Sonnenwanderer
Rykow. Eine junge Frau im schwarzen Hemd salutierte und übernahm wortlos den Chip.
Der Blick des Leutnants ruhte unverwandt auf Lloyd. »Wir finden jemanden, der sich die Aufnahmen ansieht«, versprach er. Mit einer winzigen Kopfbewegung deutete er auf die parallelen Gänge aus Kommunikationsgeräten, Raster-Scannern und durchscheinendem Kabelsalat. »Sie arbeiten hier?«
»Verstehen Sie nicht?«, sagte Lloyd. Er zeigte dem Chip hinterher, den die junge Frau wegbrachte. »Das ist heißes Material!«
Rotmützen versperrten ihm den Weg. »Wenn Obristin Stark das Sagen hat, werden wir uns um alle Lebensmittelvorräte kümmern«, sagte Leutnant Rykow.
»Die Leute müssen es erfahren!«
Der Leutnant wandte sich an Jaz, die die öffentlichen Kanäle kontrollierte. »Jaz, sieh doch mal nach, was du über Big Chap hast.« Er setzte sich halb auf das Geländer.
Ein Dutzend Bildschirme wartete in unregelmäßiger Reihenfolge
mit Bildern über Big Chap auf: Regale gefüllt mit großen, pinkrosa Fleischstücken; Straßen, die sich hinter Trucks abspulten und in der Finsternis verloren; Gestalten mit Schutzbrillen, die blutige Schaufeln schulterten. Ein asynchroner Chor von Elisen lieferte grimmige Kommentare. Schon bald wurde deutlich, dass alle Szenen aus demselben Film stammten, der zeitversetzt in verschiedenen Bezirken lief.
»Die Sache ist bereits publik, Lloyd. Die Leute sind wütend. Natürlich.« Der Leutnant zeigte Lloyd die Vorposten; die zu Feuerstellungen umgebauten Lokale; Filmmaterial über den Feuerteufel, der im Türvorhang des Chili-Chalets in der Scheitelregion P29 explodiert war.
Lloyd verstand die Welt nicht mehr, machte wieder Anstalten aufzustehen. Die Rotmützen rieten ihm ab.
»Wir müssen etwas unternehmen!«
Leutnant Rykows Lächeln verriet stillen Stolz. »Lloyd, Sie sind goldrichtig hier. Wenn die Zeit reif ist, werden wir handeln, verlassen Sie sich darauf.« Seine Leute grinsten, nicht so ihre Waffen.
»Es ist alles unter Kontrolle«, sagte der Leutnant.
Larry sah hilflos zu, wie Lloyd immer wieder den Kopf schüttelte. Lloyd verstand nur Bahnhof. Rykow streichelte Lloyds Schulter und sagte: »Warum gehen Sie nicht duschen und machen ein Nickerchen? Und wenn Sie so weit sind, kommen Sie zurück und gesellen sich zu Ihren Freunden.«
Die beiden Rotmützen zogen ihn aus dem Sessel. Lloyd sah sich verstört nach den restlichen Mitgliedern der Xtaki Kru um, die durch Schusswaffen und Ultraschallpeitschen gezwungen wurden, an ihrem Arbeitsplatz zu bleiben. Als sie ihn wegbrachten, rief er noch über die Schulter: »Leutnant! Leutnant! Überlegen Sie lieber mal, was Sie machen, wenn das Ding aufwacht!«
»Wir müssen etwas unternehmen!« »Wir müssen etwas unternehmen!« Während man ihn ansah, würde er zwei Sekunden haben, überlegte Larry, und zwei mussten einfach reichen. Er rief die Kom-Kanäle auf. Angst packte ihn, wollte ihn hindern, klebte ihm die Finger an die Tasten, sie bewegten sich wie in Zeitlupe, als seien sie Opfer eines Zeitfehlers. Er tastete Generalalarm und öffnete ein Mikro. »Libelle kommen! Libelle kommen! Der Thalamus wurde besetzt! Das ist eine Nachricht für Tombo. Warum meldet sich keiner? Mist. Libelle kommen …«
»Fähnrich«, bellte der Leutnant.
Eine Pistole klickte. Larry fiel über die Tastatur. Eine kleine Rauchfahne stieg von seinem Kopf auf, genau unterhalb der Stelle, wo das Hinterhauptbein ein wenig vorspringt.
Leutnant Rykow schwieg einen Augenblick, damit seine Demonstration ihre Wirkung entfalten konnte. Dann fragte er: »Nun, hat noch jemand eine grandiose Idee?«
Tiltsnirip Tilpnotuel traf man oft im Apartment seines Bruders Noptot’toplin an. Sie genossen lange gemeinsame Kuren im Proteinbad. »Volle Blasen, Tiltsnirip«, sagte Noptot’toplin.
»Volle … Blasen … Noptot!«
Gemeinsam tauchten sie unter, bis nur noch Augen und Lendennüstern über der grünen Oberfläche lagen.
Auf Vespa, vor der Großen Bergung, war Noptot’toplin lokaler Tierbeauftragter gewesen. Er und sein Bruder hatten die Gerechtigkeitsbanken geleitet und Racheanerkennungen empfangen und ausgezahlt. Sie hatten manch schöne Stunde damit verbracht, Erinnerungen über diesen oder jenen Angriff auszutauschen und die Schlachten ihrer Großväter und Urgroßväter und Ururgroßväter wiederzukäuen. Dann pflegte Tiltsnirip von seiner geliebten Frau, der verstorbenen Irskoraituen, zu erzählen,
wobei die Brüder regelmäßig scharfe Essigsäuretränen
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