22
    Sarah Zodiak und ihre Schwester saßen in J.M. Souviens und spielten ein Silbenspiel. »Bissigkeit.«
    »Liebevoll.«
    »Weglaufen.«
    »Zuc-chi-ni «, sagte Susanna behutsam.

    »Blähungen«, sagte Sarah, und beide hielten sich den Bauch vor Lachen. Die Kadenzen ihres Gelächters schlugen sich in einer pinkrot bewaldeten Uferlinie nieder, die unbeobachtet über ein kleines Display der Konsole lief.
    »Du kannst wenigstens welche haben«, lachte Susanna.
    Sarah aß Erdnüsse.
    »Erdnüsse«, sagte Susanna schmachtend.
    Sarah zog die Füße auf den Sitz und lehnte sich zwischen ihren Knien nach vorn. Sie zielte mit einer Erdnuss. Ihre imaginäre Schwester sperrte den Mund weit auf, und die Nuss flog präzise hinein, trat aber am Genick wieder aus und prallte auf den Rand des Podests. Unterwegs zu den Kakerlaken.
    »Biest«, sagte Susanna, erhob sich und machte einen Satz, als wolle sie direkt in Sarahs Schoß landen. In ihrer Kindheit, im Garten der Cherubim, hatten sie sich wie Kätzchen gebalgt. Sarah vermisste das alles. Sie vermisste es mit ihrem ganzen Körper. Susanna sprang zwar, blieb aber da, wo sie war, auf dem Holodeck.
    Das Fon klingelte.
    Wie zwei Spiegel sahen sich die Frauen an. Das Fon war tot. Es hatte seit Monaten nicht mehr geklingelt. Es hatte nicht mehr geklingelt, seit der Pavillon endlich kapiert hatte, dass er von seiner Muttergesellschaft abgenabelt und sozusagen auf sich allein gestellt war.
    Es klingelte wieder.
    »Willst du nicht rangehen?«, fragte Susanna.
    Sarah stand auf und tastete die Annahme.
    »Hallo?«
    »Hallo, Sarah.«
    Der Stimme nach war es ein Mann. Er hörte sich an, als würde er täglich um diese Zeit anrufen.

    »Wer ist da?«, fragte sie.
    »Hallo, Susanna.«
    Susanna schien sich zu freuen. »Hallo«, rief sie. »Hallo, wer immer Sie sind!« - »Bist du glücklich?«
    »Xtaska? Bist du das?«, fragte Sarah, obgleich sie wusste, wie Xtaska sich anhörte. Sie starrte nach draußen, überlegte fieberhaft, ob das vielleicht die lang versprochene Zweite Integration war, sah schon alle Lichter in den toten Casinos wieder aufflammen, während Frauke Thorwald mit ihrer Nachrichten-Crew erschien …
    »Hättest du nicht Lust, zum Kaffee zu kommen, Sarah? Ich habe frische Bananen und Eiscreme und Honig und Gin! Ich würde mich freuen, wenn du mitkämst, Susanna; aber ich weiß auch, dass das nicht geht.«
    »Wo sind Sie?«, fragte Sarah. »Wer sind Sie?«
    Das Fax spie einen handlichen Lageplan aus.
    »Ich bin da, wenn du kommst«, sagte die Stimme.
    Sarah stand da, den Plan in der Hand, und blickte Susanna an.
    Susanna lachte. »Ach, nun geh schon«, sagte sie.
    »Ich weiß nicht.«
    »Er hört sich nett an.«
    Sarah besah sich den Plan. Er beschrieb den Weg zu einem Hohlraum achteraus im Zwischenhirn, in der Dockregion. Sie rief den Thalamus auf und bat um eine aktive Kamera in dieser Region.
    Der Anblick war nicht einladend. Ein breites, geteertes Vorfeld war übersät mit abgestürzten Deltadrachen, die an abgedeckte Schirme erinnerten. Ein Sicherheitsroboter lag da, wo er bei dem Versuch, eine Art Versorgungstreck zu schützen, zerstört worden war. Alles, was man plündern konnte, war geplündert worden.

    Ein merkwürdiger Ort für einen Kaffeeklatsch. »Er ist bestimmt gefährlich«, sagte Sarah.
    »Ich glaube, der war echt«, meinte ihre Schwester. »Wann hast du zuletzt mit jemand Echtem geplaudert?«
    »Ich glaube nicht, dass er echt ist«, sagte Sarah und ließ den Plan aus der Hand gleiten.
     
    Auf den bewohnten Decks konnte es ziemlich kalt sein. Die Leute eilten mit Maske und Helm durch die Schlechtluftzonen, derweil die braun anlaufenden Kapillaren über ihren Köpfen träge Tropfen von reinem Fluor absonderten. Die Lebensmittel- und Luftbarone zogen die Daumenschrauben an und hielten nur inne, um händeringend die Zeitfluktuationen verantwortlich zu machen. Vor den Sundae Joints und Chili-Chalets lungerten Bettler und versuchten so viel zu ergattern, dass sie ins Lokal durften. Wer sich dem Scanner näherte, wurde digital gefilzt, und wer sich nicht einmal einen Milchshake oder einen Hotdog leisten konnte, wurde abgewiesen.
    Kyndal Carson und Mick Parker saßen in einem Chili-Chalet auf der 6. Präzentralen Etage. Sie trugen Kapuzenpullover und körperenge Hosen mit

Weitere Kostenlose Bücher