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Sonnenwanderer

Titel: Sonnenwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Greenland
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Weihnachten feiert.« Sie wirkte schlapp und war bleich um die Nase. Topaz machte sich Sorgen. Der Frittiergeruch hing in der Kabine, und die Klimaanlage funktionierte nicht.
    »Wir hätten ihm was anbieten sollen«, sagte sie lustlos. Altairern etwas zu schenken war nicht immer ratsam. Manchmal wurde man sie danach nicht mehr los. Oib zum Beispiel. Wann immer Zoe sich umdrehte, war da Oib mit ihren Tragetaschen.
     
    Schließlich öffnete sich ein Tunnel in einen Cañon, der so tief war wie die Längsfurche. Sie konnten weit hineinblicken. Er war braun und porös wie ein exhumierter Knochen, mit schlammschwarzen und rotzgelben Flecken. Dort regte sich nichts, aber die Scanner sagten etwas anderes.
    »Das muss die Rinne sein«, sagte Topaz.

    Sie waren noch keine hundert Meter in den Cañon gefahren, als sie jemanden sahen. Eine Frau, ganz jung und sehr dünn. Trotz der Kälte trug sie nichts als einen kurzen, zerlumpten Rock. Sie starrte sie ausdruckslos an, derweil sie zu lächeln versuchten. Von ihrer Brust rann ein klebriger Ausfluss, wie überschüssige Muttermilch.
    »Gott sei Dank!«, sagte Topaz und hielt an.
    »Also dann«, sagte Zoe und öffnete die Fenster. »Eins, zwei, drei.«
    Und Lady Topaz und Zoe Primrose sangen:
    »We wish you a Merry Christmas,
We wish you a Merry Christmas,
We wish you a Merry Christmas …«
    Die Schlangenhals-Frau stieß einen langen, gellenden Schrei aus. Die Schatten gerieten in Bewegung. Leute erschienen aus dem Nichts, kamen aus den Wänden, menschliche Leute, haarig, ausgemergelt. Sie stierten sie an.
    Rasch schloss Topaz die Fenster. Die Frau zeterte in einer unverständlichen Sprache und bewarf die Windschutzscheibe mit Dreckklumpen. Der Lieferwagen schaukelte, als sich jemand auf die Ladefläche schwang. Und schon waren sie umzingelt, wurden bedrängt.
    »Nein, nein! Das ist für euch! Das ist alles für euch!«, riefen die beiden Frauen fieberhaft und zeigten auf die bestickten Hemden und die Schachteln mit Lakritzbonbons und Lakritzschnecken. Aber nichts anderes hatten die Krähen angenommen.
     
    In den Sekunden, da sie alles, was nicht niet- und nagelfest war, an sich rissen, waren Topaz und Zoe eng zusammengerückt.
Sie saßen mit geballten Fäusten da und lächelten grimmig nach draußen, derweil die schmutzigen Geschöpfe um den Wagen schwärmten, johlten und auf die Karosserie droschen.
    »Sie können sich doch nicht derart zurückentwickelt haben«, sagte Topaz. »Zoe, wir haben unsere Zeit verlassen. Wir sind bestimmt durch ein Zeitloch gefallen. Weißt du eine andere Erklärung?«
    »Fahr los!«, schrie Zoe viel zu spät.
     
    Zwei Rotmützen brachten einen schmutzigen jungen Mann in den Thalamus, die pinkrote Reißverschlussjacke und die khakifarbene Hose hingen in Fetzen. Er hatte Schrammen im Gesicht, und sein Haar war zugestaubt. Als sie ihn Leutnant Rykow vorführten, sackte er zwischen ihnen zusammen.
    »Lloyd«, hörte man seine Kameraden murmeln.
    »Wo ist Xtaska?«, wollten sie wissen. »Wo ist Käpt’n Gillespie?«
    Lloyds Blick irrte durch das umgestaltete Kommunikationszentrum. Er starrte die ernsten jungen Rotmützen an mit ihren klaren, durchgestylten Insignien und ihrem Sortiment an Schusswaffen. »Was ist los hier?«, fragte er.
    »Wer ist das?«, fragte der Leutnant.
    »Behauptet, er sei bei der verschollenen Expedition gewesen«, sagte die eine Rotmütze. »Gehört aber wohl hierher.« Sie zog an einem Schlitz in Lloyds Ärmel und zeigte Leutnant Rykow das Xtaki-Kru-Tattoo.
     
    »Anno?«, sagte Lloyd und schielte verwirrt zu seinen Freunden hinüber. »Larry?«
    »Sie heißen Lloyd?«, fragte Leutnant Rykow. »Sprechen Sie mit mir, Lloyd, nicht mit den anderen.«

    Die Rotmützen brachten einen Konsolensessel und setzten ihn hinein. »Hände auf den Knien«, sagte jemand.
    Die Umstände waren unwichtig. »Sie müssen allen davon erzählen«, sagte Lloyd. »Allen, hören Sie?«
     
    Der Rotmützen-Leutnant stand mit verschränkten Armen über Lloyd. Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert, als er hörte, dass das gesamte Fleisch, das Chili-Chalet servierte oder verkaufte, praktisch alles Fleisch, das an Bord gegessen wurde, einer gigantischen, lebendigen Kreatur entnommen wurde, die in einer tiefen, ventralen Kaverne schlief.
    Lloyd hielt den Speicherchip hoch. »Sehen Sie sich das an«, sagte er. »Das ist Geneva McCann«, sagte er in die Runde. »Geneva McCann, Kanal 9. Ich soll es zum Sender bringen.«
    »Fähnrich«, sagte Leutnant

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